REGULUS Wiss.Ber. Nr. 17 (ISSN 1727-088X), 1998, S. 68-86

Eine Kartierung der Vorkommen
 von Schafstelze Motacilla flava, Wiesenpieper Anthus pratensis und Braunkehlchen Saxicola rubetra in drei ausgewählten
 Grünlandgebieten Luxemburgs

Patric Lorgé

Zusammenfassung: Mit dem Ziel, die Vorkommen dieser drei Arten zu kartieren, wurden während der Brutzeit 1996 drei typische, jeweils 50 km2 große Grünlandgebiete Luxemburgs von den Mitarbeitern der AG Feldornithologie der LNVL untersucht. Bei den Gebieten handelte es sich um die Überschwemmungsgebiete von Alzette und Mess südlich der Hauptstadt, einen Teil des Redinger Kantons und um die Restbestände der Feuchtgebiete des Öslinger Hochplateaus. Die Untersuchungsgebiete wurden auf Basis des Gitternetzes der Gauss/Luxemburg-Projektion (in Rasterquadrate von 500x500 m untergliedert) auf Anwesenheit der Zielarten hin untersucht (anwesend/abwesend - Untersuchung). In einer zweiten Phase wurden die Biotopstrukturen der Gebiete untersucht, um in einer späteren Auswertung die Zusammenhänge zwischen Artvorkommen und Biotopstruktur zu ermitteln. Die Resultate waren sehr ernüchternd: So sind die drei Arten aus dem Redinger Kanton fast ganz verschwunden und in den beiden anderen Gebieten nur noch spärlich vertreten.

 Résumé: Étude comparative entre la Bergeronnette printanière Motacilla flava, le Pipit farlouse Anthus pratensis et le Tarier des prés Saxicola rubetra dans trois zones de paticulture au Luxembourg. Le groupe de travail ornithologique de la LNVL a procédé à un recensement de ces espèces dans trois zones de prairies, chacune ayant une superficie de 50 km2, pendant la période de reproduction en 1996. Les trois zones étaient les zones inondables de l'Alzette et de la Mess au sud de la capitale, une partie du canton de Rédange/Attert et les restes des zones humides de l'Oesling. La méthode utilisée basait sur le facteur de présence-abscence des espèces. Au cours d'une deuxième étape, l'occurrence de différents biotopes dans les trois zones fut analysé pour trouver une corrélation entre présence des espèces et les biotopes. La méthode fut choisie d'une telle façon, que ce recensement peut être refait dans quelques années. Les résultats sont plutôt inquiétants: Le Tarier des près et la Bergeronnette printanière ont déserté le canton de Rédange/Attert, tandis que dans les deux autres zones les populations sont à un niveau plus que critique pour la survie des espèces au Luxembourg.

 Summary: Comparison study of Yellow Wagtail Motacilla flava, Meadow Pipit Anthus pratensis and Whinchat Saxicola rubetra in three grassland areas in Luxembourg. In Luxembourg each of the three species is considered as threatened. Therefore the Ornithological working-group of LNVL made a survey of the distribution of these species in three typical luxembourgish grassland areas. The areas were the flood areas of the Alzette and Mess south of the capital, a part of the canton Rédange/Attert and the remnants of the wetlands in the northernmost part of the country. The method chosen was based on the present-absent criterion. The results were disappointing: Yellow Wagtail and Whinchat breed no more in the canton Rédange/Attert and the population of these species reached a critical level for their survival in Luxembourg.

1. EINLEITUNG

Neben den Frisch- und Fettwiesen gehörten auch nährstoffreiche, zum Teil gedüngte Feuchtwiesen lange Zeit zum Wirtschaftsgrünland. Sie sind also weitgehend anthropogenen Ursprungs. Dieses vegetationskundlich oft den Sumpfdotterblumen-Wiesen zuzuordnende Grünland gehört zu den sehr artenreichen Lebensräumen der Kulturlandschaft: man findet dort ca. 350 Farn- und Blütenpflanzen, es gibt eine reichhaltige Arthropodenfauna, es ist Teillebensraum von Amphibien, Brutbiotop von Feldlerche, Kiebitz, Schafstelze, Wiesenpieper sowie Nahrungsbiotop von u.a. Bekassine, Brachvogel, Braunkehlchen, Schwarzkehlchen, Weißstorch (Jedicke 1992).
 Großflächig waren Feuchtwiesen vor allem in den Überschwemmungsgebieten der Talauen, kleinflächiger vor allem entlang von kleinen Fließgewässern, aber auch an Stellen mit flächig austretendem Sickerwasser ausgebildet.
 Heute gehören landwirtschaftlich genutze Feuchtwiesen, genau wie feuchtes Brachland zu den gefährdeten Lebensraumtypen. Gründe hierfür sind vor allem die z.T. großflächige Entwässerung sowie die kleinflächige Nivellierung von Bodenunebenheiten im Rahmen der Intensivierung der Landwirtschaft und von Flurbereinigungen. Besonders tragisch ist, daß verbleibende Reste von feuchtem Grünland, die oft schon durch intensive Düngung und Beweidung degradiert sind, weiteren Drainageprogrammen zum Opfer fallen sollen.
 Die vorliegende Studie will an Hand von Leitarten der Feuchtwiesen aus der Gruppe der Vögel den aktuellen Zustand von verschiedenen Grünlandgebieten mit Feuchtwiesenanteil in Luxemburg untersuchen. Wegen des Fehlens von für feuchtes Grünland typischen Brutvögeln aus der Gruppe der Watvögel (z.B.: Großer Brachvogel, Uferschnepfe, Rotschenkel) sind in Luxemburg Braunkehlchen Saxicola rubetra, Schafstelze Motacilla flava und Wiesenpieper Anthus pratensis typische Arten für diesen Lebensraumtyp. Braunkehlchen und Schafstelze stehen auf der Roten Liste der Brutvögel Luxemburgs in Kategorie 2.2. Stark gefährdet (Weiss 1995). Eine relativ hohe trophische Stellung, spezielle Habitatansprüche und gute Feststellbarkeit machen diese Arten zu geeigneten Bioindikatoren.

