LNVL  -  Lëtzebuerger Natur- a Vulleschutzliga asbl
Veröffentlicht in Regulus (ISSN 1727-2122) 1967/5 S. 116-117
Mißglückte Schwarzmilan-Brut bei Esch/Alzette.

Während einer Nistkastenkontrolle am 9. Mai 1967 im Lankelzerwald bei Esch/Alzette überflogen mich plötzlich zwei Schwarzmilane (Milvus migrans). Sie kreisten über der Stelle und schraubten sich immer höher. Ich befand mich in diesem Augenblick ziemlich genau in der Mitte des Waldes, und da das Vorhandensein der Schwarzmilane zu dieser Jahreszeit mir sehr brutverdächtig vorkam, untersuchte ich in einem Umkreis von 50 Metern jeden Baum um gegebenenfalls den Horst zu entdecken. Schließlich hatte ich denselben in der kleinen Krone einer Eiche in ca 15 Meter Höhe gefunden. Zwei Nylon-Damenstrümpfe hingen vom Horstrand in ihrer ganzen Länge herunter und wehten im Wind. Milane statten ihr Nest bekanntlich gerne mit Stoff- und Papierfetzen aus.
In meinem Notizbuch folgen sich dann folgende Angaben:

  • 21. Mai: Die beiden Milane strichen ab bei Annäherung an den Horst. Am Horst waren die Damenstrümpfe nicht mehr zu sehen.
  • 28. Mai: Der Schwanz des brütenden Altvogels ragte ca 5 cm über den Nestrand heraus.
  • 3. Juni: Der Schwanz des Altvogels ragte (immer an derselben Stelle) über den Horstrand. Weiße Kotspritzer unter dem Baum, die man gewöhnlich unter Horsten mit jungen Greifvögeln findet, waren immer noch nicht zu sehen. Dieser Umstand kam mir etwas ungewöhnlich vor und ich beschloß, das nächste Mal den Baum zu besteigen.
  • 7. Juni: morgens 6 Uhr: Nach der Beringung von sechs jungen Turmfalken in dem selben Wald näherte ich mich dem Horst. Wegen des dichten Untergehölzes sieht man denselben nicht, bis man davorsteht. Grenzenlos erstaunt war ich, als ich den Horstbaum gefällt vorfand ! Er hing in einem Winkel von 45° mit dem Geäst an den Nachbarbäumen; der Horst hielt dennoch stand und die Strümpfe baumelten heraus. Unter dem Horst fand ich das tote Schwarzmilan-Weibchen: es war schon in Verwesung übergegangen und etliche Eierschalen klebten noch an seinem Bauchgefieder. Der Horstbaum — eine Eiche von ca 45 cm Durchmesser — war etwa in l Meter Höhe rundherum, von oben und von unten (also nach der Art der Biber), konisch zugespitzt bis er — bei einem Durchmesser von ca 6 cm — abbrach und seitlich fiel ! !
  • Es besteht wohl kein Zweifel, daß der Schwarzmilan tot war bevor der Baum fiel; unbekannt bleibt aber, wann er starb und was seine Todesursache war. Jedenfalls handelt es sich um einen Akt gröbsten Vandalismus von Halbstarken aus einem benachbarten Wohnviertel, wenn während der Brutzeit in einem Gemeindewald eine stämmige Eiche gefällt wird ! Auch fragt man sich, ob der Tod des Schwarzmilans nicht ebenfalls auf das Konto dieser Bande zu buchen ist.
    Zu erwähnen bleibt, daß schon öfters in den vorhergehenden Jahren Schwarzmilane (einzeln oder in Gruppen bis zu Familienstärke) in der Gegend der Lallinger Müllhalde und des »Lankelzerwald« beobachtet wurden (siehe ornithologische Beobachtungen in REGULUS). Verschiedentlich unternommene Horstsuchen (M. Hulten, Josy Peltzer, R. Peltzer u. a.) im »Lankelzerwald« verliefen aber ergebnislos.
    Somit haben wir jetzt wohl die erste sichere Feststellung des Schwarzmilans als Brutvogel im »Lankelzerwald«. Als Belegstück konnte der Schwanz des Weibchens noch gerettet werden. Der Mißerfolg der Brut ist um so mehr zu bedauern, als der Schwarzmilan zu unseren seltensten Brutvögeln gehört, scheint es doch als ob bislang noch kein derart eindeutig belegter Brutnachweis für unser Land vorlag (siehe Hulten, Wassenich in »Die Vogelfauna Luxemburgs«).

    Résumé
    Le 9 mai 1967 j'ai trouvé une aire de Milan noir dans une petite forêt de chênes près d'Esch-sur-Alzette. Malheureusement l'arbre a été abattu par des adolescents et la femelle gisait morte sous l'arbre, quelques débris de coquille restant collés au plumage. Il s'agit ici d'un des rares cas où la nidification de ce rapace fut constatée au Grand-Duché de Luxembourg.

    Peltzer Jos


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