REGULUS Wiss.Ber. (ISSN 1727-088X) Nr 16 Februar 1997, S. 1-12

DAS HASELHUHN BONASA BONASIA IM ÖSLING

Robert Schmidt & Jean-Claude Heidt

ZUSAMMENFASSUNG: Eine Bestandsaufnahme des Haselhuhns im Ösling (Luxemburger Ardennen) in den Jahren 1990 - 1994 ergab eine Bestandsdichte von 1,2 - 1,4 Paaren/km2. Die Methodik, insbesondere die Spurensuche, wird dargelegt. Ein langfristiges Überleben dieser Population ist nur durch den Erhalt von großen Wäldern mit gut entwickeltem Unterholz zu erreichen (auf einer Fläche von mindestens 25.000 ha). Weitere Untersuchungen im Gutland Luxemburgs sind notwendig, um eventuell unbekannte Vorkommen zu entdecken und zu schützen.

RÉSUMÉ: La gélinotte des bois Bonasa bonasia dans l'Ösling
 L'inventaire de la population de la gélinotte des bois dans l'Ösling (ardennes luxembourgeoises) de 1990 à 1994 a révélé une densité de 1,2 à 1,4 couples au km?. La méthode de recensement est expliquée.La survie de cette population nécessite la sauvegarde de grandes forêts à sous-bois bien développé (surface minimale de 25.000 ha). Des recherches systématiques de l‘espèce dans le Gutland s'avèrent nécessaire pour découvrir et protéger d'éventuelles populations inconnues.

SUMMARY: The Hazel Grouse Bonasa bonasia in the Ösling
 An inventory (1990 to 1994) of the hazel grouse in the northern part of Luxembourg (Ardennes) revealed a population density of 1,2 to 1,4 pairs/ km?. The method is explained. This population will only survive if large forests with good developped undergrowth are maintained (at least an area of 25.000 ha). A survey of the Gutland (southern part of Luxembourg) is needed to find and protect unknown populations.

1. EINLEITUNG

Der vorliegende Beitrag verdankt seine Entstehung dem Seminar “Die Lohhecken des Öslings und das Haselhuhn”, welches am 21. und 22. Juni 1990 im Schloss von Clervaux stattfand. Die Organisatoren dieser Veranstaltung waren Stiftung “Hëllef fir d'Natur”, “Lëtzebuerger Natur- a Vulleschutzliga”, Musée National d'Histoire Naturelle und Association des Universitaires au Service de l'Administration des Eaux et Forêts.
 Wir haben die Aufgabe einer Haselhuhnerfassung im Ösling gerne übernommen. Dabei konnten wir auf vorliegende Nachweise von W. Kemkes, M. Lieser und eigene Nachweise auf dem östlichen und westlichen Our-Ufer zurückgreifen.
Ohne die Unterstützung zahlreicher Damen und Herren wäre es nicht möglich gewesen diese Untersuchungen in einer relativ kurzen Zeit zu erstellen. Der besondere Dank gilt daher: G. BECHET, M. & U. BRAUN, F. ERASMY, P. KREMER, M. MOES, JM. SCHMITZ, JP. SCHMITZ, S. SCHMIDT-FASEL, H. STURM sowie den Damen des Büros der LNVL. R. Schmidt ist besonders seiner Frau zu grossem Dank verpflichtet, die ihn bei den meisten Begehungen bei guten wie auch schlechtem Wetter mit viel Sach- und Fachverstand begleitet und unterstützt hat. Den Herren F. THILL und A. JOHNSTON danken wir für die Bekanntgabe ihrer Haselhuhnnachweise.

