Remembrement
– heute noch in
der Legalität ?
Nachhaltigkeit als
Basis
Weltweit gilt das Prinzip der
Nachhaltigkeit, das einerseits die Nutzung sogar
naturschützerisch und landschaftlich wertvoller Gebiete
erlaubt, andererseits aber hohe Ansprüche an eben diese
Nutzung stellt, um den Schutz von Natur und Landschaft zu garantieren
und kommenden Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen zu
erhalten.
Für Luxemburg besonders wichtig sind verschiedene
EU-Direktiven:
- Die Wasserrahmenrichtlinie
(2000) ; noch nicht in nationales Recht umgesetzt;
- Die Vogelschutzrichtlinie
(1979) und die Flora-Fauna-Habitat-(FFH-)Richtlinie
(1992) ;
- Die
Direktive über die
Umweltverträglichkeit
(„UVP-Direktive“
1985; 1997; 2003).
Schwarzer
Peter für den Naturschutz
In Luxemburg werden das Konzept der
Nachhaltigkeit und die betreffenden Direktiven missachtet. Dabei bieten sich
gerade hier Chancen,
ökonomische Interessen und Allgemeinwohl zu verbinden und
Gelder rationell einzusetzen.
Die UVP-Direktive
schreibt für bestimmte Projekte eine umfassende und
frühzeitig auszuführende
Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vor, um Planungen
so zu steuern, dass möglichst wenig Schaden an Natur und
Landschaft entsteht.
In der Praxis wird weiter ohne Rücksicht auf
Gewässer, Feuchtgebiete oder „ein paar
Sträucher“ geplant; das Umweltministerium soll dann
umgehend die Genehmigung liefern. Impaktstudien und
Kompensationsmaßnahmen scheinen eher als lästige
Alibi-Übung wahrgenommen zu werden (Beispiel: SOTEL) denn als
Verpflichtung, Projekte umweltverträglich zu gestalten. Sogar
gesetzlich festgelegte Kompensationsmaßnahmen werden in Frage
gestellt (Beispiel: Renaturierung der Alzette südlich von
Mersch, um die erheblichen Schäden an der Natur auszugleichen,
die durch den Bau der Nordstraße entstanden sind).
Zieht das
Umweltministerium dann die Notbremse und pocht auf die Einhaltung
bestehender Gesetze, ist „den Environnement“
schuld, dass (Groß-)Projekte in Verzug kommen.
Remembrement
(Flurneuordnung) wie in
der guten, alten Zeit
Das Remembrement-Gesetz von 1964 war rein ökonomisch
ausgerichtet. 1994 wurde es an die neuen Anforderungen angepasst durch
den Zusatz « en
évitant dans la mesure du possible, de porter atteinte au
milieu naturel“ und
ein angekündigtes Règlement grand-ducal
über Impaktstudien – das es bis heute nicht gibt.
Ende der 90er Jahre zeigte ein Pilotprojekt in Grevenmacher, „dass
die moderne Flurneuordnung durchaus in Einklang mit den
Bedürfnissen des Natur- und Landschaftsschutzes zu bringen ist“.
So damals Landwirtschaftsminister Boden,
der versprach, die „neue
Ausrichtung“
würde in den zukünftigen Flurverfahren an der Mosel
berücksichtigt. Allerdings wurden dann
in Schwebsingen durch das Remembrement
ganze Hänge zerstört und weitere, eben so wenig
nachhaltige (weil irreversible) Eingriffe in Natur, Landschaft und
Geologie geplant.
Millionen öffentlicher Gelder werden in Projekte investiert,
die Natur und Landschaft und damit auch die Interessen der
Allgemeinheit für immer schädigen. Dabei erklärt
der EG-Vertrag
ausdrücklich Erhaltung, Schutz und Verbesserung
der Qualität der Umwelt, einschließlich Schutz der
natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere
und Pflanzen, zum allgemeinem Interesse. Die LNVL erachtet dieses
allgemeine Interesse für höherwertig als dasjenige
der Flurneuordnung. Mithin müssen Remembrement-Projekte
Landschafts- und Umweltschutz an erster Stelle berücksichtigen.
