LNVL  -  Lëtzebuerger Natur- a Vulleschutzliga asbl
Veröffentlicht in Regulus (ISSN 1727-2122) 1977/10 S. 222-233

Zur Verbreitung des Rotmilans (Milvus milvus) in Luxemburg

von Raymond Peltzer

Einleitung

Seit jeher war wenig über das Brutvorkommen des Rotmilans in Luxemburg bekannt. So wundert es nicht, daß auch in rezenter Zeit noch die Meinungen in punkto Siedlungsdichte in Fachkreisen auseinandergingen. Da in unserer einheimischen Literatur bislang noch kein umfassender Überblick der Meinungen in Bezug auf das Brutvorkommen des Rotmilans bestand, erlauben wir uns anschließend einen solchen in chronologischer Reihenfolge zu veröffentlichen. Das Wort »Meinungen« sei hier hervorgestrichen, denn bis heute haben wir den Eindruck, daß uns — trotz diesbezüglicher Anstrengungen — die auf Brutbelegen fußende reelle Bestandesdichte noch immer nicht bekannt ist. Deswegen sind eben die Schätzungen immer noch wertvoll für uns, und der kritische Leser soll sich anhand bisher noch nicht veröffentlichten Materials (Peltzer R., 1970; Hulten M., 1972, sich beziehend auf 1961) eine Meinung über die verschiedenen Aussagen machen können. Gemäß den Richtlinien eines Artikels von R. Peltzer (1975) sollte man möglichst Wert darauf legen, zu wissen, was die Zahlen so »im Bauch« haben, wenn man sie nutzbringend verwenden will. Die Konfrontation dieser Siedlungsdichte-Schätzungen ruft automatisch eine vergleichende Diskussion auf den Plan, die wohl nicht ohne Hinweise auf die Problematik der Schätzungen in unserem speziellen Fall zu führen ist. Anschließend beschreiben wir die Anstrengungen die wir besonders seit 1972 machten, um unsere Kenntnisse über die Verbreitung dieses Vogels im Luxemburgischen zu verbessern. Zum Schluß stellen wir uns pro Revier die Frage: Was wissen wir bis Ende 1977 über die mögliche und sichere Brutverbreitung in Raum und Zeit?, mit besonderer Berücksichtigung der Nachforschungen seit 1972. Daß wir dabei weder Reviere noch Horste genau lokalisieren, ist auf die berechtigte Angst zurückzuführen, daß diese Art trotz des gesetzlichen Schutzes leider noch zu oft auf mannigfaltige Art verfolgt wird: so wurden Fälle bekannt von Aushorstungen, Zerstören und Beschießen besetzter Horste usw. Dies wollen wir nicht durch Indiskretion noch begünstigen, denn allein schon auf indirekte Art werden Milane oft genug Opfer an Hochspannungsleitungen, durch Vergiftung, Tellereisen usw.

Meinungen über das Brutvorkommen in chronologischer Reihenfolge

A. de la Fontaine (1865).
Folgendes Zitat von A. de la Fontaine ist bezeichnend für das Dilemma, in dem er sich befand, als er eine Aussage über die Siedlungsdichte des Rotmilans machen sollte:
« Quelques couples nichent assez regulièrement dans nos plaines et nos bois. . . Si la découverte d'un nid de milans est chose si rare, il faut croire encore que le talent avec lequel ils recelent leur demeure, en est une des causes principales; car en admettant que tous les milans que l'on rencontre pendant la saison des amours se reproduisent dans les lieux qu'ils habitent, la quantité de leurs nids proportionnée au nombre de couples atteindrait annuellement un chiffre assez respectable.»
Man wäre geneigt, diese Formulierung auch heute noch (oder wieder?) für gültig zu halten, so daß es den Anschein hat, seit hundert Jahren hätte sich nicht viel geändert. Ein Horstfund (Mertert: ca 1850) war zu diesem Zeitpunkt bekannt.

V. Ferrant (1926).
« Quelques rares couples restent irrégulièrement dans nos contrées pour s'y reproduire ...»
Zwei weitere Bruten (Strassen: 1873, Leudelange:1902) waren zu diesem Zeitpunkt bekannt.

J. Morbach (1932).
In H. Heim de Balsac (1932) finden wir folgende Aussage Morbachs:
« En Meurthe-et-Moselle le Milan (Milvus milvus) et le Milan noir (Milvus migrans) sont reproducteurs dans tout le Nord du département (districts de Briey, Longuyon, Longwy). On les trouve même dans les boisements qui chevauchent les frontières belge et luxembourgeoise. A ce titre au moins ils doivent figurer encore dans la faune nidificatrice du Luxembourg, bien que Morbach annonce leur disparition à peu près complète du Grand-Duché et que Ferrant s'exprime ainsi: ..... (Zitat siehe oben bei V. Ferrant). »

R. Schmitt (1960).
1960 drückte R. Schmitt sich noch vorsichtig über das Brutvorkommen aus. Abgesehen von vier älteren Vorkommen spricht er bei acht Gebieten von »Sommervorkommen nach 1940« und bei vier weiteren Orten von »vereinzelten Sommerfeststellungen ab 1955«. Bis zu diesem Zeitpunkt waren ein neuer Horstfund (Roedgen: 1960) und fünf andere Bruthinweise (meist flügge Junge) bekannt.

M. Hulten, V. Wassenich (1961).
Nach all diesen Feststellungen mußte folgendes Zitat über die Brutverbreitung des Rotmilans Aufsehen erregen:
»Ob es nun am damaligen Beobachtermangel liegt, oder ob die Gabelweihe wirklich in letzter Zeit (gegenüber den 20er und 30er Jahren) etwas zugenommen hat, ist nicht mit Sicherheit zu sagen. Jedenfalls läßt sich der gegenwärtige Bestand (verschiedenen im Süden des Landes durchgeführten Zählungen zufolge) ziemlich exakt auf ca. 40 Brutpaare berechnen.«
Daß anscheinend endlich Klarheit über die Verbreitung anstehen sollte, fand damals schon nicht die Zustimmung der anderen zeitgenössischen Fachkollegen. Hier ist es also höchst interessant, einen der beiden inzwischen verstorbenen Autoren (M. Hulten) zu Wort kommen zu lassen mit Auszügen eines Schreibens vom 2. 3. 1972 an R. Peltzer. Auch zu diesem Zeitpunkt war zumindest M. Hulten noch von der Richtigkeit der Hypothese Hulten/Wassenich überzeugt, und dieses Postskriptum enthält — trotz einer elfjährigen Zeitlücke — aufschlußreiche Angaben über ihr Zustandekommen.
»Beiliegend eine Aufstellung der Horstfunde und des Sommervorkommens der Art. . . man kann auch in etwa daraus ersehen wie die Schätzung der Brutpaare in »Die Vogelfauna Luxemburgs« zustande kam. Dabei wurden alle Sommervorkommen bis 1960 herangezogen und die Gebiete, aus denen überhaupt keine Meldungen vorlagen mit einkalkuliert (siehe Kantone Redingen, Mersch, Echternach, Diekirch, Wiltz und Clerf) .... So brütet z. B. die Art noch dort, wo sie im vorigen Jahrhundert horstete, wie bei Mertert-Münschecker. Dann wurde auf der Hochebene zwischen Differdingen und Lasauvage 1924 ein Jungvogel erlegt und 1957 stand daselbst ein Horst.«
Vor 1961 hatte M. Hulten folgende bisher noch nicht veröffentlichte Angabe über eine Brut archiviert: Keispelt-Meispelt 1957. Die Angabe der Veröffentlichung von Herber (1943) (Brutvorkommen bei Herborn 1937-42) taucht in diesem Schreiben zum ersten Mal auf. Beide Fälle wurden von keinem der nachfolgenden Bearbeiter verwendet.
Die im Schreiben zitierte Aufstellung wird beiliegend wiedergegeben, wobei der Übersicht halber nach dem Jahr 1960 eine Trennung eingebaut wurde, die im Original nicht gemacht war. Diese Trennung ermöglicht es, das Material, das nicht in »Die Vogelfauna Luxemburgs« mitverarbeitet werden konnte, mit einem Blick zu erfassen. Bei den Jahren sind gewöhnlich nur die Zehner und Einer eingetragen. Weitere benutzte Abkürzungen: H. = Horst; juv. = flügger Jungvogel; 3x = es lagen 3 Meldungen vor.

"Sommervorkommen (Anf. April bis Ende August) des Rotmilans in Luxemburg (Hulten M., 2.3.1972)
Nr. Orte Jahre bis 1960 1961-1968
Kanton Esch
1 Differdange-Lasauvage, Plateau 24 = juv., 56, 57 = H., 59
2 Roedgen-Cessange 07, 60 = H. 61, 67
3 Leudelange-Kockelscheuer-Gasperich 02, 05, 54 62
4 Abweiler-Bergem 57 = 2x ad. u. juv.
5 Roeser-Alzingen-Berchem 06, 40, 56 = 3x, 57 = 3x, 60 62, 67
6 Hellange-Dudelange-Bettembourg 44, 47, 53 = ad. u. juv., 54, 56, 57 = 2t, 59, 60 = 4x 63
7 Weiler-la-Tour-Frisange-Aspelt-Everange-Preisch 1900, 49, 54 = 2x, 55 65
Redange-Belval-Esch-Schifflange-Poteau de Kayl 45, 50, 54 = 4x, 55, 56, 57, 58, 59, 60 = 3x
Nondkeil-Ottange-Volmerange-Kayltal 44, 57 = ad. u. juv.
Kanton Remich
8 Welfrange-Filsdorf-Dahlheim 58, 60 67
9 Burmerange, Plateau 60 67, 68
Kanton Capellen
10 Bascharage-Sanem-Limpach 60 65, 67
11 Dippach-Bettange-Schouweiler 39
12 Mamer-Capellen-Bertrange 63, 67 = 2x, 68
13 Kahler-Hagen 42 68
14 Steinfort-Hobscheid-Körich-Windhof 25 62,65,68 = H.
15 Keispelt-Meispelt 57 = H., 60
16 Simmern-Greisch 53 = H.
Kanton Luxemburg
17 Strassen-Baumbusch 1873 = H., 03, 05
18 Medingen-Moutfort 60
Kanton Grevenmacher
19 Gostingen-Canach-Lenningen 39, 53, 54 61, 62
20 Junglinster-Marscherwald 62 = ad. u. juv., 68
21 Münschecker-Groestaen-Manternach-Mertert-Grevenmacher 1850 = H., 02, 40, 55, 58 = 3x, 59 = 5x 67 = 2x
22 Roodt/Syr jedes Jahr vertreten
Kanton Redange
23 Saeul-Tuntange, Plateau-Ansembourg 1885, 24 61, 62
24 Colpach 65, 66
Kanton Mersch
25 Mersch 58
26 Larochette-Schrondweiler 55
Kanton Echternach
27 Herborn 37-42 = H. 65
28 Born-Hinkel-Rosport 55 68
Kanton Diekirch -
Kanton Wiltz
29 Heiderscheid 65
30 Donkols-Kautenbach 2. Weltkrieg = 1 Paar
Kanton Clerf
31 Heisdorf-Wintger 58
32 Wilwerdange 67
33 Weiler-Troisvierges 67
34 Binsfeld-Heinerscheid-Fünfbrunnen 57 65 = 2x, 67
Kanton Vianden


J. Morbach (1963).
Morbach war der Meinung, daß »seit jener Zeit« (=1865) »die Zahl dieses Vogels bestimmt abgenommen« hatte.
»Seit ca. einem Dutzend Jahren häuften sich die Feldbeobachtungen dieses Vogels. Nicht, daß dessen Zahl größer geworden wäre. Vielmehr ist die Zahl der sich für die Vogelkunde interessierenden Beobachter angewachsen.«
Dieses Zitat ließe den Schluß zu, daß er sich von seiner früheren Meinung (siehe 1932) distanziert hätte. Die Zahl der Brutreviere schätzt er auf 16 unter Beobachtung folgender Richtlinien:
»Nimmt man eine bestimmte Gegend, in welcher zur Brutzeit ein Paar Gabelweihen verschiedentlich gesichtet wurde, als Brutrevier an, so dürften wir bei genügender Vorsicht diesen Vogel als Brüter auf dem Bann folgender Ortschaften notieren ... Ortschaften in der Nachbarschaft der erwähnten Lokalitäten, in denen der uns hier beschäftigende Vogel gesichtet wurde, möchte ich vorsichtshalber nicht als weitere Brutreviere ansehen, sondern als solche, die das Jagdrevier des Milans abrunden.«
Der Autor meldet einen neuen Horstfund (Differdange: 1957).