2. MATERIEL UND METHODE

Zu den spärlichen Informationen über Haselhuhnvorkommen in Grossherzogtum Luxemburg (Atlas der Brutvögel, Artenschutzprojekt Haselhuhn in Rheinland-Pfalz) kamen zu Beginn unserer Untersuchungen weitere Nachweise durch F. Thill, A. Johnston u.a. hinzu. Die nicht vorhandene Biotopkartierung erschwerte die Erbringung von Nachweisen sehr. Die bekannten Nachweise wurden aktualisiert und aus der Kenntnis aus Untersuchungen (z.B. in Hessen und Rheinland-Pfalz), dass isoliert lebende Kleinstvorkommen sehr schnell erlöschen, wurde im Bereich der aktuellen Nachweise nach Anschlusslebensräumen gesucht. Dabei mussten mehrfach gleiche Bereiche begangen werden.
 Wie schwer es ist Haselhühner zu beobachten beschreibt W. Scherzinger (1976) folgendermassen: “Das Haselhuhn versteht es nicht nur unhörbar über dürres Buchenlaub zu laufen, sondern sich auch dank seines fleckig rindenfarbenen Gefieders unsichtbar zu machen. Es achtet dauernd aufmerksam auf Geräusche, um nicht von Bodenfeinden überrascht zu werden, und unterbricht jede Handlung in kurzen Abständen zur sichernden Ausschau nach Luftfeinden. Seine vorsichtige Lebensweise macht es nicht nur dem Jäger oder dem Beobachter schwer, sondern ist wohl auch die Ursache, dass viele Revierinhaber keine Ahnung von der Existenz dieses Huhnes in ihrem Bezirk haben.”
 Zur Ermittlung der Haselhuhnvorkommen wurden direkte und indirekte Nachweise genutzt, wobei wegen der Scheu des Vogels die Zahl der indirekten Nachweise (Losung, Federnfunde in Huderpfannen und Trittsiegel), die der direkten (akustiche Wahrnehmung und Sichtbeobachtung) weit überwiegt.

2.1. Nachweismethoden
a. direkte - Sichtbeobachtung
 - akustische Wahrnehmung (Lockpfeife)
b. indirekte - Schlafbaumkartierung (November bis März)
 - Huderpfannen (Sommermonate)
 - Losung (Walzen-, Blinddarm- und Brutlosung)
 - Trittsiegel in Schlamm und Schnee
 - Schneehöhlen (ab 40 cm Schnee)
 - Rupfungen
- zufällige Funde von Gelegen und Eierschalen
 (keine gezielten Nachforschungen während der Brutzeit)

3. DIE GROßLEBENSRÄUME DES HASELHUHNES IM UNTERSUCHUNGSGEBIET

Da keine Biotopkartierung für das Untersuchungsgebiet Ösling vorlag, wird auf die Hauberge im Rheinischen Schiefergebirge (Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen) zurückgegriffen, wo folgende Lebensräume besiedelt werden:
 1. Eichen-Hainbuchenhauberg
 2. Eichen-Birkenhauberg
 3. Haselhauberg
 4.Traubeneichenwälder auf sonnenexponierten devonischen Tonschiefer-Hängen Traubeneichen- Hainbuchenwälder an feuchten Stellen.
 5. Verwilderungsgebüsch an Tagebauen (Erz-, Basalt-, Ton- und Kaolinabbau)
 6. Sukzessionsflächen im Bereich ehemaliger Erzgruben bzw. deren Röstanlagen
 7. Katastrophenflächen (Schnee- oder Windbruch) im Bereich von Altholzbeständen
 8. stufig aufgebaute Mischwaldbestände
 Diese Lebensräume kommen grösstenteils auch im Untersuchungsgebiet vor (siehe 4.3.), obwohl im Ösling nur devonische Verwitterungsböden vorherrschen. Verwilderungsgebüsch und Sukzessionsflächen trifft man daher nur kleinflächig auf ehemaligen Schiefer-Abbaugebieten an.
Zum Lebensraum des Haselhuhnes gelten nach unserer Meinung für die Lohhecken des Öslings die gleichen Kriterien wie für die Hauberge im Westerwald:
 - jung (etwa 0-7 Jahre nach dem Hieb): wird noch nicht vom Haselhuhn besiedelt.
 - mittel (etwa 7-18 Jahre nach dem Hieb): stellt für das Haselhuhn den Optimalbiotop (bezogen auf Niederwälder) dar.
 - schlagreif (etwa 18-25 Jahre nach dem Hieb): entspricht nur noch eingeschränkt den Ansprüchen des Haselhuhns, da Äsung und Deckung wegen des Aufwachsens zurück gehen.
 - überschlagreif (25 Jahre und länger nach dem Hieb): die Flächen sind in der Regel bereits durchforstet bzw. in Überführung und werden nur noch selten vom Haselhuhn besiedelt.
 Um das Haselhuhn langfristig zu erhalten sind grosse, zusammenhängende, strukturreiche und ruhige Waldgebiete erforderlich. Eine überlebensfähige Population braucht nach heutigem Kenntnisstand eine Lebensraumgrösse von mindestens 25 000 ha. Um die Haselhuhn-Population in der Ardennen-Eifel-Gegend zu erhalten, haben Naturschutzvereinigungen aus Deutschland, Belgien und Luxemburg im Jahre 1990 ein grenzüberschreitendes Haselhuhn-Schutzprogramm erstellt