Die Projekte des Office National du Remembrement (ONR) mit ihrer
ökonomischen Zielsetzung entsprechen auch nicht den
Anforderungen einer zukunftsorientierten Landwirtschaft und einer
nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums, welche die
sozioökonomischen, ökologischen und kulturellen
Belange gleichwertig berücksichtigen.
Ein Mentalitätswandel seitens des Landwirtschaftministeriums
und des ONR ist dringend gefordert.
Der
Millionenaufwand für die Flurneuordnung ist nur noch zu
verantworten, wenn neben dem Einkommen der einzelnen Betriebe auch das
öffentliche Interesse des Umwelt- und Landschaftsschutzes
gesichert und Gesetze und Direktiven eingehalten werden. |
Die Direktive über Umweltverträglichkeit
- Umsetzung:
konform zum EU-Recht?
Der Punkt
„Remembrement“, ein Projekt aus Anhang II der
UVP-Direktive von 1997, wurde bei der Umsetzung in Luxemburger Recht
herausgenommen. Das ist erlaubt „für
Projekte, die im einzelnen durch einen besonderen einzelstaatlichen
Gesetzgebungsakt genehmigt werden, da die mit dieser Richtlinie
verfolgten Ziele einschließlich des Ziels der Bereitstellung
von Informationen im Wege des Gesetzgebungsverfahrens erreicht werden“.
Dieser Gesetzgebungsakt fehlt in Luxemburg. Wohl wurde im Gesetz von
1994 im Artikel 24bis ein großherzogliches Reglement hierzu
vorgesehen, dieses lässt aber nach 12 Jahren immer noch auf
sich warten.
Nach geltendem EU-Recht sind in einem
solchen Fall die
Anforderungen der EU-Richtlinie
direkt anwendbar.
Nach der UVP-Direktive muss für jedes
Remembrement-Projekt eine Voruntersuchung auf mögliche
Umwelt-Beeinträchtigung(en) durchgeführt werden
(siehe Text im Anhang). Bei Verdacht auf eine erhebliche
Beeinträchtigung ist eine umfassende
Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.
Da Remembrements dort geplant werden, wo
noch Relikte der alten Kulturlandschaft mit einer kleinzelligen
Parzellierung und Landschaftsstrukturen (Hecken, Feuchtgebiete,
Trockenmauern,...) erhalten sind, ist praktisch immer mit
Beeinträchtigungen von Natur, Landschaft und
geschützten Arten, Lebensräumen und Gebieten zu
rechnen – und also eine UVP durchzuführen. Diese bewertet
die unmittelbaren und
mittelbaren Auswirkungen auf Mensch,
Fauna und Flora, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
Sachgüter und kulturelles Erbe und die Wechselwirkung zwischen
diesen.
Auch die Verpflichtung zu Alternativen ist in der Direktive
festgeschrieben mit dem Ziel,
Ausführungsmöglichkeiten für ein Projekt zu
finden, die möglichst wenig Schaden an der Umwelt verursachen.
Die LNVL hat in einem Brief den
Landwirtschafts- und den Umweltminister aufgefordert, die
Konformität des Remembrement-Gesetzes mit den EU-Direktiven
juristisch prüfen zu lassen. |
2. Salami-Taktik:
Verstoß
gegen die Direktive?
80% Mosel der Mosel sind
inzwischen
flurbereinigt; die letzten landschaftlich und
naturschützerisch wertvollen Hänge und Täler
sollen angegangen werden. Häppchenweise! Eine solche
„Salami-Taktik“ führt zur
Unterschätzung der Auswirkungen auf die Umwelt.
Jurisprudenzen
des Europäischen Gerichtshof zeigen eindeutig,
dass die Europäische Kommission die Salami-Taktik als
Verstoß gegen die UVP-Direktive ansieht.