R. Peltzer (1970).
Dies war in etwa die Lage, als 1970 der Verfasser (als Leiter der A.G. Feldornithologie) dem Herausgeber des »Handbuch der Vögel Mitteleuropas« (Dr. U. N. Glutz von Blotzheim) möglichst genaue Angaben über die Brutverbreitung des Rotmilans in Luxemburg liefern sollte! Da die bisherigen Hypothesen voneinander abwichen, und da seit den letzten Synthesen viel neues Material hinzugekommen war, mußten sämtliche Feststellungen wiederum einer zusammenfassenden, zeitraubenden Bearbeitung unterworfen werden, um das Bild einer möglichen Brutverbreitung zu erhalten. Resultat, Methode und Bewertungsparameter wurden damals in folgendem Text zusammengefaßt:

»Erläuterungen zur Verbreitungskarte des Rotmilans in Luxemburg« (R. Peltzer, 1970)
Es wurden keine genauen Bestandsaufnahmen gemacht.
Nebenstehende Karte wurde also mit Hilfe der gesammelten Beobachtungen zusammengestellt. Da der Rotmilan ein sehr auffälliger und allgemein bekannter Vogel ist, mag dieses Bild schon repräsentativ für die Häufigkeit und Verbreitung hierzulande sein.
Mit Rücksicht auf das große Nahrungsrevier dieser Art wurde für jedes Paar ein Revier von ca. 5,5 km Radius angenommen. Obschon das Zentrum (=Horst) eines Reviers je nach den Jahren um etliche km auseinanderliegen kann, erkennt man doch gleich die bevorzugten Gegenden, die immer wieder besiedelt wurden. Nahezu alle Beobachtungen wurden innerhalb dieser Kreise oder in deren unmittelbarer Nähe gemacht und wurden je einem Paar zugeordnet. Bei einer tabellarischen Zusammenstellung dieser Angaben nach Jahren und Kreisen geordnet, findet man folgende Besonderleiten heraus: Wir haben keine Belege, daß folgende aneinandergrenzende Reviere nicht wechselweise von ein und demselben Paar besiedelt wurden:
Revier 1 und 2 (mit Ausnahme vielleicht von 1960)
Revier 3 und 4 (mit Ausnahme vielleicht von 1960)
Revier 5, 6 und 7
Revier 10, 11 und 12
Revier 13 und 14.
In der Tabelle wurden Feststellungen in verschiedenen Kreisen, die jedoch für das betreffende Jahr in einem anders zentrierten Kreis Platz finden könnten, besonders gezeichnet (unterstrichen).
Die Feststellungen wurden gemäß folgenden Kriterien in die Karte aufgenommen (Abkürzungen in der Tabelle):
O  Horstfund (auch zerstörte Horste)
1) Steinfort         
2) Roedgen         
3) Differdange         
4) Leudelange
5) Strassen
6) Mertert
OO  Paar mit flüggen Jungen beobachtet
X 2 Ex. (wahrscheinlich Paar) zwischen 1.5. — 31.7. festgestellt
= Einzelvögel zwischen 1.5. — 31.7. festgestellt.
Auf Karte und Tabelle fußend kann man also mit aller Strenge noch auf ein Minimum von 4 ± regelmäßig besetzten Revieren schließen (1 + 2, 3 + 4, 5 + 6 + 7, 10 + 11 + 12). Revier 13 + 14 wurde nicht genügend untersucht, um zu wissen, ob es regelmäßig besetzt ist. Reviere 8 und 9 sind wohl nur sporadisch besetzt. Nimmt man aber jeden Kreis als regelmäßig resp. sporadisch besetztes Revier an, so kommt man auf maximal 14 irgendwie durch Beobachtung angedeutete Vorkommen. Es mag das Unterschätzen der Reviergröße sein, das früher verschiedene Autoren zur Annahme einer viel größeren Häufigkeit führte (siehe HULTEN/WASSENICH: Die Vogelfauna Luxemburgs, 1961).«
Die Reviere auf Karte und Tabelle entsprechen folgenden Gegenden:
1) Differdange-Belvaux
2) Roedgen
3) Dudelange
4) Dahlheim
5) Canach
6) Manternach
7) Junglinster
8) Mersch
9) Kopstal
10) Saeul
11) Steinfort
12) Colpach
13) Winseler
14) Troisvierges

»Tabelle zum Brutvorkommen des Rotmilans in Luxemburg« (Peltzer R., 1970)

Revier Nr.: 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14
1969 = X X X
1968 = = 1) O
1967 = = X X X
1966 X X = =
1965 = = = =
1964 = =
1963 =
1962 = = = OO X
1961 = = = = =
1960 X 2)O X X X
1959 = =
1958 X X X =
1957 3)O X =
1956 = X
1955 = = = = =
1954 = X =
1953 X =
1952
1951
1950 =
1945 =
1942 = =
1940 = =
1939 =
1924 OO X
1905 = =
1903 =
1902 4)O
1873 5)O
1850? 6)O

Diese Übersicht ergab zusammengefaßt in Glutz von Blotzheim, Bauer & Bezzel (4, 1971) folgenden Text:
»Aus Luxemburg sind seit 1955 nur drei Horstfunde aus dem SW Landesteil bekannt. Genaue Bestandsaufnahmen fehlen, doch zeigt eine kritische Auswertung aller Beobachtungen, die sich fast ausschließlich auf die südliche Landeshälfte konzentrieren, daß HULTEN / WASSENICH (1960/61) den Bestand sicher zu optimistisch eingeschätzt haben.
R. PELTZER (briefl.) veranschlagt den derzeitigen Brutbestand auf Grund aller Beobachtungen der luxemburgischen Arbeitsgemeinschaft für Feldornithologie auf höchstens 14 Paare, wobei sich diese Zahl bei eingehenderen Erhebungen vielleicht nochmals als zu hoch erweisen könnte.«