3.1. Arten- Arealbeziehung
Die Beobachtung der Bestands-Entwicklung im Rheinischen Schiefergebirge brachte uns schnell die Erkenntnis, dass isolierte Kleinstvorkommen in der Regel erloschen, wenn die Haselhuhnlebensräume isolierenden Altersklassenbestände (in der Regel Fichte) älter als etwa 40 Jahre wurden. Mangelnder Gen-Austausch und intraspezifische Konkurrenz sind möglicherweise die Ursache.
Wir konnten in dem Beobachtungszeitraum von etwa 2 Jahrzehnten einen Artverlust von mehr als 70% auf einer Untersuchungsfläche von 2500 ha in Hessen feststellen. Dies, obwohl die Umtriebszeit in den Haubergen wie schon immer üblich, bei etwa 20 Jahren liegt und somit ein optimales Grenzlinienquantum gewährleistet ist.
 In diesem Zusammenhang wird auf die Untersuchungen von Reichholf der Arten- Arealbeziehung verwiesen. Nach Reichholf (1987) ist der Artenverlust bei Verminderung der Biotopflächengrösse um so rapider, je stärker isoliert die Fläche von Lebensräumen ähnlicher oder gleicher Art ist. Je nach Art des Lebensraumes, ob Wald, Hochmoor oder Gewässer, gibt es also in einem Bereich zwischen 80 ha und 10 km2 eine kritische Grössengrenze, bei der ein starker Artverlust auch dann eintritt, wenn die Fläche wirkungsvoll geschützt ist (Zitatende).
 Diese Aussagen wurden nach Untersuchungen mit Wasservögeln, einer gut flugfähigen Vogelgruppe, gemacht. Für diese Vögel gilt ein Aktionsradius bis zu 100 km. Wesentlich kritischer müssen Verinselungseffekte bei einer Art wie dem Haselhuhn bewertet werden, wo die Einnischung auf Grund der spezifischen Anpassung relativ eng, die Biotopansprüche starr sind und der Aktionsradius nur wenige km beträgt (Scherzinger, 1976).

3.2. Reviergrösse
Bei der Ermittlung der Reviergrössen im Dreiländereck Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz an den Aktivitäten des Haselhahnes kann man annährend von einem Aktionskreisdurchmesser von 600 Meter ausgehen (Schmidt 1988-89, unveröffentlicht.). Dies ergibt eine rechnerische Reviergrösse auf Basaltverwitterungsböden von ca. 28 ha. Hingegen wird die Reviergrösse auf devonischem Untergrund bei einem Aktionskreisdurchmesser von ca. 1000 Meter mit ca. 78 ha rechnerisch ermittelt.
 Bei einer grossräumigen Siedlungsdichte-Untersuchung im Dreiländereck (Schmidt 1988-89, unveröffentlicht.) ergab sich für
Basaltverwitterungsböden 4 Paare/km2 Reviergrösse: 25 ha Devon 1,4 Paare /km2 Reviergrösse: 71,4 ha
Nach unserem Kenntnisstand dürfte im Grossherzogtum die Siedlungsdichte etwa 1,2 - 1,4 Paare/km2 betragen.

4. KURZBESCHREIBUNG DES UNTERSUCHUNGSGEBIETES

4.1. Klima
Im Ösling ist das Klima rauher als im Gutland. Die mittleren Jahrestemperaturen liegen nur bei 7-8,5o C, was die hohe Anzahl der Frosttage (über 100) sowie die im Winter länger anhaltende Schneedecke erklärt. Nur der Kiischpelt sowie das südliche Ourtal haben ein milderes Klima: die Durchschnitts-Jahrestemperaturen betragen hier 8,5-9o C.
 Typisch für das Ösling sind auch die hohen Niederschläge: 850 bis über 1000 mm pro Jahr, davon entfallen etwa 400 mm auf den Sommer. So fielen im Jahre 1995 beispielsweise westlich vom Stausee etwa 1150 mm Niederschläge.