Die LNVL legte
dem
Landwirtschafts- und dem Umweltministerium dar, dass das geplante
Remembrement Hanner
Fëls als Teil des
Gesamtprojekts „Remembrement Schwebsingen“ zu
betrachten und somit eine Impakststudie über das gesamte
Remembrement-Gebiet durchzuführen ist.
|
 |
In Schwebsingen
grenzen die 2004 ausgeführten Projekte Kolteschlach(1),
Räichelter(2) und die geplanten Projekte Hanner
Fëls(3) und Lëtschberg(4) direkt aneinander und sind
somit als Teile eines Projekts zu betrachten. Schon die einzelnen Teile
haben massive Auswirkungen auf Natur und Landschaft, doch der Impakt
des ganzen Projekt wurde nicht untersucht. Insgesamt ist die
Zerstörung einer ganzen Landschaft geplant – ein
Verlust nicht nur für die Natur, sondern auch für
unsere Kultur. |
3. Ungenügende
Untersuchungen
Die LNVL fordert seit Langem,
dass
das ONR Impaktstudien durchführen lässt, die dem
europäischen Standard entsprechen, also den Impakt eines
Projekts auf Natur und Landschaft erfassen und bewerten.
Das Gesetz über den Zugang zu Umweltinformationen
ermöglichte der LNVL die Einsicht in solche
„Impaktstudien“. Unsere schlimmsten
Befürchtungen wurden übertroffen.
Lediglich
Inventare von
Landschaftsstrukturen (Hecken usw.) wurden vom ONR in Auftrag gegeben,
also nur ein kleiner Naturausschnitt untersucht, wo doch an der Mosel
ganze Landschaften im wahrsten Sinne des Wortes umgebaut wurden! |
Fehlende Elemente der
Untersuchungen
sind vor allem:
- Tierarten,
insbesondere
geschützte Arten
Weder Arten, noch deren
Lebensräume werden erfasst.
Im Remembrement-Gebiet
Mompach-Herborn wurden mehrere Brutvogelarten nachgewiesen
(Bestandsaufnahmen der LNVL), für die die EU besonderen Schutz
von den Mitgliedsstaaten verlangt. Diese sind auf Landschaftsstrukturen
und z. T. besonders auf Feuchtgebiete angewiesen. So liegt z.B. der
Verbreitungsschwerpunkt des Rotmilan im Osten des Landes (Quelle:
Centrale Ornithologique LNVL)
Die Grosse Hufeisennase ist
eine der
seltensten Fledermausarten Europas (Anhang II der FFH-Richtline) In
Luxemburg ist nur noch eine Kolonie bekannt, die absolut
schutzwürdig ist. Die Nahrungsgebiete befinden sich auch in
den geplanten Remembrement-Gebieten um Schwebsange (Quelle: Die
Fledermäuse Luxemburgs, Travaux scientifiques du
Musée National d'Histoire Naturelle, Luxembourg)
Auch an sich
wenig wertvolle
Naturstrukturen
können beispielsweise als Korridore für wandernde
Arten oder als „Trittsteinbiotope“ oder
Teillebensräume von Bedeutung sein. Diese
wichtigen Untersuchungen werden nicht
durchgeführt.
- Wasser und
EU-Wasserrahmen-Richtlinie
Die Wasserrahmenrichtlinie
fordert den guten chemischen und ökologischen Zustand aller
Gewässer bis 2015. Statt diese Ziele umzusetzen, wird in
Bauwerke investiert, die den unnatürlichen Zustand der
Gewässer (eingetiefte Kastenform) festschreiben – ein Widerspruch
zur EU-Direktive!
Dränagen haben massive Auswirkungen auf
Wasserhaushalt und Standorteigenschaften, Wasserrückhaltung
und Wasserqualität (Dünger und Pestizide gelangen ins
Wasser). All diese Umweltauswirkungen werden nicht untersucht!
 |
Remembrement
Mompach/Herborn:
Neue Anlagen wie diese müssen wieder rückgebaut
werden, wenn der naturnahe Zustand der Gewässer wieder
hergestellt werden soll. Eine unverantwortliche Verschwendung
öffentlicher Gelder! Gerade im Rahmen der Flurneuordnung
könnte die Renaturierung der Gewässer in Planung und
Arbeiten einbezogen - und Gelder rationell eingesetzt
werden.
