LNVL  -  Lëtzebuerger Natur- a Vulleschutzliga asbl
Veröffentlicht in Regulus (ISSN 1727-2122) 1947/2 S. 11-14
Zur Brutbiologie der Elster.

Biotop. Die Elster liebt die fruchtbare Ebene, in der Wiesen und Felder, mit Bäumen und Hecken mehr oder weniger durchsetzt, vorkommen. Sie nistet mit Vorliebe in Obstgärten, Parkanlagen, Feldhölzern, in Weiss- und Schwarzdornhecken, in hohen Fichten, auf Pappeln am Rande von Wegen und Bächen. Sie meidet das Gebirge und die von den menschlichen Ansiedelungen fern liegenden Gebiete. Sie ist überall im Luxemburgischen verbreitet. Ihre Dichte hängt von der mehr oder weniger intensiven Verfolgung von seiten des Menschen ab, denn wenn auch Wanderfalke, Habicht und Sperberweibchen sie jagen, so hilft ihre starke Nachkommenschaft leicht über die so geschlagenen Lücken hinweg.

Nestbau. Manchmal beginnt die Elster schon Ende Februar, gewöhnlich aber im März mit dem Nestbau. Beide Elterntiere beteiligen sich daran. Erst zu Beginn des Monats April wird es fertig gestellt. Dass ein Elsternpaar wie der Zaunkönig mehrere Nester anlegen und das am besten versteckte als Brutnest benutzen soll, ist eine Auffassung, die heute nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. Der Vogel baut, wie die meisten gefiederten Geschöpfe, nur ein Nest. Dieses steht ausnahmsweise unter Manneshöhe, gewöhnlich aber von 2,50 Meter bis zu 20 Meter und mehr über dem Boden. Als Unterlage findet man Dornreisig, das stark ineinander verflochten wird. Dann kommt eine starke Lehmschicht und schliesslich die Nestmulde, die in der Regel mit einer dichten Lage von Würzelchen ausgepolstert ist. Ab und zu sind letztere mit Tierhaaren untermischt. Das Ganze wird durch eine hoch gewölbte, durchsichtige Haube aus Dornen und Reisig geschützt, in der seitlich ein Einschlupfloch frei gelassen wird. Als Durchschnittsmasse der von mir studierten Elsternnestern habe ich festgestellt: Gesamtbreite inklusiv der Reiser 35, ohne Reiser 25, innere Breite 18, Gesamthöhe 22. Muldentiefe 12, Haube 40 X 27 cm. Manchmal findet man auch ein Nest ohne Haube. Entweder drängte dann die zuweit fortgeschrittene Zeit für die Anfertigung des Ersatznestes, oder die den Bau umgebenden Heckenreiser waren zu schwach, um eine Haube zu tragen. Wird während der Brutperiode ein Nest zerstört, so wird bereits anderntags mit dem Bau eines neuen begonnen.


Entfernung der Nester untereinander. Diese Entfernung hängt von der geeigneten Nistgelegenheit ab. Zwischen Bergem und Lameschmühle wurden 1943 einem Elsternpaar regelmässig die Eier weggenommen. Sein Nest II stand rund 350 m von Nest I entfernt, Nest III rund 180m von Nest II, Nest IV rund 400 m von Nest III und 50 m von Nest I. Wird die Brut nicht gestört, so wird im folgenden Jahre das Nest in dieselbe Hecke oder auf denselben Baum, oder in nächste Nähe des vorjährigen Brutplatzes gesetzt. So standen 1946 zu Frisingen von den Nestern von 17 Elsternpaaren 6 in derselben Hecke und 5 auf demselben Baum wie im Vorjahre. Die andern standen in der Nachbarschaft des vorjährigen Nestes. Von Nestern, die in derselben Hecke wie im Vorjahre standen, betrug die Entfernung zwischen dem neuen und dem alten Nest zwischen 0,50 bis 3 m. Bei Huncheringen stand 1945 ein Nest 2 m entfernt von Nest aus 1944 und 5 m von dem aus 1946. Bei Lameschmühle wurde 1947 das diesjährige Nest auf das vorjährige gebaut.

