Zur Lage der Natur:

Offener Brief an Premierminister Jean-Claude Juncker (Mai 2008)

Sehr geehrter Herr Premierminister, mit grosser Freude aber auch Erstaunen konnten wir feststellen, dass Sie Ihre Rede zur Lage der Nation dieses Jahr am internationalen Tag der Biodiversität halten werden. Da wir nicht an einen Zufall glauben wollen, möchten wir Sie zu diesem mutigen Schritt bereits im Voraus beglückwünschen. In der Tat schienen uns Ihre bisherigen Reden zur Lage der Nation doch immer etwas stärker auf die erste und zweite Säule der Nachhaltigkeit, nämlich Wirtschaft und Soziales ausgerichtet, während die Umweltsäule bisher eher stiefmütterlich behandelt wurde und der Biodiversitätsverlust in Luxemburg überhaupt noch nicht von Ihnen thematisiert worden ist. Dabei beschränkt sich die globale Biodiversitätskrise keineswegs auf die arktischen Regionen und die Urwälder Südamerikas oder Südostasiens, sondern ist genauso in der Europäischen Union und in Luxemburg zu spüren. Heute finden wir auf unseren Roten Listen auch Arten die wir alle kennen, wie etwa die Feldlerche, das Rebhuhn oder der Feldhase.
Doch gerade die Europäische Politik zeigt uns, dass es nie zu spät ist, um umweltpolitische Themen in globale Strategien aufzunehmen. Als Sie die Lissabon-Strategie im Jahr 2000 zur besseren Verknüpfung von wirtschafts-, beschäftigungs- und sozialpolitischen Fragen mit starteten, wurde diese erst ein Jahr später in Göteborg um die Umweltdimension erweitert. Seither trägt die Strategie den Titel „Lissabonner Strategie zur ökonomischen, sozialen und ökologischen Erneuerung der EU“.
Bisher vermissen wir hier in Luxemburg eine globale Umweltstrategie, welche in allen Ministerien Anwendung findet und von Ihnen als Premierminister durchgesetzt werden sollte. Wohl gibt es eine Reihe neuer Instrumente um in Sachen Biodiversität in Luxemburg endlich den Trend umzukehren. Fast alle beruhen übrigens auf Europäischen Richtlinien, wie z.B. die besondere Schutzstellung unserer Natura 2000 Gebiete, oder die zurzeit diskutierte Wasserrahmenrichtlinie.
„Countdown 2010“ ist eine internationale Initiative der Weltnaturschutzunion (IUCN), die den Biodiversitätsverlust bis 2010 stoppen und den Trend umkehren will. Auch die Luxemburger Regierung ist dieser Initiative beigetreten. Handlungsbedarf sieht „Countdown 2010“ hauptsächlich im Schutz wertvoller Lebensräume, in der nachhaltigen Umgestaltung unserer Landwirtschaft mit weniger Einsatz von Pestiziden und Kunstdünger sowie der besonderen Förderung des biologischen Landbaus, und indem die Zersiedlung unserer Landschaft endlich Einhalt geboten wird : alles Topthemen in Luxemburg (siehe www.countdown2010.net). Leider wurde einzig und allein das Umweltministerium damit beauftragt diesen Plan in Luxemburg umzusetzen, und zwar im Rahmen des nationalen Naturschutzplanes. Dieser ambitiöse Plan verdient unsere vollste Unterstützung, kann aber nicht allein vom Umweltminister umgesetzt werden, wenn die Landwirtschafts-, Landesplanungs-, Wasserschutz- oder Energiepolitik nur bedingt dieselben Ziele verfolgen. Höchste Zeit also, dass Sie als Regierungschef klare Worte sprechen um endlich auch in Luxemburg eine Umwelt- und Naturschutzpolitik aus einem Guss zu bekommen. Wir freuen uns auf Ihre Rede.

Tom Conzemius                                                               Frantz Charles Muller

Präsident Lëtzebuerger Natur- a Vulleschutzliga asbl            Präsident Natura asbl


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