|
 |
Das Feuchtgebiet
Réier befindet sich in der Ausweisungsprozedur zum
Naturschutzgebiet. Trotzdem plante das ONR hier Dränagen. |
Die
LNVL hatte sich
besonders für den Schutz des Tals des Lelligerbachs und des
Naturschutzgebiets Réier eingesetzt. Hier wurden jetzt
Dränagen vom Umweltministerium verweigert, wie auch in einigen
anderen ökologisch wertvollen Flächen. |
In Schwebsingen wurden Hänge oben
abgeschnitten und unten aufgeschüttet. Nicht nur die
Landschaft, sondern auch die Geologie, die sich in Jahrtausenden
entwickelte, wurden innerhalb weniger Monate zerstört. Ein
ungeheurer Eingriff, der nicht
in den „Impaktstudien“ aufgeführt wird!
Auch im (Teil-)Projekt Schwebsingen-„Hanner
Fëls“ plante das ONR den Abtrag des Bodens auf der
gesamten Fläche und sogar des darunter liegenden Felsens bis
in einen Meter Tiefe. Später sollte dann wieder Boden
aufgetragen und so für viel Geld kleine Reliefunterschiede
glatt gebügelt werden.
Wie in anderen Projekten sollten mehrere tausend Tonnen Erde von
außen zugeführt werden. Weinbaugebiete riskieren zu
verkappten Deponien für
Bauschutt, Klärschlamm oder ähnlichen
„Abfall“ zu verkommen! Darauf sollen dann
qualitativ hochwertiger Wein produziert werden.
- Landschaft, insbesondere historisch und
kulturell wertvolle Landschaften
Die Auswirkungen
auf die Landschaft in
ihren
Bedeutungen als Kulturgut,
historisches Zeugnis und (Nah-)Erholungsgebiet werden nicht
bewertet.
Die Flurneuordnung wird
mit Brachialgewalt und im wahrsten Sinne des Wortes von Grund auf
betrieben, um die historische, abwechslungsreiche Landschaft an die
moderne Technik anzupassen. Während Landwirte und Winzer im
Rahmen der Cross Compliance die „gute landwirtschaftliche
Praxis“ einhalten müssen, setzen sich Staat und ONR
über elementare Anforderungen an Natur- und Landschaftsschutz
hinweg.
Schwebsingen-Räichelter:
es war einmal....
Natur- und Kulturgüter im
Räichelter: im wahrsten
Sinne des Wortes dem Erdboden gleichgemacht!
Typische Landschaften
wie die Moselregion mit einerseits sanften Hügeln und kleinen
Reliefunterschieden, andererseits den Steilhängen mit ihren
Terrassen und Trockenmauern sind Teil unserer Kultur und
Identität. Darüber
hinaus stellen sie auch einen ökonomischen Wert dar
(Tourismus).
Schwebsingen-Hanner Fëls stößt direkt an
den zerstörten Räichelter.
 |
Das
Umweltministerium
verweigerte die Genehmigung zur Zerstörung dieses
schönen Tals vor allem aus Gründen des
Landschaftsschutzes.
|
Weder der Impakt auf nationale,
noch auf
internationale Schutzgebiete wird untersucht. Dabei befindet sich das
Remembrement-Gebiet Schwebsingen in direkter Nähe eines
internationalen Schutzgebiets (Ramsar), eines Natura 2000-Gebiets und
von nationalen Naturschutzgebieten.
 |
Mompach/Herborn:
Dieser Weg wurde 2005 in den „Réier“
hinein gebaut, der sich in der Ausweisungsprozedur zum
Naturschutzgebiet befindet |
Die Vogelschutzrichtlinie
(1979) und die Flora-Fauna-Habitat-(FFH-)Richtlinie
(1992) schützen bestimmte Arten und Lebensräume.
„Natura 2000-Gebiete“
vernetzen europaweit Schutzgebiete für diese Arten und
Lebensräume.
Nutzungen, welche deren Erhaltungsziele nicht beeinträchtigen,
wie die (extensive) Landwirtschaft, sind erlaubt. Dagegen
dürfen Projekte, auch außerhalb der Gebiete, welche
diese beeinträchtigen könnten, nur aus „zwingenden
Gründen des überwiegenden öffentlichen
Interesses einschließlich solcher sozialer oder
wirtschaftlicher Art“
durchgeführt werden, allerdings unter bestimmten Auflagen und
nur wenn keine Alternativlösung möglich ist. Bei
prioritären Arten und Lebensräumen gelten die
Gesundheit des Menschen oder die öffentliche Sicherheit als
„zwingende Gründe“ .
