Pressekonferenz der LNVL vom 15.9.2005: | |||||||||||||||||||
Wasser
ist keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss. (Erster Erwägungsgrund der Wasserrahmenrichtlinie) Inhalt
Überschwemmte Städte, das Vordringen der Wüste in fruchtbare Gebiete, verunreinigtes Trinkwasser, schlechter Zustand der Badegewässer: Nirgends sieht man die Veränderung unserer Umwelt besser als beim Wasser!
Wichtige Neuerungen für die Wasserbewirtschaftung:
... auch in Luxemburg?
„Guter
ökologischer Zustand“ und Feuchtgebiete
Oberflächengewässer müssen bis 2015 in einem guten ökologischen Zustand sein, der nur geringfügig vom Leitbild, dem sehr guten ökologischen Zustand, abweichen darf. Ein Bach in einem sehr guten ökologischen Zustand ist laut WRRL nicht oder nur geringfügig vom Menschen verändert. Er passt sich dem Gelände durch einen mäandrierenden Verlauf an, im Sommer in einem schmalen „Sommerbett“, bei heftigen oder andauernden Regenfällen in einem breiten „Winterbett“, das weite Bereiche des angrenzenden Landes begreifen kann und eine Vegetation aufweist, die typisch für diese zeitweiligen Überschwemmungen ist. Eine Trennung in „Bach“ einerseits und „Feuchtgebiete“ andererseits – wie in Luxemburg auf administrativer Ebene praktiziert - ist also unzulässig! Die Überschwemmungsfläche, die Aue, ist Teil des Baches. Der von der WRRL geforderte „gute Zustand“ muss sich an diesem Leitbild bei der Restauration naturnaher Bäche und ihrer Auen orientieren. Die WRRL fordert:
Auch die EU-Leitfäden zur WRRL sehen Feuchtgebiete als „Teil des Gewässerkontinuums und empfehlen, die vielfältigen Funktionen von Feuchtgebieten bei der Bewirtschaftung von Einzugsgebieten gebührend zu berücksichtigen und die funktionelle Bedeutung der Feuchtgebiete im hydrologischen Kreislauf und Einzugsgebiet hervorzuheben.“
Die
Nutzung der Auen: Probleme und Lösungen
Nach dem 2. Weltkrieg setzte eine massive und intensive Nutzung der Gewässerauen ein durch die Intensivierung der Landwirtschaft und das Vordringen von Wohngebieten, Industriezonen und Verkehrsinfrastrukturen in diese Bereiche. Die Trockenlegung galt als Aufwertung („Melioration“) wertlosen Landes.
1. Landwirtschaft Oft sind sogar Gewässer, die „natürlich“ aussehen, stark vom Menschen beeinflusst. Die Eingriffe bestehen in der Trockenlegung von Feuchtbereichen, aber auch in Rückständen von Düngemitteln, Pestiziden und Gülle, die aus diesen Bereichen in Oberflächengewässer und Grundwasser gelangen.
Dieser Tatbestand wurde auch für Luxemburg festgestellt:
Dabei können gerade Feuchtgebiete einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des chemischen und ökologischen Zustands liefern, indem die Pflanzen Nährstoffe aus dem Fluss binden, die Nährstoffbelastung verringern und so wie eine natürliche Kläranlage wirken. Die Nutzung der Gewässeraue muss in die Bewirtschaftungspläne einbezogen werden. Möglichkeiten die finanziellen Einbußen wettzumachen sind gegeben.