Problematik der Schätzung der Siedlungsdichte beim Rotmilan

Beim Versuch, die Siedlungsdichte des Rotmilans nur anhand von Beobachtungen, also ohne Horstfunde, zu schätzen, steht man vor zwei Unbekannten: der Reviergröße und der Anzahl an Nichtbrütern in der Population. In punkto Reviergröße wurden im Ausland Studien gemacht. So fand Kenneweg (1962) (in Glutz von Blotzheim, Bauer & Bezzel, 4, 1971) als mittleren Durchmesser des Jagdgebietes eines Paares ca. 5 km; ein Paar jedoch hätte z.B. regelmäßig 8-10 km vom Horst entfernt gejagt (was einen Revierdurchmesser von ca. 20 km ergäbe!).
Im Revier Canach konnten J. und R. Peltzer 1972 einen Vogel bis 3 km Luftlinie vom Horst beobachten. V. Wassenich (1953) kam im Raum Dudelange-Bettembourg auf eine Reviergröße von 10-14 km Durchmesser aufgrund von Sichtbeobachtungen eines leicht erkennbaren mutmaßlichen Brutvogels.
Wie uns die Verbreitungskarte in Glutz von Blotzheim, Bauer & Bezzel (4, 1971) bestätigt, liegt unser Land in der Randzone des Verbreitungsgebietes des Rotmilans, was wohl heißen muß, daß hier der Lebensraum anfängt suboptimal für diese Art zu werden. Dies wiederum bringt eine kleinere Siedlungsdichte mit sich, weil die Jagdgebiete größer sein müssen. Würden wir also bei uns als Mittelwert ein Jagdgebiet von 10 km Durchmesser pro Paar annehmen — und vorausgesetzt der Horst stünde im Zentrum —, so könnte theoretisch jede 10 km ein Horst stehen. Sehen wir uns dann die bislang festgestellten Bruten in dem bei uns am dichtesten vom Rotmilan besiedelten Gebiet an, so scheint diese Hypothese ganz verfechtbar. Dies will natürlich nicht heißen, daß auch bei uns ausnahmsweise, besonders in günstigen Jahren, Horste näher beieinander stehen könnten.
Weit schwieriger aber ist das Schätzen der Anzahl von Nichtbrütern in der übersommernden Population, weshalb wohl auch noch keine Studien hierüber gemacht wurden. Hier kann uns vorläufig bloß ein aufs äußerste vereinfachtes Modell dazu verhelfen, irgendwelche Anhaltspunkte zur Schätzung des Anteils an Nichtbrütern in der Population zu erhalten. Wenn wir annehmen, ein Milan wäre nach 5 Jahren (A) voll »produktionsfähig« in punkto Nachwuchs, und er würde 15 Jahre (B) leben, so blieben ihm 10 Jahre, in denen er durchschnittlich je 1,5 flügge Jungvögel (C) pro Jahr produzieren könnte, also insgesamt 15. Von diesen würden nur 2 voll in den Fortpflanzungsprozeß eintreten können, um die beiden Eltern nach 15 Jahren zu ersetzen. Damit hätten wir ein Gleichgewicht in der Population, was aber auf der anderen Seite heißen würde, daß wir bis etwa zum Fortpflanzungsalter einen Verlust an Jungen von 15—2=13, d. h. ca. 86% (D), hätten! Dieses Modell scheint nicht ganz weit von der Wirklichkeit abzuweichen, denn in Glutz von Blotzheim, Bauer & Bezzel (4, 1971) finden wir folgende Angaben, die sich annähernd mit ihm decken:
(A) »Geschlechtsreife? Wahrscheinlich frühestens gegen Ende des 3. Lebensjahres«
(B) »2 Vögel sind im 15., je einer im 13., 14., 17., 18. und 22. Kalenderjahr wiedergefunden worden.«
(C) »Nachwuchsziffer von 0,5—2,4 (M 1,65) Jungen.«
(D) »Von den Wiederfunden deutscher Ringvögel fallen 84% in die 5 ersten Kalenderjahre.«
Würden die überzähligen Jungen alle bis zu 5 Jahren leben, so hätte man nach der nötigen Anlaufzeit je 7,5 Nichtbrüter pro Brutpaar. Nimmt man das wahrscheinlichere Durchschnittsalter von 2,5 Jahren für diese Kategorie Jungvögel, so sinkt das Verhältnis Nichtbrüter/ Brüter auf 3,7:2, d. h. es gäbe in einer bestimmten Population nicht gerade doppelt so viele unreife Nichtbrüter als Brüter. Diese theoretischen Überlegungen geben uns überhaupt erst eine Idee über ein mögliches Verhältnis der Nichtbrüter zu den Brutvögeln. In der Praxis aber sind diese Zusammenhänge viel komplexer und unübersichtlicher. Von nicht geschlechtsreifen Jungvögeln z. B. heißt es in Glutz von Blotzheim, Bauer & Bezzel (4, 1971):
»Einjährige Milane kehren nur selten ins Brutgebiet zurück. Ringfunde zeigen außerdem, daß auch 2-, teils sogar 3-jährige noch weit südlich vom Brutgebiet oder sogar im Winterquartier übersommern können. Bei den im Mai und Juni umherstreifenden Vögeln dürfte es sich vor allem um nicht fortpflanzungsfähige handeln.«
Das heißt, daß der Nachwuchs in unserem Modell sich nicht unbedingt am Geburtsort aufhalten muß. Mit derselben Logik werden aber wohl Jungvögel nordöstlicher Populationen bei uns übersommern (siehe hierzu Ringfunde), sodaß sich dieser Verlust möglicherweise ausgleicht. Ganz abgesehen davon, daß das numerische Verhältnis der Brüter zu den Nichtbrütern nicht jedes Jahr gleich sein muß, kommt bei uns noch ein Randgebieteffekt als zusätzliche Unbekannte hinzu. Unser Gebiet könnte vielleicht (zumindest vorübergehend) umso mehr Nichtbrüter anziehen, als es — am Rande der Brutverbreitung liegend — weniger dicht mit Brutpaaren besiedelt wäre als optimalere Regionen (z. B. Lothringen). Trotz dieser Einschränkungen geht man wohl kaum falsch in der Annahme, daß eine Population von Rotmilanen durchschnittlich mindestens soviele unreife wie reife Vögel enthalten muß. Es ist klar, daß es sich hier nur um einen (niedrig angesetzten) Durchschnitt handeln kann, der nach dem Ausfliegen der neuen Generation jeweils Anfang August einen Höhepunkt erreicht.
Bei Schätzungen tauchen nicht nur räumliche, sondern auch zeitliche Probleme auf. Hier kann es vom einmaligen über das sporadische Vorkommen bis hin zur Dauerbesiedlung alle Varianten geben, und beim Versuch, die Frequenz des Vorkommens in eine dieser Gruppen unterzubringen, treten immer Härtefälle auf, ganz abgesehen davon, daß man sich nicht immer über die Grenze zwischen zwei Gruppen einig wird. Da man aber im günstigsten Fall — also bei Horstfunden — pro Revier eine Reihe von Jahren braucht, um permanente oder sporadische Besiedlungen voneinander zu trennen, ist es klar, daß man bei Schätzungen, die überdies teilweise auf Zufallsbeobachtungen fußen, diese Nuancierung nicht machen kann. Dieser Umstand bringt es dann mit sich, daß der normale Bestand an Brutpaaren überschätzt wird. Möglicherweise kann auch noch eine langfristige Zu- oder Abnahme der Population mitspielen, die dann das Verarbeiten älterer Feststellungen noch problematischer gestaltet. Wir sehen also, daß man die beiden Begriffe Brutverbreitung und Siedlungsdichte nicht vermischen kann, und daß alles, was wir mit dem Fachausdruck »Brutverbreitung« bezeichnen, nichts als Brutreviere, ohne Berücksichtigung der Regelmäßigkeit des Vorkommens, darstellt.



Vergleich zwischen vier Schätzungen der Siedlungsdichte des Rotmilans

Die beiliegenden vier Verbreitungskärtchen (siehe Seite 230) wurden im selben Maßstab speziell zu Vergleichszwecken hergestellt. Die Karte von R. Schmitt (1960) stammt aus der betreffenden Veröffentlichung. Diejenige von J. Morbach (1963) wurde samt der Numerierung aufgrund der Liste aus seinem Buch gezeichnet. Die Numerierung der Reviere bei M. Hulten (1972) und R. Peltzer (1970) entspricht den hier veröffentlichten Tabellen. Die großen Kreise entsprechen einem Revierdurchmesser von ca. 10 km, die kleinen einem solchen von ca. 5 km.
Von den Überlegungen des vorigen Kapitels ausgehend, wird man die eingangs zitierten Schätzungen leichter analysieren können. Mit Ausnahme des Verfassers hat wohl keiner der Autoren der Anwesenheit von Nichtbrütern richtig Rechnung getragen. Bei A. de la Fontaine kommt dies jedoch indirekt zum Vorschein, wenn ihm die hohe Anzahl anwesender Milane im Vergleich zu den wenigen gefundenen Horsten auffällt, obschon er die Ursache eher in den gut versteckten Horsten sieht. Wie wir mittlerweile feststellen konnten, sind diese mitunter auch schwer zu finden; im nahen Lothringen hingegen sind uns eine ganze Reihe von gut sichtbaren Horsten bekannt worden. Die Schätzungen von R. Schmitt, J. Morbach und R. Peltzer liegen auf den ersten Blick mit 16, 16 und 14 möglichen Brutrevieren zahlenmäßig zwar sehr nahe beieinander, sind in Wirklichkeit aber nicht gleichwertig. So liegen die 8 Reviere Nr. 2 bis 9 von J. Morbach auf einem klein umgrenzten Raum im Süden des Landes, allwo R. Schmitt nur 5 (davon 3 rezente) Vorkommen sieht und R. Peltzer nur 3. Im Oesling gibt allein J. Morbach keinen Fall an. Was die Verbreitungskarte von M. Hulten anbelangt, so ist sie nur plausibel bei einem angenommenen Revierdurchmesser von ca. 5 km, was umso erstaunlicher ist, als einer der beiden Autoren (V. Wassenich, 1953) von einer Reviergröße von wenigstens 10 km sprach. Außerdem sind die sogenannten »Zählungen im Süden des Landes« nicht ganz wörtlich zu nehmen: es konnte sich hier nur um das Auszählen und Zuordnen von Gelegenheitsbeobachtungen handeln. Später (1972) schreibt M. Hulten auch nur mehr von »Schätzung«, bei der »alle Sommervorkommen« berücksichtigt wurden. Bei dieser Methode kann natürlich das nicht berücksichtigte Vorhandensein von Nichtbrütern im Sommer die Schätzung zusätzlich verfälschen. Würden wir nämlich die 40 Brutpaare der Hypothese von Hulten/Wassenich in unser Modell einsetzen, so kämen wir auf folgende Anzahl von Milanen: 2x40=80 Altvögel; zusätzlich ebenso viele Nichtbrüter (= insgesamt 160) und 40x1,5 = 60 flügge Junge, was uns also Anfang August als Maximum gut 200 Rotmilane in Luxemburg bescheren würde! Es ist offensichtlich, daß dies noch nie der Fall war, denn diese Anzahl ergäbe, bei gleichmäßiger Verbreitung, simultan jede 3-3,5 km ein Exemplar! Korrigiert man den durch die angenommenen Nichtbrüter entstandenen Fehler, so käme man etwa auf 20 Paare, eine Zahl, die schon bedeutend näher bei derjenigen der übrigen Autoren liegt.
Ebenso würde sich die Zahl der Reviere durch das Vergrößern des Revierdurchmessers wohl auch auf die Hälfte reduzieren lassen. Außerdem hat M. Hulten zur Definition seines Sommervorkommens die Monate April bis August genommen, im Gegensatz zu R. Peltzer, der hierfür bloß die Monate Mai bis Juli verwendet. Die Wahrscheinlichkeit, daß eine Einzelbeobachtung in den Monaten April und August sich auf einen Brutvogel in seinem Revier bezieht, ist kleiner als in den Monaten Mai bis Juli, also wohl kleiner als 1 :2, aus folgenden Gründen: Vögel, die im April noch nicht ansässig sind, können an mehreren Orten gesichtet werden, und Vögel, deren Brut gestört wurde, können (mit oder ohne Junge) im August an mehreren Orten erscheinen. Außerdem werden in diesen zwei Monaten, zusätzlich zu den übersommernden, umherstreifenden Milanen, noch (respektiv schon) Durchzügler zu erwarten sein. Weiterhin kann man aus der Tabelle von M. Hulten folgendes ersehen: die Orte Redange und Nondkeil sind nicht numeriert, wohl weil diese Gegend gut unter Kontrolle stand, und weil man ziemlich sicher war, daß er dort nicht brütete. Außerdem stellt die Angabe bei Nondkeil: »57 = ad. u. juv.« folgende Beobachtung von Emmerich / Schlesser dar: »26.5. 1 ad. und 2 juv. bei Öttingen«, die kaum als Bruthinweis gewertet werden kann. Von den Revieren 12, 20, 24, 29, 32 und 33 war 1961 noch nichts bekannt, sodaß zu diesem Zeitpunkt bloß Angaben über 28 Örtlichkeiten vorlagen. Der Rest wurde von Hulten/Wassenich »mit einkalkuliert«. Sie waren übrigens die einzigen, die diese Methode angewendet haben. Bei R. Schmitt findet man 1960 noch: »Es wäre jedoch verwegen, zu schließen, das Vorkommen beschränke sich auf die angeführten Räume«. Mittlerweile hatte die Zahl der Beobachter jedoch zugenommen, und auch der Einsatz des Automobils verbreitete sich in Ornithologenkreisen immer mehr. Trotzdem änderte sich das Verbreitungsbild bis 1970/72 kaum nennenswert, sodaß man sich mit Recht die Frage stellen konnte, ob ein Gebiet ohne Meldung ganz einfach nicht besiedelt war. Hier differieren die Arbeitsweisen also grundsätzlich: einerseits haben wir die Regel, ein Gebiet würde erst dann als besiedelt betrachtet, wenn irgendwelche Beweise dafür vorlägen, und andererseits die Annahme von Hulten /Wassenich, der ganze Raum wäre besiedelt, und man könne nur dann glauben, ein Teil sei nicht besiedelt, wenn dies nachgewiesen sei. Letzteres ist — wenn überhaupt — schwer nachweisbar wegen der Anwesenheit von Nichtbrütern, weshalb die Methode von Hulten/Wassenich in unserem Fall wenig glaubwürdige Resultate bringt. All diese Unterschiede in Konzept und Aufklärung erklären, warum die Schätzung von R. Peltzer trotz der Verwertung von zusätzlich 9 Jahren Beobachtungen zu einer geringeren Zahl an geschätzten Revieren kommt als Hulten/Wassenich an Paaren.