Der
Impakt von
Remembrement-Projekten auf solche Arten, Lebensräume und
Gebiete wird nicht untersucht. Hier ist zu prüfen, ob ein Verstoß
gegen EU-Richtlinien vorliegt.
Die LNVL ist der Meinung, dass die Flurneuordnung kein
„zwingender Grund des
überwiegenden öffentlichen Interesses“
sein kann, der eine Beeinträchtigung rechtfertigen
würde. Remembrement-Projekte sind, nach entsprechenden
Untersuchungen über eventuelle Auswirkungen, so
auszuführen, dass eine Schädigung dieser auf EU-Ebene
geschützten Arten, Lebensräume und Gebiete
ausgeschlossen werden kann.
|
„Kompensationen“
Jahresbericht 2004 des
Landwirtschaftsministeriums: die Impaktstudie zum Wéngertsbierg
in Greiveldingen „a
été clôturée par un
bilan compensatoire largement positif.“
Wie kommt ein solcher rein rechnerischer Überschuss
an Kompensationsmaßnahmen
– also ein Gewinn für die Natur –
zustande? Der Wert von Landschaftsstrukturen wird
üblicherweise auf einer Punkteskala ausgedrückt,
welche jedem einzelnen Element je nach Bedeutung eine gewisse Wertzahl
zuordnet. Außerdem wird vom ONR die Fläche der
verschiedenen Elemente bei der Berechnung herangezogen.
- Nur ein kleiner Teil
der
natürlichen Elemente wird bewertet und deren Funktionen
(Lebensraum ...)
gar nicht erfasst. Erste Unterschätzung des Werts eines
Gebietes!
- Von den wenigen
festgestellten
Strukturen wird ein großer Teil zu Nicht-Biotopen
erklärt. Zweite Unterschätzung! Im Wéngertsbierg
Greiveldingen werden von 107 angeführten naturschutzrelevanten
Strukturelementen nur 59 anerkannt; in Schwebsingen-Hanner
Fëls sogar nur 11 von 56.
- Von den restlichen,
als
schützenswert anerkannten Elemente bleiben einige erhalten -
wenn auch größtenteils beeinträchtigt durch
Dränagen und Wege. Diese Beeinträchtigungen werden
entweder gar nicht bewertet oder als unerheblich eingestuft. Dabei
werden sogar als
sehr wertvoll
anerkannte Strukturen werden durch Wegebau beeinträchtigt!
- Andere werden
„kompensiert“. Diesen
„Kompensationen“ wird ein sehr hoher Wert
zuerkannt, wobei recht kreativ vorgegangen wird, wie folgende Beispiele
zeigen:
2
Beispiele:
Greiveldingen
In der
Strukturkartierung wird vor allem der Wert der Trockenmauern
hervorgehoben: „Diese
Elemente werden mit dem Seltenheits / Regenerierbarkeitswert 6 (stark
gefährdet / bedingt regenerierbar)
beziffert“. Neben der
Bedeutung als Biotope sind die Terrassen auch landschaftlich besonders
wertvoll. Trotzdem sah das ONR
deren Zerstörung vor - ein irreversibler Schaden an der
Landschaft! Neue maschinengerechte
Terrassen
sollten angelegt werden. Das Einsäen der so entstandenen
Böschungen mit Gras wurde vom ONR als hochwertige
Kompensationsmaßnahme angegeben: „en
pleine zone d'exploitation viticole un élément
naturel de grande valeur“!