4.2. Geologie
Das Ösling besteht aus den gefalteten Schichten des Unterdevons (Emsien und Siegenien). Im Nordwesten und im südlichen Drittel des Öslings steht das Siegenien an. Dazwischen liegen die Gesteine des Emsien. Die Grenze zwischen beiden Schichten ist im Gelände schwer festzustellen.
 Die ältesten Gesteine (Unteres und Mittleres Siegenien) kommen nur im äussersten Nordwesten des Öslings an der belgischen Grenze vor. Es handelt sich vor allem um Quarzophylladen, quarzigen Sandstein und sandige kompakte Schiefer.
Das Obere Siegenien umfasst hauptsächlich Grobschiefer mit seltenen Bänken von tonigem Sandstein. In der Gegend von Martelingen herrschen leicht spaltbare Tonschiefer vor, die als Dachschiefer abgebaut wurden.
 Das Untere Emsien setzt sich aus 2 getrennten Abteilungen zusammen: die Schiefer von Stolzemburg (Schiefer mit guter Schichtung, Quarzophylladen und seltenen Bänken von Quarzsandstein) sowie die Quarzophylladen von Schuttburg, welche noch Quarzsandstein enthalten.
 Das Mittlere Emsien umfasst die Bunten Schiefer von Clerf, welche aus grünlichgrauen, grauen oder weinroten Schiefern sowie aus Sandstein bestehen.
 Die jüngsten Gesteine des Öslings (Oberes Emsien) stehen in der Wiltzer Mulde an und umfassen 2 Schichten: Quarzit von Berlé und die fossilreichen Schiefer von Wiltz (fossilreicher, dunkelgrauer Schiefer mit tonigen Knollen).
 Während einer Hebung des Öslings im Tertiär haben sich die Bäche Sauer, Our, Wiltz sowie ihre Nebenbäche in das Gestein eingefressen und enge, tiefe Täler gebildet. Die Steilhänge sind von Wald bedeckt, während auf den Hochplateaus Landwirtschaft betrieben wird.
 Die Gesteine des Öslings verwittern zu nährstoffarmen steinigen bis lehmigen Braunerden. In diesen Böden fehlt es vor allem an Phosphor und Kalk. Erst nach der Einführung der Thomas-Schlacke wurde daher der Ackerbau im Ösling möglich.