Zur Brutverbreitung des Rotmilans (Milvus milvus) in Luxemburg (2. Teil)
Veröffentlicht in Regulus (ISSN 1727-2122) 1978/14 S. 332-337

Milan-»Zählung« von 1972

Auf Vorschlag von M. Hulten und angesichts der im ersten Teil dieses Artikels geschilderten Lage wurden sich unsere Feldornithologen einig, im Jahre 1972 größere Anstrengungen zur Klärung offenstehender Fragen über das Brutvorkommen des Rotmilans zu machen. R. Peltzer wurde mit der Koordination dieses Unternehmens betraut. Da die Milane auffällige und verhältnismäßig leicht bestimmbare Vögel sind, wurde versucht ebenfalls Informationen von sonstigen Naturfreunden und -kennern mitzuverwerten. Aus dieser Ursache mußte diese Aktion gleich auf beide Milan-Arten ausgedehnt werden. Weil dies unser bisher größtes Unternehmen dieser Art war, wollen wir Organisation, Ablauf und Resultate etwas näher analysieren. Drei verschiedene Mitarbeiterkreise wurden gleichzeitig angesprochen, deren Meldungen später in der Auswertung auch zum Teil getrennt behandelt werden, und zwar wegen der Zuverläßigkeit der Meldungen.

Arbeitsgruppe Feldornithologie

Zweieinhalb Seiten organisatorischer Mitteilungen und ebensoviel Seiten mit genauen Angaben über Verhaltensweisen unserer beiden Milan-Arten wurden unseren Mitarbeitern ausgehändigt. Ferner stellte R. Schmitt einen Fragebogen mit 16 Fragen nebst Begleitschreiben zusammen, der in doppelter Ausfertigung verteilt wurde: der erste sollte bis zum 25.5., der zweite vor Ende Juni eingesandt werden. Einige Mitarbeiter übernahmen die Überwachung folgender Gegenden:
Clemency - Obercorn: Pelles A., Walesch M.
Kehlen - Mondercange - Bettembourg - Roeserbann: Magar N., Melchior E., Neys R.
Bergem (Mettendall): Gall W.
Garnich - Mamer - Leudelange: Heirens J., Schoos R.
Keispelt: Dupong J.-P.
Roedgen - Luxembourg: Rassel P.
Gruenewald: Faber M.
Junglinster - Mersch: Diederich J., Weiss J.
Ettelbrück: Knoch N.
Beaufort: Schmitt R.
Manternach - Flaxweiler - Lenningen: Mentgen E.
Syrtal: Wassenich V.
Die eventuelle Nachprüfung von Meldungen, besonders aus Landesteilen, die keinem Bearbeiter zugeordnet waren, oblag R. Peltzer. Die beim Überwachen der verschiedenen Gebiete geleistete Arbeit ist schwer zu schätzen, wohl aber nicht gering. Um einen Anhaltspunkt hierüber zu haben, seien folgende Zahlen aus den Arbeitsprotokollen von R. Peltzer herausgegriffen: auf der Suche nach Rotmilanen wurden von Ende März bis Mitte Juni 1972 allein von ihm in über 50 Autofahrten durch verschiedene Landesteile rund 4000 km zurückgelegt. Man könnte dies als verhältnismäßig wenig ansehen; hierzu ist jedoch zu bemerken, daß diese Arbeit auf Freiwilligen-Basis beruht, und daß jeder Mitarbeiter die bei ihm anfallenden Unkosten integral selbst trägt! Die dabei entwickelte Tätigkeit ging von der Beobachtung über systematische Horstsuche bis zur motorisierten Verfolgung einzelner Milane mittels Sprechfunk, was in dem meist hügeligen Gelände gar nicht so einfach ist! An letzteren Tätigkeiten waren besonders Peltzer J., dann auch Mentgen E., Poos J., Schmitt R., Schoos R. und Weiss J. beteiligt.
Von nachstehenden Mitgliedern der Arbeitsgruppe Feldornithologie wurden insgesamt 109 Beobachtungen, das Jahr 1972 betreffend, gemeldet. Zu dieser Gruppe zählten auch einige Vereinsmitglieder, die uns regelmäßig Angaben lieferten, ohne zum engeren Kreis unserer Arbeitsgruppe zu gehören.
Arend R., Assa R., Demuth T., Diederich J., Dupong J.P., Faber T., Filbig F., Gall W., Gehlhausen M., Heirens J., Hulten M., Magar N., Meisch G., Melchior E., Mentgen E., Paler N., Pelles A., Peltzer J., Peltzer R., Rassel P., Mme M. Reinard, Schlesser A., Schmit M., Schmitt J., Schmitt R., Schmitz J.P., Schoos R., Schroeder N., Thill J., Useldinger F., Wagner G., Walesch M., Wassenich V., Weiler J.P., Weiss J.

Forstverwaltung

Zuvorkommenderweise übernahm die Forstverwaltung die Verteilung des vorhin zitierten Fragebogens an die verschiedenen Forstbeamten sowie das Einsammeln derselben. Dies ermöglichte getrennte Antworten für Vorkommen des Jahres 1972 und solche der vorhergehenden Jahre. Auf den Fragebogen erreichten uns insgesamt 105 Meldungen; 41 betrafen das Jahr 1972, darunter negative Meldungen aus 13 Forstrevieren. Folgende Forstbeamten, denen wir hier unseren Dank für ihre interessante Mitarbeit aussprechen wollen, waren daran beteiligt:
Anen E., Bisenius G., Bissen G., Braquet P., de Waha J., Even J.P., Ewert G., Flesch P., Fohl G., Fonck A., Grüneisen G., Grüneisen N., Heiderscheid R., Helbach J., Heynen P., Hoffmann P., Hollerich J., Lommel E., Ludewig G., Mayer E., Müller J., Plumer J., Prim G., Rassel G., Reiser M., Reuter P., Roth G, Schmartz P., Schmit E., Schon P., Schummers E., Siedler T., Simon J.P., Stammet J., Streng G., Theisen J., Thillen R., Valerius J.P., Versall J., Wagener F., Welbes F., Weydert A., Weyrich G., Winandy P., Wolff J., Wolff L., Reviere Differdange, Hosingen und Perlé.

Sonstige Meldungen

Für die übrigen Naturfreunde wurden Aufrufe in Tages- und Fachpresse veröffentlicht. In folgenden Zeitungen erschien ein Artikel mit den Flugbildern der beiden Milan-Arten unter dem Titel - »Volkszählung« der Milane in Luxemburg. Ein Aufruf zur Mitarbeit. -:
Allen Redaktionen gilt unser Dank für die unentgeltliche Veröffentlichung unseres Artikels!

Insgesamt 63 Beobachtungen wurden uns übermittelt, davon 51 betreffend 1972. Viele davon erreichten uns direkt telefonisch, oder aber über den Umweg eines Mitgliedes unserer Arbeitsgruppe Dies zeigt uns, daß viele Leute nicht gern zur Feder greifen, sondern die Möglichkeit einer telefonischen Verbindung gerne wahrnehmen. Diese Erfahrung sollte in Zukunft bei ähnlichen Vorhaben berücksichtigt werden. Folgenden Personen sind wir für ihre Meldungen zu Dank verpflichtet:
Bernard, Bettendorf J.P., Bettendorf J., Clemens B., Collart H., Damme, Dauffenbach W., Ditsch L., Doemer E., Erschens J., Espen G., Goergen P., Greisen J., Hoffmann M., I.K.H. Exkönigin von Rumänien, Hornick P., Leurs J., Lichtfus L., Linster R., Ludewig, Marx G., Meris R., Mootz M., Nickels L., Niederweis A., Oly J., Pierret R., Schaul G., Schütz J., Schmit G., Schmit N., Steffen M., Steyer E., Stoll N., Thewes A., Thill R., Tholl M.-T., Wagner A., Weis P., Wolff F.

Quellen von Irrtümern

In den Fällen, wo eine Meldung von Forstbeamten (Gruppe 2) oder Drittpersonen (Gruppe 3) irgendwie mehr als eine Interpretation zuließ, wurde dem Melder seine Information - so wie sie verstanden worden war - zugesandt, und in einem Begleitschreiben wurde er gebeten, sie verbessert zurückzuschicken, falls sich ein Fehler darin befand. Ein Irrtum in der Interpretation konnte trotz dieser Methode nicht nachgewiesen werden. Die Beobachtungen der Gruppe 1 (Feldornithologie) sind als zuverläßig zu betrachten: jedenfalls wurde kein Irrtum bekannt. Bei der Gruppe 2 konnte vereinzelt bei negativen Meldungen herausgefunden werden, daß mit Sicherheit Rotmilane vorhanden waren. Bei der Gruppe 3 sind Verwechslungen zwischen Schwarz- und Rotmilan möglich. Verwechslungen mit anderen Greifvögeln sind jedoch auch nicht auszuschließen! Für zurückliegende Meldungen können auch Zeitpunkt und Örtlichkeit zu Ungenauigkeiten Anlaß geben. Letztere Irrtumsmöglichkeiten können teilweise auch für die Gruppe 2 zutreffen, aus diesen Ursachen wurde das Material, diesen Zuverlässigkeits-Kategorien gemäß, getrennt behandelt.

Resultat

Wenn man den Aufwand in Betracht zieht, war das Resultat eigentlich enttäuschend klein: alles in allem konnten (bezeichnenderweise von Beringern) zwei Horste gefunden werden! Hinzuzählen kann man noch einen Bruthinweis: ein verunglückter Jungvogel (Le Républicain Lorrain vom 27.6.72 mit Photo als »buse pattue« angeführt, von A. Pelles jedoch als Rotmilan bestätigt), der aber keineswegs eine Frucht unseres Unternehmens war! Wir waren also gezwungen, unsere Nachforschungen auch in den folgenden Jahren fortzuführen, bevor wir mit einer halbwegs brauchbaren Veröffentlichung rechnen konnten.

Bestandsentwicklung

Es lagen bis einschließlich 1976 mehr als tausend Meldungen über den Rotmilan vor. Ab 1954 erst waren die Beobachtungen regelmäßig und zahlreich genug, um eine statistische Auswertung zu ermöglichen. Zur Erfassung von möglichen Bestandsschwankungen interessiert uns nur die Brutperiode, und so wurden ausschließlich die Beobachtungen der Monate Mai bis Juli ausgewertet, was die Anzahl auf ca. ein Drittel reduzierte.
Seltsamerweise fällt die Hälfte der Feststellungen in den Monat Mai. Juni und Juli folgen dann mit mehr oder weniger einem Viertel der Meldungen. Die Ursachen hierfür sind unbekannt, könnten aber in gleichzeitigen, jahrzeitlichen bedingten Verhaltensänderungen von Ornithologen und Milanen zu suchen sein. Die Feldornithologen sind wohl bei Anbruch der guten Jahreszeit aktiver, als später im Jahr, wenn es schon langsam auf den Urlaub zu geht. Das Nahrungsrevier ist zu Beginn der Brutperiode möglicherweise größer (geringere Beutedichte), als später, und je mehr die Beweglichkeit zunimmt, umso größer sind die Beobachtungsmöglichkeiten.
Um aus der Zahl der »Kontakte« (=Beobachtungen von Milanen) Informationen über mögliche Bestandsschwankungen herausfinden zu können, wurden die Beobachtungen der Jahre 1954 bis 1976, soweit sie notiert und uns bekannt wurden, gezählt. Beobachtungen in einem Brutrevier nach Horstfund wurden nicht miteingerechnet, weil sie unter Umständen so zahlreich sein können, daß sie die Statistik verfälschen. Für 1972 wurden nur die von Mitgliedern unserer Arbeitsgruppe stammenden Beobachtungen berücksichtigt, weil diese auch in den anderen Jahren fast ausschließlich das Datenmaterial lieferten. Die Gesamtzahl der auf diese Art erhaltenen Meldungen wurde getrennt pro Jahr grafisch wiedergegeben, und die jeweilige Anzahl der Melder wurde parallel dazu eingesetzt (Abb. 1).