Die Studie soll:

2. MATERIAL UND METHODE

2.1. Die drei Zielarten
Im folgenden sollen die drei Arten kurz vorgestellt werden. Vorkommen und Anzahl der Brutpaare beziehen sich auf den Kenntnisstand vor der 1996 durchgeführten Kartierung. Die Angaben von Hulten/Wassenich sind meist Bestandsschätzungen, die die beiden Autoren 1961 in ”Die Vogelfauna Luxemburgs” publizierten. Infolge von Bestandsaufnahmen kleinerer Gebiete wurden diese Zahlen für das gesamte Land hochgerechnet. Sie sind also nur bedingt verläßlich, zeigen aber, daß diese drei Arten in einigen Gebieten zum Teil sehr häufig waren.

Braunkehlchen Saxicola rubetra
Das Braunkehlchen ist ein typischer Bewohner der offenen Landschaft. Sein Lebensraum sind vor allem weite, klein parzellierte, ein- beziehungsweise spätschürige oder brachliegende Mähwiesen sowie extensiv bewirtschaftete Weiden (Glutz von Blotzheim 1988). Doch in Luxemburg sind solche Idealbiotope selten. Wegen Frühmahd weichen Braunkehlchen auf feuchte, wenig intensiv genutzte Flächen in breiten Bachtälern und auf staunasse Böden aus. Geeignet sind auch extensiv genutzte Weideflächen mit genügend Sitzwarten (z.B.: Umzäunungen), sowie intensiv genutztes Grünland mit einigen kleineren, ungenutzten bzw. naturnahen Parzellen (z.B.: Gräben, Böschungen, Brachen), die als Neststandort dienen. Alles in allem stellt das Braunkehlchen sehr hohe Ansprüche an seinen Lebensraum. So ist eine vielfältige Vegetationsstruktur nötig, die genügend Deckung für den Neststandort bietet und ebenso darf eine lückige Krautschicht mit Sitzwarten zwecks Nahrungserwerb nicht fehlen (Bastian 1996).

Abb.1: Verbreitung des Braunkehlchens Saxicola rubetra in Luxemburg (1976-1980)
 Dreieck = mögliches Brüten Kreis = wahrscheinliches Brüten Quadrat = sicheres Brüten

Der Bestand des Braunkehlchens hat in den letzten 40 Jahren drastisch abgenommen. Hulten/Wassenich schätzten den Bestand in den 60ger Jahren landesweit auf 850-1000 BP, wobei der Bestand anscheinend im Oesling niedriger war als im Gutland.
 Bei der Bestandsaufname für den Luxemburger Brutvogelatlas in den Jahren 1976-80 konnten noch etwa 100-120 BP ermittelt werden (Melchior et al. 1987).
Vor der Wiesenvogelkartierung 1996 wurde allgemein noch mit einem Brutbestand von etwa 30 Paaren im Oesling und deren 20-30 im gesamten Gutland gerechnet. Zu ähnlichen Bestandseinbußen kam es in den letzten Jahrzehnten auch in Belgien, Deutschland, den Niederlanden und anderen agrarökonomisch hochentwickelten Ländern (Bastian 1996).

Schafstelze Motacilla flava
Den Lebensraum der Schafstelze bilden ausgedehnte ebene, offene und durch Beweidung oder Mahd kurzrasig gehaltene Wiesenfluren mit genügend Sitzwarten auf wenigstens teilweise nassen, wechselnassen oder feuchten Böden mit einzelnen Steinen, hohen Stauden oder Sträuchern. In der Kulturlandschaft nutzt die Schafstelze vor allem extensiv bewirtschaftete Streu- und Mähwiesen, Viehweiden aber auch Getreide-, Klee- und Rapsfelder (Glutz von Blotzheim 1985)
 Der Bestand der Schafstelze ist in den letzten 30 Jahren stark zurückgegangen. So gaben Hulten/Wassenich um 1960 das Merschertal als eine der am dichtesten besiedelten Gegenden an. Heute jedoch gibt es dort keinen regelmäßig besetzten Brutplatz mehr. Um 1960 schätzten dieselben Autoren den luxemburger Brutbestand auf 8000-9000 (!) Paare.
Die Schafstelze kommt heute in Luxemburg nur noch in zwei deutlich voneinander getrennten Regionen vor, nämlich im nördlichen Oesling und in bestimmten Teilen des Gutlandes. Die 10-15 BP der Oeslinger Population brüten hauptsächlich in den noch verbleibenden Feuchtgebieten des Oeslinger Hochplateaus (Melchior et al. 1987). Das größte zusammenhängende Brutgebiet im Gutland ist das Alzettetal mit seinen Nebentälern.