Eine solche Vorgehensweise grenzt schon an Zynismus. Das
Projekt wurde vom Umweltministerium nicht genehmigt! |
 |
Schwebsingen
Hanner Fëls
Ein
Biotop soll zerstört werden für die Anlage eines
Rückhaltebeckens (1506 m²), das als wertvolle
Kompensationsmaßnahme
(„élément naturel de valeur“)
angeführt wird. O Ton der „Impkatstudie“
des ONR: „ En outre les
engrais et pesticides emportés
par les eaux superficielles et évacués par le
réseau qui s'y déverse seront retenus et
partiellement dégradés, le bassin jouant le
rôle de station d'épupration
naturelle. » Wahrlich ein wertvoller Ausgleich
für die Zerstörung der Landschaft ! |
 |
Diese beiden Beispiele
zeigen, mit welchen Methoden der vom Landwirtschaftsministerium
hervorgehobene „Überschuss an
Kompensationsmaßnahmen“ erreicht wird.
Diese
systematische Augenwischerei muss der Vergangenheit angehören.
Die LNVL fordert EU-konforme
Umweltverträglichkeitsprüfungen mit dem Ziel, die
Ausstattung an Lebensräumen usw. so weit wie möglich
zu erhalten, respektive zu verbessern. Kompensationsmaßnahmen
sind
ausschließlich als vollwertigen Ausgleich für
Auswirkungen zu entwickeln, die nicht vermieden werden können.
|
Für
das im Remembrement-Gesetz vorgesehene Règlement
grand-ducal über
Impaktstudien und Kompensationsmaßnahmen erarbeitete die LNVL
ein Positionspapier, das sie dem Landwirtschafts- und dem
Umweltminister zukommen ließ.
Hauptpunkt ist die Konformität des Gesetzes mit EU-Direktiven.
|
Remembrement- Gesetz
Die Praxis des Remembrement entspricht nach Auffassung der LNVL nicht
mehr den ursprünglichen Zielen, wie sie im Gesetz festgelegt
sind:
Art. 1er.
Afin d'assurer, dans l'intérêt
général, une exploitation plus
économique des biens ruraux, il peut être
procédé, conformément aux dispositions
de la présente loi, et en évitant dans la mesure
du possible, de porter atteinte au milieu naturel, au remembrement
des terres morcelées et des terres dispersées.
Art. 2. Le remembrement tend
à améliorer les biens-fonds en constituant, par
un nouveau lotissement, des parcelles
ayant de plus grandes surfaces, des formes mieux adaptées
aux façons culturales et des accès
indépendants.
Le remembrement peut
être accompagné de la création et de
l'aménagement de chemins, de voies d'écoulement
d'eau et de travaux d'amélioration foncière tels
que travaux d'assèchement, d'irrigation, de nivellement, de
défrichement et autres ouvrages connexes.
Ziel der Flurneuordnung
an der Mosel ist nicht die Zusammenlegung verstreuter Parzellen,
sondern die Anpassung der
Landschaft an moderne Maschinen,
wie eindeutig in
den Objektiven für das
Gebiet « Hanner Fëls »
formuliert wird: „Les
principes directeurs de cet aménagement sont donc
définis par ces considérations:
- pour l'exploitation
dans le
sens de la pente, il faut
adapter idéalement la pente des coteaux aux deux limites
supérieures imposées par la
mécanisation. Pour
une exploitation optimale, qui peut être effectuée
sous toutes les conditions, la pente ne devrait pas dépasser
30%. (...)
- limiter le
dévers
de l'interligne à
8%.
(...) »
Landschaft aus
dem
Computer !
Eingriffe
solchen
Ausmaßes können nach Auffassung der LNVL keinesfalls
durch das Gesetz gedeckt werden.
|
„Travaux
connexes“
Dem Wegebau
kommt über die eventuelle Beeinträchtigung wertvoller
Biotope hinaus eine große Bedeutung zu bei der
Zerstörung des Landschaftsbildes. So soll rund 10% des Gebiets Hanner
Fëls
zusätzlich durch Neuanlage und Verbreiterung von Wegen
versiegelt werden!
Schwebsingen-Kolteschlach: Schäden an Wegen schon im ersten
Betriebsjahr: Auch hierfür wird die Allgemeinheit aufkommen
müssen : « Le
taux de
participation de l'Etat aux frais exposés par les communes
pour l'entretien et la réparation des chemins
d'exploitation, voies d'eau et autres ouvrages d'art non
privés, créés ou maintenus lors du
remembrement ainsi que des éléments de verdure
bordant les chemins est fixé à trente pour cent.