Punkte: Zahl der Meldungen in den Monaten Mai-Juli (Durchschnitte:........)
Stäbe: Zahl der Beobachter, die diese Meldungen machten (Durchschnitte: ----------)
Points: nombre d'observations de mai à juillet (moyennes:.........)
Bâtons: nombre d'observateurs qui ont fait ces observations (moyennes: ----------)

Schon beim oberflächlichen Betrachten der Kurve stechen einige Besonderheiten gleich ins Auge. Die Tendenz der Kurve der Beobachtungen von 1954 bis 1968 ist ganz verschieden von derjenigen von 1969 bis 1976: für die erste Periode hat man im Mittel ca. 6 Meldungen, für die zweite - ohne die außergewöhnlichen Spitzen von 1972 und 1975 zu berücksichtigen — ein Mittel von ca. 21 Beobachtungen. Das sind rund 3,5 Mal soviel Meldungen, was uns jedoch nicht zu voreiligen Schlußfolgerungen fuhren soll. Ab Ende der sechziger Jahre (1967: offizielle Gründung der Arbeitsgruppe Feldornithologie!) nahm die Zahl der Beobachter nämlich stark zu: lag die Durchschnittszahl der Melder bei 3,5 in der Periode 1954-68, so war sie ca. 9,5 von 1969-76 (ohne 1972 und 1975), also auch fast dreimal so hoch. Demnach kann man jedenfalls nicht ohne weiteres schlußfolgern, der Rotmilan habe seit einem Jahrzehnt bei uns zugenommen, sondern allem Anschein nach wird diese Zunahme durch die größere Anzahl von Beobachtern vorgetäuscht.
Die Spitze für das Jahr 1972 war zu erwarten, da in jenem Jahr besondere Anstrengungen gemacht wurden, die dann eine Verdreifachung der Beobachtungen im Verhältnis zum Mittel der umliegenden Jahre ausmacht. Der Aufwand mag aber auch dreimal so groß gewesen sein, obschon die Anzahl der Beobachter sich nur verdoppelt hatte.
Ganz aus dem Rahmen jedoch fällt das Jahr 1975 mit 85 Beobachtungen. Verglichen mit den Durchschnitten der umliegenden Jahre ist es eine viermal so hohe Anzahl von Beobachtungen bei einer Verdoppelung der Zahl der Melder. Da unsererseits keine spezielle Aktion in diesem Jahr unternommen wurde, kann man eher annehmen, daß die höhere Zahl an Meldungen durch die stärkere Präsenz dieser Art zustande kam, als umgekehrt. Auffallenderweise trat im nördlich an uns grenzenden Ostbelgien die gleiche Erscheinung zutage als bei uns (Wiesemes, 1976): im Vergleich zum Durchschnitt der 5 Vorjahre konnten 1975 dort ebenfalls ca. viermal soviel Meldungen des Rotmilans registriert werden! In Luxemburg kamen die Meldungen aus den verschiedensten Landesteilen, und es scheint uns keine andere Erklärung möglich, als ein vermehrtes Auftreten des Rotmilans bei uns. Dies soll jedoch keineswegs heißen, es haben mehr oder gar bedeutend mehr Paare bei uns gebrütet als sonst! Es wurden nämlich nicht mehr Hinweise auf erfolgreiche Bruten gemeldet, als in den umliegenden Jahren. Es könnte sich also um eine besonders starke Welle von übersommernden und möglicherweise viel umherstreifenden Jungvögeln anderer Gebiete gehandelt haben, denn auch in den Vorjahren war bei uns nichts von ungewohnt starkem Bruterfolg bekannt geworden.
Jedenfalls sind nachweisbar nichtbrütende Jungvögel anderer Gegenden in der Brutzeit bei uns anzutreffen, wie aus folgendem Ringfund hervorgeht: ein nestjung in der DDR beringter Rotmilan wurde im Juni seines ersten Lebensjahres (1974) tot bei uns gefunden (HIDDENSEE 318178). Augenblicklich lässt sich kaum mehr hierzu sagen. Hat man in einigen Jahren genügend Distanz zu diesem Problem gewonnen und mehr Informationen aus dem Ausland über Schwankungen der Rotmilanbestände in Erfahrung bringen können, so wird man noch einmal darauf zurückkommen müssen.
Im Jahre 1976 war die Zahl der Beobachtungen wiederum als »normal« zu bezeichnen. In Wirklichkeit war sie etwas höher, als in den normalen Vorjahren, was man auf den Beginn der Arbeiten zum »Atlas der Brutvögel Luxemburgs« zurückfuhren kann: diese Tätigkeit bringt nämlich eine verstärkte Präsenz der Ornithologen im Felde während der Brutzeit mit sich. Hier hätte man also eher mit einer »Spitze« gerechnet als 1975!
Hält man diese indirekte Erfassung von Bestandsschwankungen beim Rotmilan für brauchbar, so gibt es keine triftigen Gründe, annehmen zu können, der Bestand an Brutpaaren hätte während der letzten zwei Jahrzehnte hierzulande bemerkenswert nach oben oder unten variiert. Diese Feststellung ist wichtig, wenn man die vier Schätzungen, die zwischen 1960 und 1972 (siehe Teil 1) gemacht wurden, vergleichen will.

Zur Brutverbreitung des Rotmilans (Milvus milvus) in Luxemburg (3. Teil)
Veröffentlicht in Regulus (ISSN 1727-2122) 1981/1 S.72-77

I. Brutvorkommen in Raum und Zeit
Waren bis zum Bericht R. Peltzer von 1970 nur etwa ein halbes Dutzend Horstfunde bekannt, so sollten unsere Anstrengungen bis einschließlich 1980 mehr als 40 zusätzliche Informationen über Horstfunde sowie ein Dutzend Angaben über flügge Jungvögel einbringen: ab 1971 verging kein Jahr, indem nicht wenigstens eine Brut gemeldet wurde, mit einem Maximum von 7 Horsten für 1979. Allen die hierzu beigetragen haben gilt unser herzlicher Dank (Namen siehe auch Teil 2). Den Regionalbearbeitern des Brutvogelatlas ein spezieller Dank für die kritische Durchsicht des Manuskripts betr. das Vorkommen der Art!
Die nachstehende Aufzählung soll nicht den Eindruck erwecken, daß die Art früher weniger häufig gewesen sei (siehe Teil 1), denn eigentliche Nachforschungen wurden erst im letzten Jahrzehnt gemacht! Diejenigen Leute, die bei uns über den Rotmilan nachgeforscht haben, sind jedenfalls nicht verwundert, daß aus früheren Zeiten nicht mehr Brutbelege vorliegen. Denn sogar ein gezieltes Suchen gestaltet sich recht schwierig wegen des sehr unübersichtlichen Geländes; in der stark hügeligen und mit zahlreichen Wäldern und Wäldchen durchsetzten Landschaft entzieht sich ein tiefliegender Greifvogel wie der Milan immer wieder der Beobachtung. Darüber hinaus sind zahlreiche Horste sehr wenig sichtbar, sei es wegen des gut gewählten Standorts, wegen der verhältnismäßig geringen Größe des Horstes, oder wegen der stark mit Unterholz durchwachsenen, unwegsamen Waldteile, die von den Milanen bevorzugt werden.

Zur räumlichen Aufteilung

Um zu einer landschaftsgebundenen Beschreibung der Brutverbreitung des Rotmilans möglichst nahe zu kommen, wurde das Flußsystem als Basis gewählt. Auf diese Weise konnte das Land in 15 Teile aufgegliedert werden, wobei folgenden Kriterien Rechnung getragen wurde:
Obschon auch bei dieser »natürlichen« Aufteilung die eine oder andere Anpassung gemacht wurde, ist sie logischer als die oft angewandte administrative Einteilung (Länder, Kantone, Gemeinden usw.), die ja mit der Zeit ändern kann.
Mit dieser Aufteilung soll jedoch nicht bezweckt werden, Zusammenhänge zwischen Wasserläufen und Brutvorkommen beim Rotmilan aufzuspüren, denn bekanntlich ist der Rotmilan nicht in dem Maße an Wasserflächen gebunden wie z. B. der Schwarzmilan. Hingegen sind aber die Wasserläufe eine Ausdrucksform von Faktoren, die einen Einfluß auf das Vorkommen des Rotmilans haben, wie z.B. Klima (Temperatur, Niederschläge) oder geologischer Untergrund (enge bzw. breite Täter resp. Pflanzendecke). Der von den Wasserläufen geprägte landschaftliche Rahmen wirkt mitbestimmend auf weitere Faktoren, die in der Verbreitung des Rotmilans eine Rolle spielen: menschliche Siedlungsdichte, Ackerbau, Forstwirtschaft usw. Wenn auch die gewählte Aufteilung praktisch ist, so stellten sich doch etliche Probleme in Bezug auf die Zuordnung derjenigen Brutorte, die mehr oder weniger auf einer Wasserscheide lagen. Wenn bekannt, dann war das am meisten genutzte Jagdrevier ausschlaggebend für die Zuordnung. Manchmal wurde auch ein Zusammenhang mit Horstplätzen anderer Jahre in der gleichen Gegend gesucht. Die Ortsbezeichnungen »rechte« oder »linke« Tatseite sind immer in Laufrichtung des betroffenen Baches zu verstehen. Desgleichen wird der Teil zur Quelle hin als Oberlauf bezeichnet, im Gegensatz zum Untertauf, der in Mündungsrichtung liegt.