2. Siedlung und gewerbliche Nutzung Abgesehen von Einleitungen aus Industriebetrieben sind aus der Sicht des Gewässer- und Auenschutzes die Zerstörung von Wasserrückhalteflächen und die Versiegelung zentrale Probleme, die im die Rahmen der neuen Gesetzgebung berücksichtigt werden müssen. Durch Aufschüttung und Bebauung von Feuchtgebieten geht Retentionsraum verloren, der flussabwärts zu einer Verschärfung der Hochwassersituation führt. Im Sinne der WRRL-Forderung nach Minderung des Überschwemmungsrisikos müssen deshalb Überschwemmungsflächen von jeglicher Bebauung freigehalten werden. Ist eine Bebauung aus Gründen des Allgemeinwohls unumgänglich, so sind Mindestanforderungen (besondere Bauweisen…) einzuhalten; als Kompensation muss die Schaffung von zusätzlichem Retentionsraum zwingend sein. Diese Grundsätze sind gesetzlich zu verankern, ebenso wie die Wiederherstellung zerstörter Auen überall dort, wo eine Nutzung aufgegeben wird. Allgemein hat der hohe Versiegelungsgrad im Siedlungsraum Auswirkungen auf die Hochwassersituation: Regenwasser fließt unmittelbar während und nach Regenfällen mitsamt Verunreinigungen (Reifenabrieb usw.) ab und belastet Kanalisationen und Kläranlagen. Ein Regenwassermanagement, mit den Hauptpunkten Entsiegelung von Böden und Versickerungsflächen, entschärft die Situation und schlägt sich gegebenenfalls in einer Verminderung der Kosten nieder. Außerdem sind gerade Gewässer im urbanen Bereich besonders stark vom Menschen beeinflusst. Sie sind eingetieft, verlaufen meist geradlinig in einem trapezförmigen Profil; Sohle und Ufer sind oft mit Beton oder Steinsätze verbaut. Solche Gewässer können nach der WRRL als „erheblich veränderte Gewässer“ eingestuft werden, wenn Maßnahmen zum Erreichen eines guten ökologischen Zustands „signifikant negative Auswirkungen“ auf die Nutzung oder die Umwelt hätten, oder wenn „die nutzbringenden Ziele“ (Wasserrückhalt,...) für die das Gewässer verändert wurde, „aus Gründen der technischen Durchführbarkeit oder aufgrund unverhältnismäßig hoher Kosten nicht in sinnvoller Weise durch andere Mittel (also beispielsweise Renaturierung) erreicht werden können, die eine wesentlich bessere Umweltoption darstellen“. In diesem Fall ist dann nur das „gute ökologische Potenzial“ anzustreben. (Artikel 4) Renaturierungen können wegen ihrer vielen Positiveffekte auch im Siedlungsbereich die „wesentlich bessere Umweltoption“ (WRRL) darstellen gegenüber kanalisierten Gewässern. Durch Mehrfachnutzung (Naherholung...) ergeben sich interessante urbanistische Perspektiven. Diese Aspekte sind in die Kostenberechnung einzubeziehen. Die LNVL verlangt die Ausweisung „erheblich veränderter Gewässer“ nur in extremen Fällen und auf dem jeweils kleinstmöglichen Abschnitt. 3. Verkehr Die Zerstörung oder Zerschneidung von Auen durch Verkehrsinfrastrukturen muss der Vergangenheit angehören.
Flora, Fauna,
Naturschutzgebiete
Dazu gehören „Gebiete, die für den Schutz von Lebensräumen oder Arten ausgewiesen wurden, sofern die Erhaltung oder Verbesserung des Wasserzustands ein wichtiger Faktor für diesen Schutz ist, einschließlich der NATURA-2000-Standorte“ (Anhang IV) Das in der WRRL geforderte Inventar sollte Luxemburg nutzen um in der Europäischen Union eine Vorreiterrolle im Sinne des Wasserschutzes zu übernehmen. Was dieses Inventar begreifen soll, ist den Mitgliedsstaaten überlassen. Die minimalistische Ausführung wäre eine Beschränkung auf Natura 2000 Gebiete. Doch auch flächenmäßig kleinere Feuchtgebiete (auch diese spielen eine wichtige Rolle) oder Gebiete, die aus diversen Gründen nicht in das Netz Natura 2000 eingebunden wurden sollten unbedingt beachtet werden (z.B. das Alzettetal nördlich der Hauptstadt). Der nationale Kriterienkatalog sollte dabei unter Mitwirken von Naturschutzverbänden ausgearbeitet werden. Ein anschließend erstelltes Maßnahmenprogramm sollte den Schutz der Gebiete beinhalten, sowie den somit erreichten Beitrag zur Erhaltung/Verbesserung der Gewässerqualität. Besonders auf die Vernetzung der einzelnen Lebensräume (Biotopverbund – Fliessgewässer sind weit mehr als ein Wasserschlauch) sollte geachtet werden. Auch diese EU-Richtlinie muss bei der Umsetzung der WRRL berücksichtigt werden. Sie ist ein wichtiges Instrument für den Naturschutz, da sie weitreichende Untersuchungen über die Auswirkungen von Maßnahmen auf die natürliche Umwelt fordert, so auch indirekte Auswirkungen auf Schutzgebiete, Flora, Fauna und Landschaft; Feuchtgebiete sind dabei besonders zu beachten. Wichtigster Ansatz in den Augen der LNVL ist die Forderung einer Prüfung eventueller Umweltauswirkungen in einem möglichst frühen Stadium und das Untersuchen von Alternativen. Damit sollen Projekte ab Planungsbeginn so orientiert werden, dass negative Auswirkungen vermieden werden, möglichst gering bleiben oder zumindest sinnvoll kompensiert werden können. Hierdurch werden Konfliktsituationen von Anfang an entschärft oder vermieden. In Luxemburg wurde die UVP-Direktive wurde im Rahmen der “Etablissements classés“-Gesetzgebung umgesetzt; die hohen Anforderungen der Richtlinie im Bereich Natur und Landschaft, können auf diese Weise nicht erfüllt werden. Dies ist ein weiteres Indiz für den geringen Stellenwert des Naturschutzes in Luxemburg Die LNVL fordert für die anstehenden Règlements grand-ducaux (2001/42/CE „plans et programmes“ und 2003/35/CE „projets publics et privés“) die Einbeziehung der Forstverwaltung als „autorité compétente“, um die Umsetzung der Naturschutzziele dieser Direktiven zu gewährleisten.