4.3. Waldgesellschaften
Der submontane Buchenwald bedeckte ursprünglich die grösste Fläche auf den Schiefergesteinen des Öslings. Vorherrschend ist der Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo-Fagetum), der die nährstoffarmen Standorte besiedelt. Typisch für diese Pflanzengesellschaft sind die Säurezeiger Hainsimse (Luzula luzuloides), Wald-Rispengras (Poa chaixii) und Quirlblättrige Weisswurz (Polygonatum verticillatum). Auf nährstoffreichen Standorten (besonders in den unteren Hangpartien) geht der Hainsimsen-Buchenwald in den Perlgras- Waldmeister-Buchenwald (Melico-Fagetum) über. Diese im Ösling eher seltene Waldgesellschaft wird durch Perlgras (Melica uniflora) und Waldmeister (Asperula odorata) charakterisiert. An steilen Nordhängen tritt der Waldschwingel-Buchenwald (Festuco-Fagetum) auf, der durch den Waldschwingel (Festuca altissima) gekennzeichnet ist. In den Buchenwäldern des Öslings ist neben der Buche stets auch die Traubeneiche (Quercus petraea) gut vertreten.
 In den Tallagen des Öslings (unterhalb von 450 m) stockt der Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwald (Stellario-Carpinetum). Vor allem säureliebende Pflanzen treten in der Krautschicht auf, wie z.B. Sternmiere (Stellaria holostea), Berg-Platterbse (Lathyrus montanus), Salbeiblättriger Gamander (Teucrium scorodonia) und Wald-Rispengras.
Der wärmeliebende Eichen-Hainbuchenwald auf Schiefer (Sileno-Quercetum petraea) ist eine typische Waldgesellschaft der steilen Südhänge in den Ardennen. An diesen Standorten konnte sich nur eine sehr dünne Bodenschicht bilden. Neben der vorherrschenden Traubeneiche kommen noch Mehlbeere (Sorbus aria), Haselnuss (Coryllus avellana) sowie stellenweise die im Ösling seltene Elsbeere (Sorbus torminalis) vor. Wegen der extremen Standortverhältnisse (u.a. Wassermangel in der dünnen Bodenschicht) erreichen die Bäume nur geringe Wuchshöhen: etwa 10-15 Meter. Auf Felsvorsprüngen treten Silikatrasen mit Schaf-Schwingel (Festuca heteropachys) kleinflächig im wärmeliebenden Eichen-Hainbuchenwald auf.
 An Schluchten sowie an Steilhängen von tief eingeschnittenen Tälern stocken Schluchtwälder (Ulmo-Aceretum). In den Ardennen herrscht der Berg-Ahorn (Acer pseudo-platanus) in diesem Waldtyp vor. Daneben kommen noch Rotbuche (Fagus sylvatica), Esche (Fraxinus excelsior) und gelegentlich Berg-Ulme (Ulmus glabra) vor. Die Krautschicht ist durch zahlreiche Farne und feuchtigkeitsliebende Pflanzen gekennzeichnet.
 Die natürlichen Waldgesellschaften des Öslings wurden bereits im letzten Jahrhundert grösstenteils durch Lohhecken (=Eichen-Niederwald) ersetzt. Anstatt der im Ösling typischen Traubeneiche wurde vorwiegend die Stieleiche (Quercus robur) angepflanzt. Die Lohhecken wurden alle 20-30 Jahre auf den Stock gesetzt und lieferten ihren Besitzern Brennholz, Zaunpfähle sowie Eichenrinde, welche zum Gerben des Leders benutzt wird. Doch nach dem 2. Weltkrieg wurde die Nutzung der Lohhecken grösstenteils eingestellt, da die Eichenrinde durch billigere chemische Gerbstoffe ersetzt wurde. In diesem Jahrhundert wurden zahlreiche Lohhecken durch Nadelholzanpflanzungen mit Fichte (Picea abies) und Douglasie (Pseudotsuga menziesii) ersetzt.
 Zur Zeit bedecken Buchenwälder nur noch 15%, Lohhecken etwa 35 % und Nadelwälder 50 % der Waldfläche des Öslings (Adm. des Eaux et Forêts, 1995). Bei den Lohhecken herrschen überalterte Bestände vor. Nur noch stellenweise (u.a. im Kiischpelt) wird die traditionelle Nutzung der Lohhecken fortgeführt. Aus dieser Gegend liegen daher auch noch zahlreiche Haselhuhn-Nachweise vor.

5. HASELHUHN-ERFASSUNG

Das Fehlen einer Biotop-Kartierung des Haselhuhns erschwerte die Erfassung sehr. Zunächst wurden die bekannten Nachweise aktualisiert. Dabei wurde die Reviergrösse nach den Revierflügen des Haselhahnes bestimmt. Dies erfolgte an mehreren Tagen. Danach wurde ein Quadrant eines Messtischblattes mehrfach begangen und nach weiteren geeigneten Lebensräumen der Art gesucht. Dies war unverzichtbar, um Kenntnis über evtl. isolierte Kleinstvorkommen zu erhalten. Deshalb wurden auch mehrfach gleiche Bereiche an verschiedenen Tagen begangen. Alle Nachweise wurden registriert und in eine Karte eingetragen. Zeitweise wurde R. Schmidt durch folgende 4 Personen unterstützt: M. & U. Braun, S. Schmidt-Fasel und H. Sturm.
 Unter keinen Umständen dürfen jedoch die Nachweise in der Karte 1 hochgerechnet werden. Sie sind lediglich ein Mass für die mehr oder weniger starke Intensität der Begehung. Die von uns erbrachten Nachweise stammen von Ende 1990 bis Anfang 1994.
Die Lohhecken bieten in weiten Bereichen nur noch bedingt dem Haselhuhn Lebensraum. Sie sind grösstenteils überaltert, da sie kaum noch genutzt werden. Dies ist insoweit verständlich, wenn man bedenkt, dass es in der Regel Privatwälder mit geringen Grundstücksgrössen sind. Anders sieht es in weiten Bereichen des Rheinischen Schiefergebirges aus, wo die Hauberge (= Lohhecken) im Besitz von Genossenschaften sind.