Zur zeitlichen Aufteilung

Alle uns bekannten Bruten und Bruthinweise konnten, Dank der wirksamen Mitarbeit unserer Atlas-Bearbeiter, bis 1980 einschließlich angeführt werden. Vereinzelte Sommervorkommen (April bis Juli) wurden prinzipiell nur dann angeführt, wenn mehr als fünf Feststellungen vorlagen. Alle Vorkommen von zwei und mehr Exemplaren (eventuell Paaren oder Familien) in den Monaten April bis Juli wurden angeführt, denn hier sind Bruten (eventuell fehlgeschlagene!) in dieser Gegend oft nicht auszuschließen. Interessante Hinweise im März oder August wurden nur ausnahmsweise herangezogen und dann jeweils als solche gekennzeichnet. Wurden besondere Nachforschungen in einer bestimmten Gegend angestellt, dann ist dies ebenfalls erwähnt. Dabei bleibt zu beachten, daß es durchaus möglich ist, daß trotz Nachforschungen ein besetzter Horst nicht gefunden wurde, denn erfahrungsgemäß sind diese in dem untersuchten Gebiet oft sehr schwer zu finden!
Die Feststellung, daß im April schon viele unserer Rotmilane brüten (siehe Brutbiologie), brachte es mit sich, daß die Vorkommen dieses Monats - im Gegensatz zur Statistik im ersten Teil des Artikels - auch für das Inventar der Brutvögel berücksichtigt wurden. Es sei noch bemerkt, daß eine nachträgliche Neuaufteilung dieser Statistik unter Berücksichtigung der Aprilbeobachtungen keine merklichen Änderungen ergab: alle Jahreswerte lagen proportional einfach höher und die Charakteristik der Kurve blieb erhalten. Dies hieße, daß man in der Praxis diesen Monat weglassen kann, ohne daß die Aussagekraft der Statistik darunter leiden müßte.


Inventar der Brutvorkommen

1) Chiers
1924 Juli: ein Ex. aus diesjähriger Brut, erlegt bei Differdingen (Welliong, in : Morbach, 1963)
1957 Trümmer eines Horstes, gefunden bei Differdingen, nach der Lasauvager Seite zu (Morbach, 1963)
1960 1x2 Ex.
1972 26. Juni: ein flügger Jungvogel verunglückt zwischen Beles und Oberkorn (Pelles); April-Mai: öfters 1 Ex. und 2x2 Ex.
1978 Juli: 3x2 Ex. und 1x9 Ex. im nördlichen Teil (Walesch). Ein Zusammenschluß mit einer Familie aus dem oberen Alzettetal ist hier möglich.
Obschon der Rotmilan regelmäßiger Brutvogel in der französischen Fortsetzung des Chierstales ist (Heim de Balsac, 1932, 1968), so brütet er doch nur selten im Quellgebiet der Chiers, und zwar gewöhnlich an der »Cuesta« der Doggerformation, d. h. dem bewaldeten Abfall des Plateau de Brie, die etwa an der südöstlichen Landesgrenze entlang läuft. Der Bruthinweis von 1978 im nördlichen Teil könnte von einem übergesiedelten Paar der oberen Eisch/Mamertäler stammen. Weitere Beobachtungen von Einzelvögeln in diesem Gebiet können meist in Zusammenhang gebracht werden mit Brutpaaren aus dem oberen Alzettetal.

2) Obere Alzette
Jahre, aus denen einige (6) Einzelbeobachtungen vorliegen: 1940, 1944-45, 1955, 1958-59, 1961-66, 1970-71, 1973.
1953 rechte Talseite: 1 Paar mit einem flüggen Jungen (Wassenich)
1954 rechte Talseite: 1 Paar mit 2 Jungen (Gall, Wassenich)
1956 April/Mai: 3x2 Ex. im Röserbann
1957 linke Talseite: 26.8. = 1 Paar mit 3 Jungen (Schlesser)
1960 linke Talseite: 2x2 Ex., 1972 1x2 Ex. und 10x1 Ex.
1974 linke Talseite: Horst (Peltzer Jos.)
1975 linke Talseite: 3x2 Ex., 17x1 Ex.
1976 linke Talseite: Paar mit flüggen Jungen (Melchior)
1977 linke Talseite: Paar mit flüggen Jungen (Melchior)
1978 linke Talseite: Paar mit flüggen Jungen (Wagner P.)
1979 linke Talseite: besetzter Horst (Wagner P.)
1980 linke Talseite: regelmäßig 1-2 Ex.
Vor allem der Höhenrücken zwischen Alzette- und Chierstal scheint besiedelt zu werden, abwechselnd mit dem Höhenrücken zwischen Mess und Cessingerbach. Die Gegend scheint mehr oder weniger regelmäßig von einem Paar besetzt zu sein.

3) Mittlere Alzette
Vereinzelte Exemplare wurden in folgenden Jahren gesehen: 1903, 1905, 1907, 1954, 1961, 1962, 1967-68, 1973. Wenn nicht näher angegeben, stammen die Meldungen immer von der südlichen linken Talseite.
1902 nistet im Leudelingerwald (Feltgen)
1960 Brut bei Roedgen (Kaufmann, in: Schmitt, 1960)
1966 im Mai 2x2 Ex. und 1x1 Ex.
1969 im April 1x2 Ex. und 4x1 Ex.
1970 11x1 Ex.
1971 Juli: 1 Paar mit 2 kaum flüggen Jungen (Schmitz J.P.)
1972 8x1 Ex.
1974 3x2 Ex. und 6x1 Ex. sowie 6x1 Ex. im nördlichen Teil
1975 1x2 Ex. und 5x1 Ex.
1976 2x2 Ex. und 3x1 Ex.
1977 2x2 Ex. und 7x1 Ex.
1978 7x1 Ex.
1979 4x1 Ex.; 1x2 Ex. im Juni im Röserbann
1980 30.3.=2 Ex. im Röserbann
Aus diesem Raum liegen nur wenige Brutbelege vor, und zwar von dem Höhenrücken zwischen Mess und Cessingerbach. Es spricht nichts dagegen, daß es sich jeweils um ein Paar handelt, das in anderen Jahren im oberen Alzettetal (2) brütete.

4) Untere Alzette
Vereinzelt wurden auch Rotmilane in folgenden Jahren gemeldet: 1955, 1971, 1973-74.
1958 2 Ex. im Mai über Mersch
1972 7x1 ex.
1975 mittlerer Teil: 2x2 Ex. südlicher Teil: 6x1 Ex.
1976 9x1 Ex.
1977 bis zu 7 Ex. im mittleren Teil (tr. Weiss J.)
1978 Ende Juni 2-3 Ex. im mittleren Teil und 1 ad. +1 juv. im nördlichen Teil (Weiss J.)
1979-80 je eine Brut im mittleren Teil (Conzemius, Hentgen, Weiss J.)
Nach vorliegenden Angaben zu urteilen, scheint kaum mehr als ein Brutpaar dieses Gebiet zu bewohnen. Die Frage, wie regelmäßig dieses Gebiet besiedelt wird, steht vorläufig noch offen.

5) Eisch und Mamer
Aus den Jahren 1960, 1971, 1974 und 1976 liegen auch Einzelbeobachtungen aus der Brutzeit vor.
1873 Horst bei Strassen(Ferrant)
1924 2x2Ex. bei Tüntingen
1953 Horst zwischen Simmern und Greisch (Mamer N.)
1957 Horst zwischen Keispelt und Meispelt (Beidler J.)
1962 Eischtal, links: 1x2 Ex. und 3x1 Ex.
1963 zwischen Eisch- und Mamertal: öfter 2 Ex., wahrscheinlich gestörte Brut (Dupong)
1964 Mamertal: öfter 2 Ex.
ca. 1967 Horst im Hirebösch bei Mamer, Wald, der inzwischen abgeholzt wurde (Versall)
1968 Horstreste bei Hobscheid (Schoos R.); Mamertal, links: 3x2 Ex.
1969 Eischtal, rechts: 2x2 Ex.; oberes Eischtal: 1x2 Ex., 3x1 Ex.
1970 oberes Eischtal: 1x2 Ex.; Mamertal: 7x1 Ex.
1972 oberes Eischtal: 2x2 Ex.; Mamertal: 6x1 Ex. und 1x2 +1 Ex.
1973 Eischtal, links: 1x2 Ex.; Mamertal: 4x1 Ex.
1975 Zwischen Eisch- und Mamertal: 2x2 Ex.; Mamertal: 3x1 Ex.; oberes Eischtal: 2x1 Ex.
1977 Brut zwischen Eisch- und Mamertal (Schoos R.)
1978 oberes Eischtal: Brut resp. Familie mit 2 juv. (Melchior, Weiss P.)
1979 oberes Eischtal: Horst (Schoos F.); oberes Mamertal: 3x2 Ex. und 1x1 Ex.; zwischen Mamer- und Eischtal: öfters 1 Ex.
1980 südlicher Teil: 2x2 Ex.; zwischen Mamer- und Eischtal: öfter 1-2 Ex.
Die oberen Teile von Eisch- und Mamertal scheinen mehr oder weniger regelmäßig von einem Brutpaar bewohnt zu sein. Die Wasserscheide zwischen Eisch und Mamer scheint hingegen nur sporadisch im mittleren Teil besiedelt zu sein.

6) Attert
Meldungen von Einzelexemplaren liegen desweiteren aus den Jahren 1959, 1961-62 und 1965-66 vor.
ca. 1965 Brut bei Tontelange in Belgien (Schütz, in: Mois, 1974)
1971 rechte Talseite: 4 Ex. Anfang April
1972 rechte Talseite: 5x2 Ex. und 12x1 Ex.; obere linke Talseite: 1x2 Ex. und 16x1 Ex.; untere linke Talseite: 2x2 Ex. und 2x1 Ex.; also anscheinend mindestens 3 Brutpaare
1973 Brut bei Tontelange in Belgien (Tricot, in: Mois, 1974) und auf der rechten Talseite (Guillaume); ferner wurden 5x1 Ex. und 1x2 Ex. gemeldet
1975 rechte Talseite: wahrscheinlich 2 erfolgreiche Bruten (2 Familien im Juni) (Walesch); an anderer Stelle noch 2x2 Ex., also möglicherweise ein drittes Paar
1976 linke Talseite: 1x2 Ex. im Mai
1977 2 Bruten auf der rechten Talseite und eine auf der linken
1978 auf der rechten Talseite 2 Horste, nur etwa 1 km voneinander entfernt und auf der linken Talseite eine Brut und wenigstens 1 Paar mit flüggen Jungen, vielleicht zwei (?)
1979 ein Horst und ein Paar mit flüggen Jungen sowie eine nicht geglückte Brut auf der rechten Talseite und eine Brut auf der linken Seite (Melchior, Peltzer R., Wagner P.)
1980 2 Bruten auf der linken Talseite; März/April = 2x2 Ex. auf der rechten Talseite.
Dieses verhältnismäßig breite Tal scheint demnach regelmäßig besiedelt zu sein, und zwar von 2-4 Brutpaaren. Wenn auch aus dem Zeitraum der Jahre vor 1971 kaum Bruthinweise vorliegen, so nehmen wir an, daß diese Lücke nicht auf die Abwesenheit der Art zurückzuführen ist, sondern vielmehr darauf, daß diese Gegend sehr wenig in ornithologischer Hinsicht untersucht wurde.
Für das obere Atterttal kann Mme Reinard, die dort ansässig ist, jedoch bestätigen, daß der Rotmilan erst ab Mitte der sechziger Jahre regelmäßig dort anzutreffen war. Aus den bisher vorliegenden Horstfunden könnte man auf eine bevorzugte Besiedlung der rechten Talseite schließen, die - im Gegensatz zur linken - flacher und weniger bewaldet ist.