Abb.2: Verbreitung der Schafstelze Motacilla flava in Luxemburg (1976-1980)
Dreieck = mögliches Brüten Kreis = wahrscheinliches Brüten Quadrat = sicheres Brüten

Wiesenpieper Anthus pratensis
Im Gegensatz zur Schafstelze ist der Wiesenpieper weit weniger anspruchsvoll was den Feuchtigkeitsgrad seiner Brutbiotope angeht. Er brütet heute noch in Gebieten, welche in der Folge der Trockenlegung in den letzten Jahrzehnten von der Schafstelze aufgegeben wurden. Wie sein Name verrät, ist der Wiesenpieper vor allem in ausgedehnten Wiesenfluren anzutreffen. Er bevorzugt offenes oder zumindest baum- oder straucharmes, etwas unebenes Gelände mit relativ hohem Grundwasserspiegel oder Feuchtstellen mit gut strukturierter Krautschicht, die ihm Deckung bietet. Charakteristisch sind rasch abkühlende oder sich nur langsam erwärmende Lehmböden (Glutz von Blotzheim 1985). Für eine hohe Brutdichte ist eine große Anzahl von erhöhten Sitzwarten nötig.
 Hulten/Wassenich (1961) schätzten den Brutbestand in den 60er Jahren auf etwa 6000 Paare.
 In Luxemburg brütet der Wiesenpieper in allen geeigneten Biotopen. Die einzigen Verbreitungslücken bilden die stark zerklüfteten und bewaldeten Landschaften des mittleren Oeslings sowie das Gebiet der Hauptstadt. Verbreitungsschwerpunkte sind das nördliche Oesling und das Minettebassin bis hinauf in den Redinger Kanton. (Melchior et al. 1987). Heute dürften im gesamten Oesling nur noch etwa 30 Paare zur Brut schreiten. Für das Gutland liegen keine konkreten Zahlen vor, doch mit Sicherheit werden die Bestände aus den 60er Jahren bei weitem nicht erreicht. Obwohl der Wiesenpieper recht unterschiedliche Biotope bewohnt, hat die Art doch in den letzten Jahrzehnten erhebliche Bestandseinbußen erlitten. Andererseits hat der Wiesenpieper auch neue Brutbiotope erschlossen (z.B. Industriezonen)


Abb.3: Verbreitung des Wiesenpiepers Anthus pratensis in Luxemburg (1976-1980)
Dreieck = mögliches Brüten Kreis = wahrscheinliches Brüten Quadrat = sicheres Brüten

2.3. Beschreibung der Gebiete

Die drei Untersuchungsgebiete:

Die Größe der drei Untersuchungsgebiete beträgt jeweils etwa 50 qkm. Es sind:
Im Norden: das westliche Oeslinger Hochplateau
Im Westen: das südliche Einzugsgebiet der Attert
Im Süden: die Täler der Mess und der Alzette südlich der Hauptstadt.
Warum gerade diese drei Gebiete ausgewählt wurden, hat folgende Gründe: Erstens sind diese Gebiete, zumindest der Norden und der Süden, die letzten Rückzugsgebiete (jedenfalls gibt es hier noch Restbestände von Braunkehlchen und Schafstelze) unserer drei Arten und zweitens handelt es sich um drei doch sehr unterschiedliche Grünlandgebiete: der Norden mit seinen feuchten Bachtälern und vielen kleineren Brachen, der intensiv bewirtschaftete Westen und die Überschwemmungsgebiete von Alzette und Mess im Süden.

NORDEN
 • Topographie
 Der größte Teil des Gebietes besteht aus einer Hochebene von 400-500 m über dem Meeresspiegel. Die Täler sind relativ flach und breit und bilden somit gute Bedingungen für ausgeprägte Sumpfwiesen. Dadurch, daß der größte Teil der Fläche aus landwirtschaftlich genutzten Hochplateaus besteht, fehlt es an großen Waldgebieten (mit Ausnahme des ”Felsbierg” bei Wincrange und des Waldgebietes ”Lou” bei Biwisch). Ansonsten gibt es vor allem kleinere Fichtenanpflanzungen, die zwecks Aufforstung von Feuchtwiesen angelegt wurden.
 • Hydrologie
 Der Trattenerbach ist der größte durch das Gebiet fließende Bach. Er durchquert das Gebiet von der belgischen Grenze bei ”Hannerhaassel” bis zur Asselborner Mühle auf einer Länge von circa 8 km. Der Trattenerbach wird gespeist von der ”Brackelsbaach”, der ”Spirbech”, der ”Eimeschbaach” sowie von einer Reihe kleinerer, im Sommer trockener Bäche.
 Die ”Weiler Weiher”, die ”Cornelysmillen” bei Basbellain und die Weiher im ”Ramescher” bei Wincrange wurden früher zum Teil als Fischzuchtweiher genutzt und sind heute (potentielle) Naturschutzgebiete, ebenso wie die kleineren Weiher bei Hoffelt. Dies sind übrigens Gebiete, die von der Stiftung ”Hëllef fir d'Natur” teilweise aufgekauft und somit geschützt wurden.
 • Besiedlung
 Das gesamte Oesling ist relativ schwach besiedelt, mit oft weniger als 25 Einwohner pro Quadratkilometer.
 • Landwirtschaftliche Nutzung
 Auf den trockenen Hochplateaus werden vor allem Getreide, Mais und Silagegras angebaut. Die feuchteren Täler und Hanglagen werden meist als Vieh- und Mähweiden genutzt.
Gegenüber den zwei anderen Untersuchungsgebieten gibt es im Oesling noch zahlreiche Feuchtbrachen. Viele sind im Besitz der Stiftung ”Hëllef fir d'Natur” wie z.B. der ”Ramescher” bei Wincrange oder das Gebiet ”Am Dall” bei Helzingen. Hierbei handelt es sich meist um größere Gebiete. Andererseits gibt es eine hohe Anzahl von kleineren Feuchtbrachen, zumeist an den Quellen kleinerer Wiesenbäche. Hervorzuheben sind auch die vor Tritterosion geschützten Bachläufe mit einer gut strukturierten Ufervegetation.
 • Biotopaustattung:

Tab.1: Vorkommen der untersuchten Biotoptypen im nördlichen Untersuchungsgebiet
500x500 Raster
 enthielt
Feuchtbrache 
 Anzahl
% Trockenbrache 
 Anzahl
% Feuchtwiese 
 Anzahl
% Grünfläche 
 Anzahl
%
0% 114 64 178  99 159 89 14 8
bis 5% 40  23 1 14 8 . .
bis 10% 15 8 . . 2 1 17 9
bis 25% 6 3 . . 4 2 23  13
bis 50% 2 . . . . 89 50
über 50% . . . . . . 36 20
Total 179 100 179 100 179 100 179  100
Von den 179 untersuchten Quadraten findet man in etwas mehr als einem Drittel davon Feuchtbrachen. Dies sind einerseits Feuchtgebiete, andererseits einige stillgelegte Flächen. Die letzten wenigen Feuchtwiesen sind meist viehbestandene Talweiden. Immerhin 8 % der untersuchten Fläche waren ”grünlandfrei”.

WESTEN
 • Topographie
 Der Redinger Kanton ist als ausgeprägte Wiesenlandschaft bekannt Das Untersuchungsgebiet ist eine leicht wellige Grünlandflur mit einigen ”eingestreuten” Wäldern, vor allem im Raum Ell - Oberpallen - Rédange und in der Gegend Noerdange und Rippweiler. Es liegt auf einer Höhe von 300 m ü.d.M. und fällt zum Atterttal etwas ab. Das Landschaftsbild wird geprägt durch eine hecken- und baumarme Agrarflur, in der sich Vieh- und Mähweiden mit Ackerflächen abwechseln.
• Hydrologie
 Die Attert, der größte Bachlauf des Gebietes, durchquert das Untersuchungsgebiet von Colpach-Bas bis hinter Redingen. Mehrere Nebenflüsse speisen die Attert (z.B. ”Colpech”, ”Wo” und ”Pall”). Die Wasserqualität der Attert ist gut, was die Anwesenheit des Eisvogels beweist. Die ”Pall” fließt im südlichen Teil des Gebietes und durchquert es von Oberpallen bis nach Redingen, wo sie in die Attert mündet. Nebenbäche der Pall sind die ”Merelbaach”, die ”Moll”, der Noerdenerbach u.s.w. Zumindest an diesen Bächen ist stellenweise eine ausgeprägte Ufervegetation und manchmal sogar ein kleiner Mädesüßbestand zu finden.
 • Besiedlung
 Die meisten Dörfer liegen in den Randbereichen des Gebietes (Rédange/Attert, Beckerich, Schweich), so daß in der Mitte des Gebietes eine größere, schwach besiedelte Wiesenflur besteht.
• Landwirtschaftliche Nutzung
 Der Schwerpunkt der landwirtschaftlichen Nutzung des Gebietes liegt vor allem in der Viehhaltung. Ein Großteil des Gebietes wird als Vieh- und Mähweiden genutzt. Fast alle Feuchtwiesen wurden durch Drainagegräben entwässert und werden als intensiv betriebene Mähwiesen genutzt, die mehrmals im Jahr gemäht werden. Für Wiesenvögel sind diese Areale als Lebensraum verloren. Die Intensivierung der Landwirtschaft ist so weit fortgeschritten, daß nur noch einige Wiesenvogelarten (z.B. Feldlerche) hier vorkommen. Früher gab es im gesamten Redinger Kanton viele Sumpf- und Feuchtwiesen, die jedoch zur Ackerlandgewinnung trockengelegt wurden. Heute sind nur noch kleinste Feuchtwiesenüberreste zu finden z.B. die ”Grousswiss” bei Ell oder Parzellen an der Pall bei Oberpallen.
• Biotopausstattung:

Tab. 2: Vorkommen der untersuchten Biotoptypen im westlichen Untersuchungsgebiet
500x500 Raster
 enthielt
Feuchtbrache 
 Anzahl
% Trockenbrache 
 Anzahl
% Feuchtwiese 
 Anzahl
% Grünfläche 
 Anzahl
%
0% 205 94 214 99 205 94 6 3
bis 5% 8 4 3 1 11 5 . .
bis 10% 3 1 . . 1 1 13 6
bis 25% 1 1 . . . . 23 11
bis 50% . . . . . . 96 44
über 50% . . . . . . 79  36
Total 217 100 217 100 217 100 217 100
Anhand dieser Zahlen läßt sich sehr gut zeigen, daß Grünland nicht gleich Grünland ist. Trotz der hohen Grünlandanteile (immerhin 97 %), sind die für Wiesenvögel so wichtigen Feuchtwiesen und -brachen fast ganz aus diesem Gebiet verschwunden