Karte 1: Anzahl der Haselhuhn-Nachweise pro Quadrat (1990-1994)

Karte 2: Haselhuhn-Nachweise
Viereck = R.Schmidt (1990-1994)
Dreieck = Atlas der Brutvögel + AG Feldornithologie

Nach unserem Kenntnisstand dürfte sich der Schwerpunkt der Haselhuhn-Population nördlich der Sauer auf den Raum Lellingen-Kautenbach-Goebelsmühle erstrecken. Haselhuhn-Nachweise an der Our und ihrer Seitentäler können als ein Spiegelbild der Vorkommen auf der deutschen Seite gesehen werden. Die deutschen Vorkommen werden seit etwa 10 Jahren laufend überprüft.
 Die Siedlungsdichte im Ösling dürfte nach unserem Kenntnisstand etwa 1,2- 1,4 Paare/km2 betragen.

5.1. Angaben zur Haselhuhn- Population im Grossherzogtum
Unsere Studie beschränkte sich nur auf die Haselhuhn- vorkommen im Ösling (Kantone Wiltz, Clerf und Vianden). Die Erfassung sollte aber unbedingt noch auf die Bereiche südlich der Sauer (Kantone Redingen und Diekirch) ausgedehnt werden (siehe Karte 2).
 Zusätzlich könnten Untersuchungen im Raum Mamer- Hobscheid (siehe Atlas der Brutvögel) Aufschluss über lokale Vorkommen und eine mögliche Verbindung zu den Haselhuhn- Vorkommen in Belgien in der Gegend um Arlon geben.
 In den letzten Jahren wurden auch Haselhuhn-Nachweise ausserhalb dieser Gebiete erbracht (u.a. bei Cruchten und beim Flughafen). In diesen Gegenden könnte ebenfalls nach Haselhuhn- Vorkommen gesucht werden.

6. SCHUTZMAßNAHMEN

Die landesweite Erfassung aller aktuellen und potentiellen Lebensräumen des Haselhuhns sollte unbedingt fortgeführt werden. Dies ist eine wichtige Voraussetzung um Angaben über die Bestandsentwicklung der Haselhuhn-Population zu erhalten.
 Die einzelnen Haselhuhn-Habitate sollten unbedingt miteinander vernetzt werden, z.B. durch das Anlegen von Laubholz-Korridoren durch grossflächige Nadelwälder und durch die Verbindung von Waldmassiven. Daneben werden biotopvebessernde Massnahmen (Verjüngung der Niederwälder, Anpflanzung von beerentragenden Sträuchern) zu einer Stützung der Haselhuhn-Population beitragen. Die Lohhecken könnten im Rahmen des Holzbedarfs genutzt werden. Da zahlreiche Haselhuhn-Nachweise entlang von Wasserläufen erbracht wurden, kommt diesen Bereichen eine besondere Bedeutung zu.
Langfristig sollte die Abkehr von den Altersklassenbeständen im Staats- und Privatwald, also die Schaffung von strukturreicheren Mischwaldbeständen angestrebt werden.
 Um diese Ziele zu erreichen ist eine Sensibilisierung der Waldbesitzer unerlässlich.

7. LITERATURVERZEICHNIS

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Abb. 1: Nach einer Haselhuhnbrut Foto: Robert Schmidt
Abb. 2: Huderpfanne des Haselhuhns Foto: Robert Schmidt
Abb. 3: Brutlosung des Haselhuhns Foto: Robert Schmidt
Abb. 4: Walzenlosung des Haselhuhns Foto Robert Schmidt
Abb. 5: Federn einer Haselhuhnrupfung. Gefunden 2.2.90 Grenzbereich Nordrhein-Westfalen u. Rheinland-Pfalz Foto Robert Schmidt
Abb. 6: Trittsiegel des Haselhuhns Foto S. Schmidt-Fasel