7) Obere Mosel
Aus folgenden Jahren liegen Einzelbeobachtungen vor: 1903, 1906, 1955, 1960-62, 1964-66, 1971, 1978, 1980.
1958 2 Ex. Filsdorf/Dalheim/Welfringen
ca. 1967 Brut im Trintingertal (Thill R.)
1967 1x2 Ex.
1968 Brut bei Nennig in Deutschland (Weyers, in: Glutz, 1971)
1975 1x2 Ex. im April; 10x1 Ex.
1976 3x2 Ex. an der Mosel
1977 2x2 Ex. und 9x1 Ex. an der Mosel
1979 öfters 1-2 Ex. an der oberen Gander jedoch kein Bruthinweis!
Unregelmäßig vertreten in dieser Gegend, wobei das obere Gandertal (Wasserscheide zwischen Gander und Syr), die rechte Moselseite und das Trintingertal besiedelt wurden. Es besteht wohl ein Zusammenhang zwischen dem Brutplatz des oberen Gandertals, des rechten oberen Alzettetals und des oberen Syrtals, da wir bislang nicht mehr als eines dieser drei Gebiete gleichzeitig besetzt vorfanden.

8) Untere Mosel
Die Art wurde außerdem in folgenden Jahren beobachtet: 1940, 1955, 1958-59, 1962-63, 1974-75, 1980.
ca. 1850 Brut bei Mertert (de la Fontaine, 1865)
1967 1x2 Ex. im Mai; angeblich ein Brutpaar auf der deutschen Seite bei Könen (Jacobs, 1967)
1969 1x2 Ex. und 1x1 Ex.
1973-74 Brutvogel bei Kommlingen auf der deutschen Seite (Knapp, Wasser, in: Heyne, 1979)
1977 1x2 Ex. und 2x1 Ex.
1978 auf der deutschen Seite: Bruthinweise an 4 Stellen, besonders bei Rehlingen-Bilzingen-Söst und bei Wellen (Heyne, 1979)
Könnte regelmäßig Brutvogel in diesem Gebiet sein, wobei aber die deutsche Seite des Moseltals bevorzugt wird.

9) Syr
Aus den Jahren 1961-66, 1970 und 1979 liegen auch vereinzelte Beobachtungen aus dieser Gegend vor.
1937-42 je eine Brut bei Herborn (Herber N.)
ca. 1958 Horst bei Moutfort (Thill R.)
1958 1x2 Ex. am Unterlauf
1969 Unterlauf: 1x2 Ex.; Oberlauf: 2x2 Ex.
1971 gestörte Brut bei Mensdorf (Mayer E.)
1972 Unterlauf: 3x2 Ex. und 14x1 Ex.
1972-75 je 1 Brut am Oberlauf (Peltzer R.)
1975 Brut bei Berburg (Assa)
1977 Brut am Oberlauf (Peltzer R.) und mißglückte Brut am Unterlauf (Assa)
1978 Brut am Mittellauf (Mayer); 9.6. = 12 Ex. am Unterlauf (Mentgen E.);
1980 Brut am Unterlauf (Weiss J.) und am Oberlauf (Zenner) sowie öfter 2 Ex. am Mittellauf.
Ein regelmäßiges Brutpaar pro Jahr kann man mit Sicherheit für dieses Tal veranschlagen. Des öfteren brüten 2 Paare dort und gelegentlich dürften es sogar bis zu 3 Paaren sein (obschon dies bislang noch nicht nachgewiesen werden konnte).

10) Obere Sauer
Der Rotmilan wird sehr selten während der Brutzeit in dieser Gegend gesichtet: je 1 Ex. 1971-73 und 1977. Dieses Gebiet ist sehr stark bewaldet, sodaß es wohl aus dieser Ursache als Brutgebiet ungeeignet ist.

11) Mittlere Sauer
Beobachtungen aus den Jahren 1965-66, 1969, 1972, 1975, 1977-78 und 1980 liegen ebenfalls vor.
1971 2x2 Ex. im westlichen Teil
1973 2x2 Ex. im westlichen Teil
1979 1x2 Ex. im westlichen Teil.
Obschon bisher keine Brutnachweise vorliegen, ist es nicht ausgeschlossen, daß hier periodisch ein Brutpaar sich niederläßt. Das Gebiet, das vor der Alzettemündung liegt sowie die Anhöhe zwischen Blees- und Ourtal scheinen bevorzugte Aufenthaltsorte zu sein.

12) Untere Sauer
Weitere Beobachtungen aus folgenden Jahren liegen vor: 1954, 1965, 1968, 1970, 1975-76, 1980.
1972 1x2 Ex. und 10x1 Ex.
1977 2x2 Ex. im Juni
1978 Bruthinweise auf der deutschen Seite bei Edingen/Olk/Helenenberg (Heyne, 1979)
Ein mehr oder weniger regelmäßig besetztes Brutrevier in diesem Gebiet ist nicht von der Hand zu weisen. Es könnte sein, daß sich der Brutort jedoch meist auf der deutschen Seite befindet.

13) Weiße und Schwarze Ernz
Es liegen ebenfalls Meldungen aus folgenden Jahren vor: 1964, 1970-71, 1973-74.
1962 ab Ende Juni eine Familie von 5 Ex. zwischen Junglinster und Blumenthal (Sutulow)
1972 Brut auf der Anhöhe zwischen Alzette und Weißer Ernz (Weiss J.); weiterhin 2x2 Ex. und 4x1 Ex. zwischen Weißer und Schwarzer Ernz
1975 Brut zwischen Weißer und Schwarzer Ernz (Schuler L.) und Ende Juli 4 Ex. in dieser Gegend (Weiss J.); am Unterlauf der Weißen Ernz im Mai 2 Ex. und Anf. Juli 3-4 Ex. (Feller E.)
1976 5x1 Ex. im nördlichen Teil des Gebietes
1977 1x2 Ex. und 3x1 Ex. im nördlichen Teil
1978 Brut auf der Anhöhe zwischen Alzette und Weißer Ernz (Weiss J.); Anfang Juni bis zu 5 Ex. im nördlichen Teil (Hoffmann L.)
1979 mittlerer Teil: öfters 1-2 Ex. u. nördlicher Teil: öfters 1-2 Ex. (Frising, Peltzer R., Wagner P.), in beiden Fällen jedoch kein Bruthinweis
1980 Brut mit 1(?) Jungvogel im mittleren Teil (Kinnen) sowie im August 1 Paar mit 2 Jungen daselbst (Crowther).
Obschon aus einem Jahr (1979) trotz Nachforschungen kein Brutnachweis erbracht werden konnte, kann man für dieses Gebiet doch mit zwei mehr oder weniger regelmäßig besetzten Brutrevieren rechnen. Ausnahmsweise könnte ein drittes - vielleicht aus einer angrenzenden Gegend übergesiedeltes - Paar hier angetroffen werden.

14) Clerf und Wiltz
Meldungen aus folgenden Jahren liegen ebenfalls vor: 1940-45, 1958, 1974, 1967 1x2 Ex. und 2x1 Ex.
1972 Brut bei Boxhorn(?) (tr. Paler); 6x1 Ex. in dieser Gegend
1973 6x1 Ex.
1975 Horst mit 2 Jungen im nördlichen Teil (Koch E.) und ab Ende Juli 4 Ex. dort (Paler).
1976 öfters dort beobachtet: Brut nicht auszuschließen (Paler)
1977 öfters 2 Ex.; ab Ende Juli 4 Ex. (Paler)
1978 öfters 2 Ex.: August: 2x4 Ex. und 16 Ex.; Ansammlung wahrscheinlich durch Feldmausplage bedingt; es könnten eventuell Familien aus der weiteren Umgebung gewesen sein (Eifel?, St. Vith?).
1979 2 Ex. bei einem Horst, jedoch keine Brut (Paler); je 1x2 Ex. an 3 Stellen
1980 einzelne Ex. an 8 verschiedenen Stellen.
Obschon unsere Beobachter selbst noch keinen besetzten Horst nachweisen konnten, scheint es doch sicher, daß ein Paar (zumindest sporadisch) im oberen Clerftal brütet.

15) Our
Auf luxemburgischem Boden sind uns nur Bruten in Mündungsnähe bekannt, und zwar 1979 und 1980 (Brepsom). Ein sporadisches Übersiedeln dieses Paares auf die linke Talseite ist plausibel, da auch von dort ein Brutpaar bekannt ist (Glutz, 1971). Der Rotmilan wurde außerdem noch 1942 und 1972 aus dieser Gegend gemeldet. Im Quellgebiet der Amblève in Belgien, in der Nähe der Wasserscheide zwischen Amblève und Ourtal wurde die Art ab 1973 (Ausnahmen: 1976 und 1979) jährlich in 1-2 Paaren brütend vorgefunden (Wiesemes, 1976, 1979, in litt.). 1980 wurde außerdem ein Brutversuch nicht weit von der luxemburgischen Grenze auf der rechten Talseite bekannt (Wiesemes, briefl.).