Ce taux est fixé à quatre-vingts pour cent
lorsque les travaux susvisés sont dus à des
calamités naturelles. »
Für
die volkswirtschaftlichen Folgeschäden von Dränagen
muss die Allgemeinheit aufkommen (Hochwasser, schlechte
Gewässerqualität).
Die Idee der „Travaux
connexes“ hat sich verselbständigt. Scheinbar werden
Remembrement-Projekte geplant, mit dem Ziel, Wege anzulegen.
 |
Die Lëtzebuerger
Natur- a Vulleschutzliga stellt
fest:
Landwirtschaft und Weinbau in Luxemburg
müssen erhalten bleiben, die Betriebe dieses Sektors
müssen über ein angemessenes Einkommen
verfügen können.
Die Agenda 2000 der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik ist
eine Chance, langfristig ein solches Einkommen im Einklang mit dem
Recht der Allgemeinheit auf den Schutz der Umwelt (also von Natur,
Landschaft, natürliche Ressourcen und Tiere) zu garantieren.
Die Subventionen an die Landwirtschaft sind als Entgelt für
diese Leistung für das Gemeinwohl zu interpretieren.
Investitionen in die Zerstörung von Natur und Landschaft und
die Intensivierung der Landwirtschaft im Rahmen des Remembrement laufen
allen internationalen Anstrengungen zur nachhaltigen Entwicklung des
ländlichen Raums zuwider. |
Die aktuelle Situation stellt sich
so
dar:
- Hauptziel der aktuellen
Remembrement-Projekte ist nicht die Felderzusammenlegung, sondern die
am Computer berechnete Anpassung der Landschaft an die moderne Technik.
- Die
„Impaktstudien“ und
„Kompensationsmaßnahmen“ des ONR
entsprechen nicht den EU-weit applizierten Standards und Direktiven.
- Ganze Landschaften
werden
für immer zerstört; geschützte
Lebensräume und Arten geschädigt.
- Die Travaux connexes
(Wege
usw.) sind zu einem Selbstzweck geworden: was technisch machbar ist,
wird ausgeführt.
- Die juristische
Situation
in
Bezug auf mehrere EU-Direktiven muss überprüft werden.
- Die Auslegung des
Gesetzes als
Freikarte zum kompletten Umbau ganzer Regionen zu maschinengerechten
„Landschaften“ verstößt gegen
die Interessen der Allgemeinheit.
Die Lëtzebuerger
Natur- a Vulleschutzliga fragt:
- Kann
die aktuelle
Remembrement-Praxis im Rahmen der Agenda 2000 heute
noch als „intérêt
général“ gelten, oder aber wird der
Allgemeinheit Schaden zugefügt – unter Aufbringung
von Millionen öffentlicher Gelder?
- Ist
das ONR/das Landwirtschaftsministerium mit dieser Praxis heute noch
in der Legalität?
Die Lëtzebuerger
Natur- a Vulleschutzliga fordert
:
- die Überprüfung
der juristischen Situation. Hauptelemente
sind
- die
Konformität des Remembrement-Gesetzes zu den UVP-Direktiven;
- die Beachtung
der
Vogelschutz- und FFH-Direktiven;
- die
Legalität der angewandten Salami-Taktik;
- kurzfristig das im
Remembrement-Gesetz vorgesehene
Règlement grand-ducal,
um die Prozeduren und den Inhalt der
Umweltverträglichkeits-/Impaktstudien an die Anforderungen von
Direktiven und Gesetzen anzupassen.
- mittelfristig
ein
neues Remembrement-Gesetz,
welches das Prinzip der Nachhaltigkeit, die neuen internationalen
Konventionen und Direktiven und die Umwelt-Anforderungen der GAP
umsetzt.
- die Wahrnehmung der
Vorbildfunktion seitens öffentlicher Institutionen und
Verwaltungen betreffend die
Investition
öffentlicher Gelder.