SÜDEN
 • Topographie
 Das Landschaftsbild im südlichen Untersuchungsgebiet wird hauptsächlich von zwei Bächen, nämlich der Alzette und der Mess geprägt. Während die Bachtäler etwa 265- 275 m ü.d.M. liegen, erreichen die umliegenden Anhöhen etwa 310 m ü.d.M. Vor allem in dem bis zu 800m breiten Alzettetal dominiert die Anzahl an Wiesen und Weiden. Getreidefelder sind meist auf den breitflächigen Höhen zu finden, während Wälder hier ganz fehlen.
Das Messtal ist stärker strukturiert; es ist hügeliger als das größere und breitere Alzettetal. Vor allem in der Gegend von Ehlange sind einige Wälder und vereinzelte Heckenbiotope zu finden. Daneben gibt es ein paar Feuchtwiesen und mehrere Brachen.
 • Hydrologie
 Das Alzettetal mit seinen Nebentälern ist eines der wichtigsten und größten Überschwemmungsgebiete Luxemburgs. Nebenflüsse der Alzette sind die ”Kaelbaach”, die ”Kiemelbaach”, die ”Bibeschbaach”. Die Wasserqualität der Alzette ist schlecht, scheint sich aber seit einigen Jahren zu verbessern.
Bei Noertzingen mündet auch die Mess in die Alzette. Nebenflüsse der Mess sind die ”Pisbaach”, die ”Klausbaach” und eine Reihe kleinerer, im Sommer aber austrocknender Wiesenbäche.
 • Besiedlung
 Der Süden ist der am dichtesten besiedelte Teil Luxemburgs. Wegen der Nähe zur Hauptstadt ist mit einer Zunahme der Population zu rechnen. Außerdem ist die wachsende Zahl von Industriezonen zu erwähnen.
 • Landwirtschaftliche Nutzung
 Die feuchten bis nassen Talgründe werden vor allem als Vieh- und Mähweiden bewirtschaftet, während auf den trockeneren Anhöhen vor allem Getreide angebaut wird. Die feuchten Mähwiesen im Roeserbann werden jährlich dreimal gemäht, wobei die erste Mahd oft bereits im Mai erfolgt, also mitten in der Brutzeit.
 • Biotopausstattung:

Tab. 3: Vorkommen der untersuchten Biotoptypen im südlichen Untersuchungsgebiet
500x500 Raster
 enthielt
Feuchtbrache 
 Anzahl
% Trockenbrache 
 Anzahl
% Feuchtwiese 
 Anzahl
% Grünfläche 
 Anzahl
%
0% 166 90 162 88 149 80 2 3
bis 5% 17 8 16 8 28  14 . .
bis 10% 1 1 2 1 3 2 8 6
bis 25% 1 1 3 2 3 2 23 11
bis 50% . . 2 1 1 1 109 44
über 50% . . . . 1 1 43 36
Total 185 100 185 . 185 100 185 100
Der Feuchtwiesenanteil im Süden liegt bei 20 % : dies sind vor allem die Wiesen im unmittelbaren Alzettebereich, die im Winterhalbjahr regelmäßig überschwemmt werden. Der Anteil von Feucht- und Trockenbrachen liegt bei 10 resp. 12 %.

2.4. Die Vogelkartierung
Die Untersuchungsgebiete wurden auf Basis des Gitternetzes der Gauss/Luxemburg- Projektion in Rasterquadrate von 500x500 m untergliedert. Diese Rasterquadrate wurden auf Anwesenheit der Zielarten hin untersucht (anwesend/abwesend - Untersuchung). Pro Raster-quadrat genügte ein einfacher Nachweis von jeder Art. Bei mindestens zwei Begehungen ohne Kontakt zu einer Art wurde diese als nicht anwesend angenommen. Die Begehungszeit der einzelnen Quadrate war nicht festgelegt.
 Der Untersuchungszeitraum lag zwischen Mitte Mai (Ende des Durchzugs) und Ende Juni 1996 (Beginn 16. Mai, Ende 30. Juni). Die Auswertung der Ergebnisse wurde Ende 1997 abgeschlossen.
 Für die Auswertung der Biotopaustattung wurde die (ungefähre) Prozentzahl der in einem Quadrat vorkommenden Biotope ermittelt. Berücksichtigt wurden folgende Biotoptypen : Feuchtwiesen, Feuchtbrachen, Trockenbrachen, Grünland, Ackerfläche, Bachlauf mit Ufervegetation, Bachlauf ohne Ufervegetation.
Die Arbeit war in zwei Etappen eingeteilt: Erstens die Ermittlung der Biotopvorkommen, welche mit Hilfe von Biotopkartierungen der einzelnen Gemeinden ermittelt wurden. Zweitens die Überprüfung und wenn nötig die Ergänzung der Angaben auf dem Feld (z.B. bei älteren Biotopkartierungen).
 Alle Informationen wurden per Computer in einer Datenbank abgespeichert, was es erlaubt, in späteren Jahren, ohne größeren Aufwand, Vergleiche aufzustellen (Verantwortlich für Programm und Datenerfassung: R. Peltzer). Das Computerprogramm ermöglichte auch im Vorfeld den Ausdruck handlicher Eintragungslisten.
 An der Feldarbeit waren beteiligt: Felten P., Clemens J., Thelen C., Malmborg L., Conrardy G., Verloet J., Thoß C., Melchior Ed., Wester R., Neys J.M., Conrad E., Thiry R., Jungers P., Determ J.P., Weiler J.P., Bechet G., Moes M., Streicher R., Mirgain G., Bertemes P., Kalmes P., Kinnen F., Weiss J., Paler N., Jans M., Heidt C., Schweitzer M., Nosbusch P., Schmitz R., Conzemius T., Krecké J., Delleré M., Schmitt R., Muller F., Mentgen E., Huttert E., Lorgé P.

3. ERGEBNISSE

Nachdem die Feldarbeit abgeschlossen war, wurden die Resultate in Karten eingetragen. Für jede Art wurde pro Gebiet eine Karte erstellt. Falls eine Art in einem Teilquadrat beobachtet wurde, ist dies mit einem + auf der Karte wiedergegeben.

