Obschon eine große Anzahl
der Eigentümer überhaupt nicht an der Felderzusammenlegung interessiert
ist, wird versucht, mit Hilfe eines undemokratischen Gesetzes und «Hausbesuchen»,
das Gesetz dennoch durchzusetzen. In der Tat sieht das Gesetz Erstaunliches
vor:
«Déi, di net do sen,
sen derfir...»
Wer nicht auf der Generalversammlung
anwesend sein kann, oder nicht vertreten ist, dessen Stimme wird als...
ja gewertet. In einem juristischen Gutachten, das die Interessengemeinschaft
erstellen ließ, geht eindeutig hervor, daß dieses Vorgehen
völlig willkürlich und undemokratisch ist. Man könnte ja
ebenso gut diese Stimmen als... nein weiten lassen. Was hat dies noch mit
Demokratie zu tun? Stellen Sie sich vor, in der Abgeordnetenkammer würde
man genauso vorgehen: die Stimmen aller abwesenden Deputierten würden
als Ja-Stimmen gewertet werden...
«Déi, di sech enthalen,
sin och derfir...»
Auch Enthaltungen auf der Generalversammlung
zählen als Ja-Stimmen. Sie könnten ebenso gut als Nein-Stimmen
gelten. Was hat dies noch mit Demokratie zu tun?
«DFro vun de Prokuratiounen...
eng Aschränkung vun de perséinleche Rechter als fräie
Bierger...»
Wußten Sie, daß, falls
Sie nicht selbst an der Generalversammlung teilnehmen können, Ihre
Prokuration nur einem anderen Grundeigentümer geben können...
und nicht einer Person Ihrer Wahl. Sie können demnach zum Beispiel
weder Ihrem Rechtsanwalt noch einem Familienmitglied noch einem Freund
oder Kollegen eine Prokuration erteilen...
Stellen Sie sich einmal folgendes
vor: Von 400 Besitzern sind 200 gegen die Felderzusammenlegung. Aus unterschiedlichen
Gründen können die 200 auf der Gemeindeversammlung nicht anwesend
sein, möchten aber ihre Prokuration ausstellen. Sie sind also gezwungen,
den Befürwortern ihre Vollmacht «anzuvertrauen». Und falls
diese die Prokuration nicht annehmen? Damit werden Ihre Rechte als freier
Bürger deutlich eingeschränkt, da die freie Wahl Ihres Vertreters
unmöglich gemacht wird. Was hat dies noch mit Demokratie zu tun?
«En Ugreff op Äert
Eegentum...»
Im «Code Civil» ist
die Unverletzbarkeit des Grundeigentums als eines der Grundprinzipien verankert.
Das «Remembre-ment»-Gesetz stellt mit seinem undemokratischen
Vorgehen dieses elementare Recht eines jeden Bürgers in Frage.
Wäre es nicht eher angebracht,
nach den gleichen Regeln zu verfahren, wie dies bei Generalversammlungen
von Vereinigungen oder Gesellschaften üblich ist?
So wäre es normal, daß
3A aller Grundeigentümer anwesend oder vertreten sein müssen,
damit die Generalversammlung überhaupt beschlußfahig ist. Wäre
diese Zahl nicht erreicht, so müsste eine neue Generalversammlung
einberufen werden. Damit diese beschlußfahig ist, müßte
wenigstens die Hälfte der Eigentümer
anwesend oder vertreten sein. In
keinem Falle aber dürften die Stimmen der Abwesenden als Ja-Stimmen
gelten. Das wäre echte Demokratie.
Ebenso normal wäre es, daß
Sie jedem anderen Bürger ihrer Wahl ein Prokuration ausstellen können,
falls Sie selbst nicht anwesend sein können.
«Kee recours méiglech...»
Wußten Sie, daß gegen
das Urteil des Friedensrichters im Falle eines Einspruchs kein Rekursmöglichkeit
besteht? Das juristische Gutachten, das von der Interessengemeinschaft
in Auftrag gegeben wurde, kommt zu dem Schluß, daß angesichts
der Wichtigkeit (es geht ja schließlich um das Grundeigentum der
Betroffenen) eine Rekursmöglichkeit wie sonst üblich vorgesehen
werden müßte.
Es befremdet, daß man zuerst
ja sagen muß, ohne zu wissen was auf einen zukommt:
Kosten der Felderzusammenlegung.
Bei einem Durchschnittskostenpunkt
von 150.000.- pro Hektar bei landwirtschaftlichen Remembrements dürfte
die «Flurbereinigung» jeden Eigentümer 30.000.- pro
Hektar kosten (3% Flächenverlust à 5.000.-/Ar = 15.000.-;
10% der Durchschnittskosten von 150.000.- = 15.000.-; Total: 30.000.-).
Falls es sich um Weideland handelt,
müssen zusätzlich die Umzäunungskosten getragen werden.
Das gleiche für das Einsäen von Weideflächen und Mähwiesen.
Handelt es sich um Pachtland, muß
der Besitzer wohl oder übel diese Kosten über die Erhöhung
des Pachtpreises eintreiben.
Bei einem Durchschnittspachtpreis
von 60.- pro Ar, steigt also der Pachtpreis um runde 50% während der
nächsten 10 Jahre... das heißt, er klettert auf 90.- pro Ar.
Felderzusammenlegung als Selbstzweck.
Von dem Remembrement-Projekt in
der Gemeinde Ulfingen sind 38 Betriebe betroffen, «Feierabend»-Bauern
eingeschlossen. Von diesen 38 Betrieben werden in Anbetracht des ständigen
Rückganges nur etwa 20 nach zehn Jahren «übrig bleiben».
Darüber hinaus scheinen etwa
10 Betriebe durch Pachtzusammenlegungen und Ankauf ihre eigene Felderzusammenlegung
bereits abgeschlossen zu haben...
Man wird also das bittere Gefühl
nicht los, daß Flurbereinigung ausschließlich als Selbstzweck
betrieben wird... und als Beschäftigungstherapie für so manches
Unternehmen zu dienen scheint.
Die besonderen Regeln.
Wie die Erfahrung bei anderen Flurbereinigungsprojekten
zeigt (mit konkreten Beispielen kann gedient werden), gelten bei der Neuverteilung
der Parzellen «besondere Regeln». «Wien beim Wäiwaasser
steet, dien seent séch...» heißt die Devise. Eine
Minorität läßt sich auf Kosten der großen Mehrheit
der Eigentümer ihre Schäfchen ins Trockene führen...
Diese betrogene und unzufriedene
Mehrheit weiß aber inzwischen auch, daß ihr Protest und ihre
Kritik nur allzuoft dadurch bestraft werden, daß ihnen bei der späteren
Zuteilung ihrer Parzellen Grundstücke in eher ungünstigen Lagen
zufallen. Denn bekanntlich gibt es hier keine «Trennung der Gewalten»,
da die für die direkten Arbeiten vor Ort zuständigen «Herren»
auch später über Aufteilung und Zuteilung der Parzellen bestimmen.
Wehe dem der bei ihnen in Ungnade gefallen ist...
Die Interessengemeinschaft wird
demnächst zusammen mit anderen Organisationen (lies Naturschutzorganisationen)
bei den politischen Fraktionen der Abgeordnetenkammer sowie den zuständigen
Ministerien vorsprechen, damit die Felderzusammenlegung gründlich
überdacht wird. Die freiwillige Flurbereinigung auf gegenseitiger
Absprache soll stärker gefördert werden. |