II. Brutbiologie

Obschon die brutbiologischen Daten in diesem Rahmen nicht in extenso verarbeitet werden können, soll doch ein Punkt, der für die Bewertung von Bruthinweisen von Wichtigkeit ist, hier behandelt werden. Bei familienartigen Verbänden, die im Juni beobachtet werden konnten, taucht unmittelbar die Frage auf, ob es sich um Jungvögel des Jahres handeln kann, und ab welchem Datum überhaupt mit flüggen Jungen bei uns gerechnet werden kann. In der Fachliteratur gilt der 25.3. in Mitteleuropa als frühestes Datum für die Eiablage, und die meisten Gelege werden zwischen Anfang April und Anfang Mai vollständig. Bei einer Eiablage am 1.4., einer Brutdauer von 30 Tagen und einem Verbleiben im oder am Horst von ca. 50 Tagen, könnte man die ersten Familien mit flüggen Jungen frühestens gegen den 20. Juni antreffen. Am 9.6.79 konnte jedoch schon eine Familie mit 2 (-3) voll flugfähigen Jungvögeln beobachtet werden (Peltzer R., Wagner P.) und 1980 flog der einzige Jungvogel einer Brut gar um den 1.6. aus (Brepsom)! Flugfähige Jungvögel in der ersten Junihälfte bleiben jedoch die Ausnahme: bloß 1978 wurden noch zwei mögliche Fälle bekannt (8. resp. 12.6.). Der Zeitpunkt des Flüggewerdens, falls er bei Horstfunden errechnet oder festgestellt werden konnte, lag für 16 Horste aus Luxemburg und 5 Fälle aus dem nahen Belgien zwischen dem 20.6. und dem 27.7., erstreckt sich also über vier Dekaden, mit einem Mittelwert um den 5. Juli (Mediane). Die 17. Brut vom 1.6.80 mit einem Jungvogel im Horst fallt aus dem Rahmen, ist aber glaubhaft, da die Milane schon ab 7.3. am Vorjahreshorst gesehen wurden (Brepsom). Es würde sich hiermit um die früheste Brut handeln, die bisher für Mitteleuropa bekannt wurde (Eiablage gegen den 10.3.).
Bei Beobachtungen von flüggen Jungen im Familienverband, wo kein Horstfund vorlag, war das Ausfliegedatum unsicher, lag jedenfalls aber vor dem Zeitpunkt der Beobachtung. Bei bewußtem Weglassen von Augustbeobachtungen ergab sich für 18 dieser Fälle eine Zeitspanne vom 8.6. bis zum 27.7. mit einem Mittelwert (Mediane) um den 4. Juli, der auch dem Mittelwert der gesamten Daten entspricht. Nach Dekaden verteilt ergibt sich folgendes Bild (abgesehen von Extremdaten wie August resp. erste Junihälfte):
20.-30.6. = 12 Fälle
1.-10.7. = 12 Fälle
11.-20.7.= 5 Fälle
21.-31.7.= 7 Fälle
Das Ausfliegen der Jungvögel erstreckt sich also ab 20.6. ziemlich gleichmäßig auf die ersten zwei Dekaden, mit einem Abfall von ca. 50% für die beiden folgenden Dekaden. Späte Bruten mit Jungen, die erst im August ausfliegen, könnten gelegentlich auch vorkommen, da bei unseren Horstfunden gleich bei drei Fällen das Ausfliegen um den 26.7. (1972, 1974 und 1978) gelagert war! Der unterschiedlich frühe Brutbeginn ist nicht unbedingt darauf zurückzuführen, daß es allgemein »frühe« und »späte« Jahre gäbe, denn für ein einzelnes Jahr (1972) konnte eine Zeitspanne von ca. 30 Tagen zwischen frühester und spätester Brut nachgewiesen werden! Wahrscheinlich sind solche Unterschiede dadurch bedingt, daß erfahrene und in einem Revier alteingesessene Brutpaare oft früher zur Brut schreiten als unerfahrene resp. neu in einem Revier auftauchende Milane. Wenn auch diese zusätzlichen Informationen sehr nützlich sind, so können sie selbstverständlich nicht alle Bewertungsprobleme von Beobachtungen lösen. Als Beispiel sei nur das Jahr 1978 zitiert, wo am 9.6. eine Ansammlung von 12 Ex. an der Syr (Mentgen), am 20.7. 9 Ex. im Chierstal (Walesch) und am 26.8. 16 Ex. im Clerftal (Weiss) beobachtet wurden. Als kontextlose Beobachtungen bleibt hier die Frage offen, ob es sich ausschließlich um lokale Brutvögel gehandelt hat oder um eine - durch ein vorübergehend günstiges Nahrungsangebot entstandene - Ansammlung, die für das betreffende Jahr charakteristisch gewesen wäre.

III. Verbreitung

Umgrenzt man die vorliegenden Horstfunde und sonstigen Feststellungen von flüggen Jungvögeln, so erhält man das Verbreitungsbild auf nebenstehender Karte. Zusammenhängende Brutgebiete liegen südlich einer Linie von Trier nach Martelingen. Auffallend ist die Besiedlungslücke im Alzettetal, die sich aber durch die starke menschliche Siedlungsdichte und den Mangel an geeigneten Brutplätzen leicht erklären läßt. Die stark bewaldeten Gegenden nördlich von Luxemburg sind nicht als Brutrevier für den Rotmilan geeignet. Es ist nicht falsch, wenn man die Begrenzung nach Norden einer ausgedehnten Bewaldung dieser Gegend zuschreibt. K H. VOOUS (1960) konnte eine Anlehnung der nördlichen Verbreitungsgrenze des Rotmilans an die Juliisotherme von 16,6°C (62°F) finden. Deshalb wurde auch auf unserer Verbreitungskarte die Juliisotherme von 16,5°C betreffend die Jahre 1908-1967 (R. Faber, 1971) eingezeichnet. Praktisch alle unsere Brutbelege liegen südlich dieser Isotherme, wobei die Besiedlung im NE jedoch weniger zusammenhängend zu sein scheint. Die an günstigen Orten nördlich des zusammenhängenden Vorkommens liegenden inselartigen Vorposten bestätigen, daß man selten bei einer Art klare Arealgrenzen vorfindet.




punktiert: Juliisotherme von 16,5°C
Querbalken: Brutverbreitung
pointillé: isotherme de juillet de 16,5°C
hachuré: aire de nidification

Nach Westen hin scheint die Verbreitung sich mehr oder weniger auf das Einzugsgebiet des nach ENE gerichteten Flußsystems zu beschränken (linke Moselzuflüsse), dessen Quellgebiet sich bis zur belgisch-luxemburgischen Staatsgrenze erstreckt. Nach Süden hin gibt es Anschluß an die Milanpopulation Lothringens, insbesondere an diejenige des Chierstales. Die von Heim de Balsac (1968) an der luxemburgisch-französischen Grenze vermutete nördliche Verbreitungsgrenze der Rotmilanpopulation Lothringens muß also nach Norden verschoben werden!
Nach Osten hin (BRD) scheint der Rotmilan nur mehr selten zu brüten, zumindest in der Nähe unseres Landes. Weiter nach Osten jedoch ist im linken Moseltal (Landkreis Daun und Bernkastel-Wittlich) wieder eine »normale« Population vorhanden.


IV. Populationsgröße

Nehmen wir die vorhin pro Gegend geschätzte maximale Anzahl an Brutpaaren, die unter optimalen Bedingungen brüten könnten, so kommen wir auf etwas mehr als 20 Paare. Zählen wir jedoch nur die sicher oder mehr oder weniger regelmäßig besetzten Brutreviere, so kommen wir auf etwa ein Dutzend! Der Nachweis von 6-7 Bruten pro Jahr konnte mehrmals in den letzten Jahren gemacht werden, sodaß man kaum falsch geht, wenn man - bei Hinzunahme einiger Reviere, die nicht aufgesucht wurden - mit 10-12 ziemlich regelmäßig brütenden Paaren rechnet. Auch in außergewöhnlich günstigen Jahren dürften - bei Hinzunahme der im Ausland gelegenen Grenzgebiete - weniger als zwei Dutzend Paare hier brüten. Unsere neue, durch genauere Angaben untermauerte, Schätzung der Anzahl von Brutpaaren resp. Revieren, weicht also nicht wesentlich von den derzeitigen Schätzungen von Morbach (1963) mit 16, Schmitt (1960) mit 16 und R. Peltzer (1970) mit 14 Revieren ab. Einer der Autoren der Vogelfauna Luxemburgs, V. Wassenich, kam seinerzeit (1955) dieser Anzahl übrigens auch sehr nahe, als er schrieb: »Ja, ich glaube annehmen zu dürfen, daß die Gesamtzahl der auf dem Territorium des Großherzogtums zur Brut schreitenden Paare ein Dutzend kaum erreicht, jedenfalls aber nicht wesentlich überschreitet.« 1971 hat er dann die Zahl von 40 Paaren aus der Vogelfauna noch einmal angenommen, in beiden Fällen jedoch ohne nähere Einzelheiten.
Wenn wir auch im Atterttal lokal eine relativ hohe Siedlungsdichte festgestellt haben, mit Horsten, die gelegentlich nur 1 km entfernt sind, so können wir dies als eine Ausnahme ansehen. Deswegen dürfen wir uns nicht dazu verleiten lassen, diese Häufigkeit auf andere Landesteile zu übertragen, denn dort ist die Siedlungsdichte, aus noch nicht näher erforschten Gründen, viel niedriger.
Was den Anteil an Nichtbrütern in der Population anbelangt, so wurden 1979 Anstrengungen gemacht, um etwas mehr Klarheit zu erhalten (Peltzer R., Wagner P). Neben den acht nachgewiesenen Bruten (wovon jedoch eine fehlschlug) wurden noch an 8-9 weiteren Stellen je 1-2 Exemplare während der Brutzeit gesehen, ohne daß jedoch - z.T. trotz Nachforschungen - ein Bruthinweis erbracht werden konnte. Dabei handelte es sich meist um Gegenden, in denen früher schon einmal Bruten stattgefunden hatten. Wenngleich dies nicht als Nachweis gelten kann, daß die Hälfte der Population aus Nichtbrütern bestünde, so ist es doch wohl ein interessanter Hinweis in dieser Richtung, und es wäre die Mühe wert, dieses Problem später einmal mit der nötigen Gründlichkeit anzugehen.
Es ist natürlich immer schwer, exakt über Brutvorkommen und Siedlungsdichte von Vogelarten zu referieren, die in ihren Brutrevieren Verfolgungen oder Störungen (z.B. Waldarbeiten) ausgesetzt sein können. Dies kam leider hierzulande - trotz gesetzlichem Schutz - immer wieder noch vor. Dies erklärt auch, warum wir - zumindest für rezente Vorkommen - keine genauen Örtlichkeiten nennen, obschon sie uns praktisch immer bekannt sind. Wir wollen mit dieser Feststellung jedoch nicht die Jägerschaft Luxemburgs als Ganzes diskreditieren, denn etliche Jäger konnten uns - mit berechtigtem Stolz - von geglückten Milanbruten in ihrem Jagdrevier berichten. So sind wir denn auch überzeugt, daß diese negative Voreingenommenheit den Greifvögeln gegenüber mit der Zeit ganz verschwinden wird, wie sie augenblicklich - im Vergleich zu früher - schon stark abgenommen hat. Menschliches Eingreifen ist meist schwer nachweisbar und Schlußfolgerungen, daß ein bestimmtes Revier nicht mehr oder nur sporadisch besetzt sei, können durchaus künstliche Ursachen haben, und sind demnach mit dem nötigen Vorbehalt zu betrachten!

Résumé
Les efforts faits depuis 1972 pour évaluer la répartition et la densité des couples de milans royaux au Grand-Duché de Luxembourg ont abouti aux résultats suivants: plus de 40 informations sur des aires ont été recueillies ainsi qu'une douzaine sur des familles avec jeunes volants. Lors d'années de reproduction exceptionnelles et en incluant les régions limitrophes à notre pays, on arrive a un maximum de moins de 2 douzaines de couples. En tenant compte de régions sporadiquement occupées, le nombre «réaliste» de couples nicheurs devrait tourner autour de la douzaine, dont 6-7 ont pu être prouvés à plusieurs reprises ces dernières années. Les territoires de nidification habituels se trouvent en gros au sud d'une ligne qui va de Martelange vers Trèves. Il existe probablement une relation avec l'isotherme de 16,6°C de juillet, trouvée par VOOUS. La limite ouest semble suivre plus ou moins la frontière belge. Le fond de la vallée de l'Alzette (trop peuplé), les plateaux boisés au nord de la ville de Luxembourg ainsi que la rive gauche de la Moselle supérieure n'attirent pas les milans pour nicher. Un poste avancé est situé dans le secteur des embouchures de l'Ernz Blanche et de l'Our et un autre très probablement dans la pointe nord du Grand-Duché. Des jeunes volants peuvent être observés à partir de début juin; la majorité cependant quitte le nid entre le 20 juin et fin juillet.

Quellenangabe
Sofern nicht spezifisch angegeben, entstammen die Angaben den ornithologischen Rubriken des »Bulletin de la LLEPO« resp. den Archiven der Arbeitsgruppe Feldornithologie der LLEPO. Einige ältere Angaben (bis 1907) stammen aus dem »Bulletin de la Société des Naturalistes Luxembourgeois«.
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