Tab. 4: Vorkommen der drei Arten in den Untersuchungsgebieten
Gebiet Anzahl Raster 
pro Gebiet
Schafstelze 
 Anzahl
% Wiesenpieper 
 Anzahl
% Braunkehlchen 
 Anzahl
% Nicht bearbeitete 
Raster
%
SÜDEN 200 30 15 45 22,5 16 8 10 5
WESTEN 220  3 1,4 22 10,0 1 0,5 7 3,2
NORDEN 208 21 10,1 20 9.6 33 15,9 28  13,5

Das nördliche Untersuchungsgebiet

Karten 1-3
1 = Huldange
2 = Troisvierges
3 = Wincrange
4 = Trattenerbach


Karte 1: Vorkommen der Schafstelze im nördlichen Untersuchungsgebiet


Karte 2: Vorkommen des Wiesenpiepers im nördlichen Untersuchungsgebiet


Karte 3: Vorkommen des Braunkehlchens im nördlichen Untersuchungsgebiet

Die Schafstelze wurde insgesamt in 21 Teilquadraten festgestellt (Karte 1). Auch im Oesling gab es Bruten in Monokulturen (Rapsfelder). Ansonsten aber bevorzugt die Schafstelze Feuchtwiesen oder an solche angrenzende Viehweiden.
Das Resultat für den Wiesenpieper (Karte 2) ist recht erstaunlich: So konnten im nördlichen Teil des Untersuchungsgebietes, oberhalb Troisvierges keine Nachweise erbracht werden. Trotzdem wurden in 21 Teilquadraten Wiesenpieper festgestellt.
Im Oesling hat das Braunkehlchens das ”größte” Vorkommen mit immerhin 34 Nachweisen (Karte 3). Die Population im Norden Luxemburgs hängt sicherlich mit der Population der belgischen Ardennen zusammen. Das Oesling mit den feuchten Wiesentälern, die meist noch wenig intensiv bewirtschaftet sind, erfüllt die hohen Ansprüche des Braunkehlchens.
 Wenn man die Verbreitungskarte des Braunkehlchens mit den Feuchtbiotop- und Brachenvorkommen vergleicht, kann man feststellen, daß die meisten Reviere in den Gebieten sind, wo prozentual die höchsten Zahlen an Feuchtbrachen mit gut strukturierter Vegetation vorhanden sind. Besonders charakteristisch für das Oesling sind Viehweiden, die in den Hanglagen zwischen den Äckern der Plateaus und den feuchteren Tallagen liegen. Oft grenzen diese direkt an Feuchtbrachen entlang kleinerer Bäche oder direkt an Feuchtgebiete. Da diese Flächen meist nur als Viehweiden genutzt werden, kann entlang der Umzäunungen eine Vegetationsschicht entstehen, die nicht abgeweidet wird. Diese kleinen Streifen werden vom Braunkehlchen, aber auch von Schafstelze und Wiesenpieper, genutzt, um darin zu nisten und zu jagen. Besonders in der Umgebung von Troine wurden solche Vegetationsstreifen vom Braunkehlchen gern angenommen.

Das westliche Untersuchungsgebiet

Karten 4-6
1 = Rédange/Attert
2 = Attert


Karte 4: Vorkommen der Schafstelze im westlichen Untersuchungsgebiet
 


Karte 5: Vorkommen des Wiesenpiepers im westlichen Untersuchungsgebiet
 


Karte 6: Vorkommen des Braunkehlchens im westlichen Untersuchungsgebiet

Der Redinger Kanton mit dem Atterttal war schon immer als das Grünlandgebiet Luxemburgs bekannt. Grün ist es immer noch, denn die Wiesen und Weiden sind noch immer da. Doch in den letzten Jahrzehnten sind durch zahlreiche Drainage- und Intensivierungsarbeiten nahezu alle Feuchtwiesen zerstört worden. Dies hat sich natürlich auch auf die Bestände der wiesenbrütenden Vogelarten ausgewirkt: Während der Bestandsaufnahme konnte das Braunkehlchen nur einmal (Karte 6) und die Schafstelze nur dreimal (Karte 4) beobachtet werden. Der Wiesenpieper wurde in 22 Quadraten festgestellt (Karte 5), doch ist dies insgesamt ein enttäuschendes Ergebnis. Mit einigen wenigen Ausnahmen sind Feuchtgebiete aus dem Redinger Kanton verschwunden und mit ihnen die Wiesenvögel. Viehweiden und Mähwiesen, alle intensiv bewirtschaftet, bestimmen das Landschaftsbild dieser Gegend und bieten Wiesenvögeln kaum noch genügend Nahrungs- und Nistmöglichkeiten. Als Vorzeigebeispiel, wie man eine Landschaft ”pflegen” muß, damit Wiesenvögel wie Braunkehlchen und Schafstelze keine Überlebenschance haben, ist dieses Gebiet allerdings vorbildlich geeignet.