Umdenken
ist angesagt:
- statt im Rahmen der
Remembrements einseitig auf die Einkommenssteigerung durch
Intensivierung hinzuarbeiten, sollen alternative Einkommensquellen wie
Prämien für extensive oder
biologische Bewirtschaftung konsequent gefördert werden;
- die
Landschaftspflegeprämie soll an Bedingungen geknüpft
werden, welche die Landschaft wirklich schützen;
- für die Mosel
ist
ein
Globalplan gefordert, der nicht einseitig auf das Remembrement von
Weinbergen ausgerichtet ist, sondern die Region in ihrer Gesamtheit
bewertet. So könnten Weinbau, Kultur, Natur und Tourismus
vereinbart werden (siehe Unesco).
- eine spezielle
Biodiversitätsprämie sollte geschaffen werden, die
den Winzern erlaubt, auf naturschützerisch wertvollen
Flächen ohne Einkommensverlust zu produzieren;
- allgemein sollen
extensive
Produktionsmethoden, vor allem Bio-Landwirtschaft und
–weinbau, gefördert werden.
Anhang
Nach der UVP-Richtlinie 97/11/EG
muss jedes Projekt von
Anhang II, zu denen auch das Remembrement zählt; auf folgende
Auswahlkriterien hin überprüft werden:
1. Merkmale
der Projekte
Die Merkmale der Projekte sind insbesondere hinsichtlich folgender
Punkte zu beurteilen:
- Größe des
Projekts,
- Kumulierung mit anderen
Projekten,
- Nutzung der natürlichen Ressourcen,
- Abfallerzeugung,
- Umweltverschmutzung und Belästigungen,
- Unfallrisiko, insbesondere mit Blick auf verwendete Stoffe und
Technologien.
2. Standort der Projekte
Die ökologische
Empfindlichkeit der geographischen Räume, die durch die
Projekte möglicherweise
beeinträchtigt werden,
muß unter Berücksichtigung insbesondere folgender
Punkte beurteilt werden:
- bestehende Landnutzung;
- Reichtum, Qualität
und Regenerationsfähigkeit der natürlichen Ressourcen
des Gebiets;
- Belastbarkeit
der Natur
unter besonderer Berücksichtigung folgender Gebiete:
a) Feuchtgebiete,
b) Küstengebiete,
c) Bergregionen und Waldgebiete,
d) Reservate und Naturparks,
e) durch die Gesetzgebung der
Mitgliedstaaten ausgewiesene Schutzgebiete; von den Mitgliedstaaten
gemäß den Richtlinien 79/409/EWG und 92/43/EWG
ausgewiesene besondere Schutzgebiete,
f) Gebiete, in denen die in den Gemeinschaftsvorschriften festgelegten
Umweltqualitätsnormen bereits überschritten sind,
g) Gebiete mit hoher Bevölkerungsdichte,
h) historisch, kulturell oder
archäologisch bedeutende Landschaften.
3. Merkmale der potentiellen
Auswirkungen
Die potentiellen erheblichen
Auswirkungen
der Projekte sind anhand der unter den Nummern 1 und 2
aufgeführten Kriterien zu beurteilen; insbesondere ist
folgendem Rechnung zu tragen:
- dem Ausmaß der
Auswirkungen (geographisches Gebiet und betroffene Bevölkerung),
- dem grenzüberschreitenden Charakter der Auswirkungen,
- der Schwere und der
Komplexität der
Auswirkungen,
- der Wahrscheinlichkeit
von Auswirkungen,
- der Dauer,
Häufigkeit und Reversibilität
der Auswirkungen.
(Anhang III) |
Ergibt diese
Vorprüfung, dass
wahrscheinlich erhebliche Beeinträchtigungen zu erwarten sind,
muss eine umfassende Umweltprüfung durchgezogen werden:
Die
Umweltverträglichkeitsprüfung identifiziert,
beschreibt und bewertet in geeigneter Weise nach Maßgabe
eines jeden Einzelfalls gemäß den Artikeln 4 bis 11
die unmittelbaren
und mittelbaren Auswirkungen
eines Projekts auf folgende Faktoren:
- Mensch, Fauna und Flora,
- Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
- Sachgüter und
kulturelles
Erbe,
- die
Wechselwirkung
zwischen den unter dem ersten, dem zweiten und dem dritten
Gedankenstrich genannten Faktoren."
(Artikel
3) |
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