In der WRRL werden langjährige Forderungen der Umweltverbände konkret umgesetzt: die Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips und des Verursacherprinzip und das Einbeziehen von Umweltschäden in die Preisgestaltung. Der volkswirtschaftliche Ansatz, der gesamtgesellschaftliche Folgekosten einbezieht („Preiswahrheit“) wie auch der sektorbezogene Ansatz wurden jedoch in Luxemburg bisher nicht thematisiert. Die Funktionsverluste der zerstörten Auen sind als Umweltkosten im Wasserpreis zu berücksichtigen und nach der WRRL dem Verursacher anzulasten:
Dagegen sind die vielen Positiveffekte und der volkswirtschaftliche Gewinn der Neuschaffung und Wiederherstellung von Feuchtgebieten aufzuwiegen:
Die positiven Effekte und die Kosteneffizienz solcher Maßnahmen wurden in mehreren großen Pilotprojekten in Europa bewiesen.
Die WRRL sieht den kostendeckenden Wasserpreis als Anreiz für eine nachhaltige Nutzung. Dieser Aspekt wird in Luxemburg kaum thematisiert, im Zentrum stehen die Bestrebungen, diesen Preis möglichst niedrig zu halten – wobei bisher ausschließlich die Kosten von Wassergewinnung und Abwasserbehandlung (Kläranlagen) berücksichtigt wurden.
Nun ist es sicher auch die Aufgabe des Staates seinen Bürgern die Grundlagen des Lebens zu einem vernünftigen Preis zu gewährleisten. Ein wertvolles Gut wie das Wasser wird allerdings leider auch nur als solches erkannt, wenn der richtige Preis dafür gezahlt werden muss. Hier muss die Politik eine Lösung finden, um den Grundbedarf seiner Bürger zu gewährleisten, jeder Verschwendung jedoch einen Riegel vorzuschieben. Dramatisch wäre es wenn nicht alle Möglichkeiten der WRRL ausgeschöpft werden würden, aus Angst vor einem zu hohen Wasserpreis. Gerade die „teuren“ Renaturierungen werden dabei langfristig und damit kostengünstig zum Erhalt unserer aquatischen Ökosysteme beitragen. Um eine WRRL-konforme Umsetzung zu erreichen, müssen alle Probleme und Potenzialitäten des gesamten Einzugsgebiets berücksichtigt, alle Instrumente zur Förderung einer nachhaltigen Nutzung eingesetzt und alle kontraproduktiven Programme und Maßnahmen gestoppt werden. Beispiel Landwirtschaft: Die intensive landwirtschaftliche Nutzung von Auen hat als diffuse Quelle eine Stickstoffbelastung von Wasserkörpern zur Folge. Die Folgekosten müssten (sektorbezogen) vom landwirtschaftlichen Verursacher getragen werden. Dieselben Standorte können jedoch durch Maßnahmen gegen Erosion und Schadstoffeintrag, insbesondere durch extensive Grünlandnutzung, einen wichtigen Beitrag für den guten Zustand unserer Gewässer leisten. Die Förderpolitik im Agrarbereich muss deshalb die Ziele der WRRL unterstützen und dem Landwirt bei der Umorientierung zu einer standortgerechten Bewirtschaftung finanziellen Ausgleich/finanzielle Vorteile garantieren. Gerade Flurneuordnungsprojekte müssten dabei konsequent in diese Richtung vorangetrieben werden.
Wasserwirtschaftsamt ins
Umweltministerium !!!
Um die WRRL konsequent umzusetzen, ist das Integrieren des Wasserwirtschaftsamtes in das Umweltministerium notwendig. Die Aufteilung der Kompetenzen zwischen Innenministerium (Wasser) und Umweltministerium (Feuchtgebiete) ist unsinnig, kompliziert und daher kostenintensiv und entspricht nicht dem Geist der WRRL. Als Gründe werden seitens des Innenministeriums genannt:
Der Anstoß zum weit überfälligen Handeln zum Wohle unserer Umwelt und zum Schutz unserer eigenen Lebensgrundlagen kommt wie so oft aus Brüssel. Mit erheblicher Verspätung wird diese im wahrsten Sinne des Wortes ökologische Richtlinie in nationales Recht umgesetzt. Die LNVL wird jedenfalls die Überwachung der Umsetzung und die Ausführung dieser europäischen Richtlinie sehr ernst nehmen. Sollte die ökologische Grundhaltung der WRRL in Luxemburg dabei auf der Strecke bleiben, wird es auch Aufgabe der LNVL sein, rechtzeitig bei der Kommission in Brüssel zu intervenieren.
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