Das südliche Untersuchungsgebiet

Karten 7-9:
1 = Fentange
2 = Bettembourg
3 = Alzette
4 = Schifflange
5 = Mess


Karte 7: Vorkommen der Schafstelze im südlichen Untersuchungsgebiet


Karte 8: Vorkommen des Wiesenpiepers im südlichen Untersuchungsgebiet


Karte 9: Vorkommen des Braunkehlchens im südlichen Untersuchungsgebiet

Die Überschwemmungsgebiete in den Tälern der Alzette und der Mess sind eigentlich ideale Biotope für Wiesenvögel: Es gibt noch Feuchtwiesen und Bäche mit gut ausgebildeter Ufervegetation. Die ermittelten Zahlen scheinen dies zu belegen: Insgesamt 29 Schafstelzen-, 45 Wiesenpieper- und immerhin 16 Braunkehlchenvorkommen konnten erfaßt werden. Doch schaut man sich die Karten genauer an, fällt einem z.B. beim Braunkehlchen (Karte 9) auf, daß die meisten Reviere sich im Raum Reckange/Mess befinden und daß das Alzettetal eigentlich nur noch dünn besiedelt ist. Diese Art braucht zum Brüten eine gut strukturierte Vegetation mit ausreichend Beobachtungsposten. Da die meisten Wiesen aber als Mähwiesen genutzt und bereits Mitte Mai zum ersten Mal gemäht werden, haben die meisten Wiesenvögel keine Chance, eine Brut aufzuziehen. Außerdem werden die meisten Wiesen und Weiden so stark gedüngt, daß die Artenvielfalt bei den Pflanzen drastisch zurückgeht und damit auch die Insekten, als Nahrung für Wiesenvögel abnehmen. Das Braunkehlchen scheint hierbei am anfälligsten zu sein.
In der Gegend um Reckange/Mess dagegen, ist das Braunkehlchen jedoch noch anzutreffen. Entlang von Bachläufen und einigen Mähwiesen bleibten in der Regel ein halber bis ein Meter ungemäht. In diesen Brachestreifen nisten die Braunkehlchen und finden genügend Nahrung.
Die Schafstelze (Karte 7) ist auch auf eine derart strukturierte Vegetation angewiesen, doch ist sie nicht so wählerisch was ihren Neststandort angeht. An einigen Stelle konnten Schafstelzen in Rapsfeldern brütend angetroffen werden. Allerdings grenzten die Rapsfelder an Feuchtwiesen oder Überschwemmungsflächen. Dieses Verhalten der Schafstelze wurde bisher für Luxemburg noch nicht dokumentiert, ist allerdings aus dem Ausland bekannt (Glutz von Blotzheim, 1985). Da Raps Mitte Juli gemäht wird, haben die Schafstelzen gute Chancen, ihre Brut erfolgreich aufzuziehen.
 Auch in der Industriezone ”Wolser” bei Noertzange brüteten einige Schafstelzenpaare in einer trockenen Industriebrache, was zeigt, daß die Schafstelze nicht so sehr an Feuchtwiesen als Brutbiotope gebunden ist, daß solche sich als geeignete Nahrungsbiotope aber immer in der Nähe des Brutplatzes befinden müssen.
 Der Wiesenpieper (Karte 8) ist mit 45 Feststellungen fast gleichmäßig über die gesamte Fläche des südlichen Untersuchungsgebietes verteilt, was heißt, daß etwas weniger als ein Viertel aller Quadrate vom Wiesenpieper genutzt werden. Bei näherer Betrachtung ein doch eher ernüchterndes Ergebnis, wenn man diese Zahlen mit den Bestandsschätzungen von vor einigen Jahren (siehe oben) vergleicht.

4. DISKUSSION

Diese Bestandserhebung hat leider das gezeigt, was vermutet wurde: die Vorkommen der drei untersuchten Arten sind weiter rückläufig. Während der Wiesenpieper und die Schafstelze in der Lage sind, sich an Veränderungen in ihrem Brutbiotop anzupassen oder auch andere Brutbiotope in Anspruch nehmen, scheint dies beim Braunkehlchen nicht der Fall zu sein. Die Konsequenz hieraus ist, daß das Braunkehlchen in Luxemburg vom Aussterben bedroht ist. Der Roeserbann sowie das gesamte westliche Untersuchungsgebiet wurden schon von ihm aufgegeben.

Tab. 5: Zusammenfassung der Vorkommen der Biotope sowie der drei Arten.
. Norden 
 Anzahl
% Westen 
 Anzahl
% Süden - Mess 
 Anzahl
% Süden - Alzette 
 Anzahl
%
Feuchtbrache 36 20,1 6 2,8 9 16 15 10,7
Trockenbrache 1 0,5 1 0,5 12 21,4 10 7,2
Feuchtwiese 11 6,2 6 2,9 20 35,7 21 15
Grünland 92 51,4 97 44,7 47 83,9 94 67,2
Schafstelze 21 . 3 . 1 . 29 .
Wiesenpieper 20 . 22 . 7 . 38 .
Braunkehlchlchen 33 . 1 . 8 . 8 .
Wenn man die Karten und Tab. 4 betrachtet, so fällt auf, daß in Gebieten wo Feuchtwiesen fehlen, auch keine Wiesenvögel vorkommen (siehe Redinger Kanton). Wichtiger als der Feuchtigkeitsgrad der Wiesen ist allerdings die Struktur der Vegetation. Eine hohe, zu dichte Vegetation wird bei der Brutplatzwahl genauso gemieden wie zu kurzrasige Flächen. Ideal ist eine lockere und zugleich gut strukturierte Vegetation und kein Pflanzendschungel, wie er in neu angelegten Silage-Mähwiesen vorherrscht. Bei anderen Mähwiesen sieht es wegen starker Düngung nicht viel besser aus.
 Wenn im Oesling und besonders im Alzette- und Messtal nichts für Braunkehlchen & Co getan wird, steht ihnen das gleiche Schicksal wie im Redinger Kanton bevor.