Auch die einzelnen Elsternpaare haben ein relativ kleines Brutgebiet. Nach «Vögel der Heimat» wurden im April 1939 bei Düdelingen folgende Entfernungen von Elsternnestern, die teils abgeschritten, teils abgeschätzt wurde, festgestellt:
I—II = ca 150 m Entfernung
II—III = ca 400 m Entfernung
II—IV = ca 300 m Entfernung
II—V = ca 200 m Entfernung
II—VI = ca 320 m Entfernung

IV—V = ca 250 m Entfernung
V—VI = ca 270 m Entfernung.
Alle Nester lagen unregelmässig strahlenförmig um Nest II. Die ungefähre Entfernung der 17, im Jahre 1946 auf dem Banne von Frisingen festgestellten Nester kann man an dem hier beigegebenen Plane ermessen; 1947 waren nur mehr 11 Paare vorhanden.
Hier der Standort der betreffenden Nester:
I = Alter Weiher;
II = Vorfräsch;
III = Hau;
IV = Ganderbrücke;
V = Schalbar;
VI = Irmöscht;
VII = Hagener Weg;
VIII = Reisch;
IX = Josten;
X = Klein;
XI = Obersten;
XII = Pesch;
XIII = Essen;
XIV = Ganderufer;
XV = Stoppel Atzungen;
XVI = in der Viehpferche gegenüber links von der Eisenbahn ;
XVII = nicht auf dem Plane vermerkt, im «Neuen Weiher»,

Eierzahl.
Dieselbe schwankt zwischen 4 und 7 Stück; ausnahmsweise werden acht Stück gelegt. Wird ein Gelege zerstört, so liegt schon am achten, spätestens am neunten Tage das erste Ei des Nachgeleges in dem neuen Nest. Legt also ein Weibchen 7 Eier, so braucht es 15—16 Tage zur Vollendung eines, neuen Geleges. In der ersten Hälfte Juni geht die Brutperiode zu Ende, und um diese Zeit wird nur mehr ein Gelege von 4 Stück gezeitigt. Da nun die Elster normalerweise Mitte April mit der Brut beginnt (ausnahmsweise wurde das erste Ei einmal am 29. März festgestellt), kann ein Weibchen es auf 7 Eier im April, 7 + 7 im Mai und 4 im Juni bringen, was ein Total von 25 Eiern pro Jahr ausmacht. Praktisch haben HEIN und ich diese theoretische Errechnung auf ihre Richtigkeit bei Lameschmühle erprobt. Das Resultat stimmte mit der errechneten Zahl überein.

Die Eier der Elster sind sehr verschieden in Zeichnung und Grundfarbe. Aber die desselben Weibchens gleichen sich genau, nur sind diejenigen der Nachgelege etwas grösser als die der vorhergehenden Gelege. Ueber die Stärke der Gelege gibt folgende Tabelle Aufschluss.

3 Eier hatten 1 Hauptgelege und 1 Nachgelege = Total 2 Gelege
4 1 3 4
5 3 0 3
6 13 2 15
7 12 3 15
8 4 0 4
Total 34 9 43
Das ergibt einen Durchschnitt von 264 : 43 = 6 Eiern pro Gelege.

Die Bebrütung setzt einen, bei grössern Gelegen mehrere Tage vor Vollendung des letztern ein. Das kann man schon daran feststellen, dass die Jungvögel an Grösse verschieden sind. Diese schlüpfen nach ca 18 Tagen Bebrütung, kommen wie alle Rabenvögel nackt und blind zur Welt und verraten beim Heranwachsen ihren Standort durch das Bettelgeschäcker.

Accipiter.

 

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