Daß man ihnen helfen kann zeigen folgende Beispiele:
 - Im Reservat ”Belzbourn”, Gemeinde Ulfingen, wurde seit 1992 ein ehemaliges Feuchtgebiet, das durch eine Fichtenanpflanzung zerstört worden war, renaturiert, mit dem Resultat, daß 1997 sowohl das Braunkehlchen wie auch die Schafstelze erneut hier brüteten. In einem weiteren Reservat bei Doenningen brüteten 1997 ebenfalls beide Arten. Zu bemerken ist, daß sich beide Gebiete im Besitz der Stiftung ”Hëllef fir d'Natur” befinden.
 - In der Gemeinde Bartringen wurden an einigen Stellen Feuchtwiesen extensiver bewirtschaftet und an mehreren Stellen wurden einige Flächen als Brachen ausgewiesen. In den Folgejahren kehrten einige Braunkehlchenpaare auf diese Flächen zurück. Diese Maßnahmen wurden vom Naturschutzsyndikat SICONA koordiniert und betreut. Die Landwirte wurden entsprechend entschädigt.
 Ein weiterer Lichtblick könnte das ”Förderprogramm für umweltgerechte und den natürlichen Lebensraum schützende landwirtschaftliche Produktionsverfahren” im Rahmen der EU-VERORDNUNG 2078/92 sein. Dies ist eine der flankierenden Maßnahmen im Rahmen der EU-Agrarreform von 1992 (”Mc Sharry”- Reform). In Luxemburg werden diesbezüglich 2 Förderprogramme angeboten: Die sogenannte Landschaftspflegeprämie (seit Dezember 1996) und das nationale Agrar-Umweltprogramm mit insgesamt 13 spezifischen Extensivierungsmaßnahmen. Dieses Programm beinhaltet eine Reihe von Maßnahmen, mit denen Landwirten auf freiwilliger Basis eine finanzielle Unterstützung angeboten wird für die Anwendung weniger intensiver Produktionsverfahren oder für gezielte Leistungen, die im Sinne des Naturschutzes erbracht werden. Besonders interessant für die Entwicklung von wiesen- und bodenbrütenden Vögeln sind folgende Einzelprogramme:
 - Extensivierung von Grünland sowie einzelner Ackerfrüchte in ökologisch wertvollen oder sensiblen Gebieten (Wasser- und Naturschutz);
 - Ackerrandstreifenprogramm bei verschiedenen Ackerfrüchten;
 - Uferschutzstreifenprogramm entlang von Bächen und Flüssen;
 - Extensivierung von artenreichem Grünland, Feuchtwiesen und Trockenrasen;
 - 20-jährige Flächenstillegung von ökologisch besonders wertvollen oder günstig gelegenen (Teil-)Flächen.

Schlußfolgerung
Sicherlich sind die Vögel der offenen Landschaft besonders bedroht, denn hier wirken sich die menschlichen Eingriffe am stärksten aus. Die intensive Bewirtschaftung (Drainage, Düngung, frühe Mahd, Anbau von Mais, etc) hat viele Fluren für hier brütende Vogelarten ”unbrauchbar” gemacht. Vor allem das Braunkehlchen ist sehr empfindlich was Veränderungen in seinem Brutbiotop angeht.
Die negativen Bestandstrends von Braunkehlchen, Schafstelze und Wiesenpieper halten weiter an. Auch wenn (leider) keine konkreten Bestandszahlen von vor einigen Jahren vorliegen, stimmt folgende Behauptung wohl doch: einige Gebiete wie der Roeserbann wurden vom Braunkehlchen während der letzten Jahre komplett aufgegeben, und die Bestände der Schafstelze waren im Oesling auch dichter als heutzutage. Der Wiesenpieper ist eigentlich die Art, von der immer angenommen wurde, daß sie noch häufig sei, doch sind die Bestände bei weitem nicht so hoch wie angenommen.
 Gerade weil in Luxemburg Schafstelze, Braunkehlchen und Wiesenpieper immer seltener werden, muß etwas getan werden, wenn man nicht will, daß diese Arten bald aussterben. Ein Lichtblick könnte die EU-Verordnung 2078/92 sein. Die hier vorgeschlagenen landwirtschaftlichen Extensivierungsprogramme könnten eine äußerst positive Rolle spielen, aber nur, wenn sie auch tatsächlich umgesetzt werden.

Danksagung
Das Projekt wurde finanziell vom ”Musée National d'Histoire Naturelle” gefördert. Für die kritische Durchsicht des Manuskripts sowie für die wertvolle Hilfe bei der Auswertung bedanke ich mich bei T. Conzemius, Ed. Melchior, M. Moes, R. Peltzer und J. Weiss. Ein besonderer Dank geht an R. Peltzer für die minutiöse Datenverarbeitung am PC und an G. Bechet für seine Hilfe bei der Auswertung der Biotopausstattung. Nicht zu vergessen sind aber alle die Mitarbeiter der AG Feldornithologie, die für die Feldaufnahmen verantwortlich waren. Ohne ihre aufwendige Mithilfe wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen.

Literatur
BASTIAN, H.-V. & A. BASTIAN (1996): Das Braunkehlchen, Opfer der ausgeräumten Kulturlandschaft. Sammlung Vogelkunde. Wiesbaden: AULA-Verlag.
 BASTIAN, H.-V. & A. BASTIAN (1994): Bestände und Bestandstrends des Braunkehlchens Saxicola rubetra. Limicola 8 (1994): 242-270.
 BEZZEL, E. (1993): Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Singvögel,Wiesbaden: AULA- Verlag.
 GLUTZ VON BLOTZHEIM U. & K.M. BAUER (1988): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Wiesbaden: AULA-Verlag.
 HULTEN, M. & V. WASSENICH (1961): Die Vogelfauna Luxemburgs, Luxemburg
 JEDICKE, L. & E. JEDICKE (1992): Farbatlas der Landschaften und Biotoptypen Deutschlands. Stuttgart.
 MELCHIOR E., E. MENTGEN, R. PELTZER, R. SCHMITT & J. WEISS (1987): Atlas der Brutvögel Luxemburgs, Luxemburg