Wege zu einer fairen, regionalen und biologischen Nahrungsmittelproduktion
1. Guten Appetit 2. Geniesser sind Landschaftsschützer
3. Ohne Bauern keine Kulturlandschaft! 4. Kein Weg zu weit?
5. Die Macht des Konsumenten 6. Grossküchen und Grossvermarkter müssen umdenken
7. Welthandel unter fairen Gesichtspunkten 8. Landwirte und Politiker für eine naturnahe Landwirtschaft
1. Guten Appetit
Kind mit Apfel Essen ist mehr als eine biologische Notwendigkeit. Der Geschmack, die Ästhetik, das Zusammenspiel von Speisen und Getränken beeinflussen unsere Wahrnehmung und entscheiden, ob ein Gericht gut schmeckt. Darüber hinaus entscheidet das Ambiente und das Zusammensein mit anderen, wie wir Speisen bewerten. So gibt es eine Vielzahl von Faktoren, die zu unserer Esskultur beitragen.
Noch Mitte des letzten Jahrhunderts hatte Essen hierzulande eine andere Bedeutung als heute. Genügend zu essen zu haben war keine Selbstverständlichkeit.
 
Essen war früher knapp und teuer. Vor 50 Jahren musste mehr als die Hälfte des damaligen Einkommens für die Ernährung ausgegeben werden. Heute im Jahr 2000 ist dieser Prozentsatz rapide abgefallen auf durchschnittlich 13% unseres Einkommens 
Zwischen Feinkost und Fast Food ist heute alles vertreten. Jeder kann wählen, was und wie er essen möchte. Dabei ist die Ernährungsituation so gut, dass Überfluss und falsche Ernährungsgewohnheiten oft Ursachen für Krankheiten sind.

Im Vergleich zu anderen Lebenshaltungskosten sind die Kosten für die Ernährung sehr gering. Die moderne Landwirtschaft, die seit den 50er Jahren enorme Ertragssteigerungen zu verzeichnen hatte, leistete hier einen großen Beitrag. Diese Ertragssteigerungen wurden u.a. mit Hilfe von Züchtung ertragreicher Sorten, mineralischem Dünger und chemischen Pflanzenschutzmitteln erbracht, die Steigerung der Fleischproduktion konnte durch den weltweiten Einsatz von Kraftfutter, Antibiotika und Hormonen gesichert werden.

Weitere Ertagssteigerungen werden durch den Einsatz von genmanipulierten Organismen prognostiziert.

Somit sind sauberes Trinkwasser, rückstandsfreie Lebensmittel, ohne den Einsatz von genmanipulierten Organismen augenblicklich nicht garantiert.

2. Genießer sind Landschaftsschützer
Unsere heutige Kulturlandschaft ist das Ergebnis einer traditionellen Landbewirtschaftung. Das Beackern und Mähen, selbst magerer und unzugänglicher Standorte, hat zu einer offenen und reichstrukturierten Landschaft geführt.

Trockenrasen und ‚Obstbongerten' an Hängen sind Beispiele dafür. Sie sind kostbare Lebensräume, werden aber in unserer heutigen Kulturlandschaft immer seltener, da ihre Bewirtschaftung enorm schwierig und zeitaufwendig ist und keinen großen Ertrag abwirft. Durch spezielle Programme muss heute ihre Bewirtschaftung gefördert werden.
Zum Erhalt der Obstwiesen trägt vor allem die Verarbeitung des Obstes bei. Der Verkauf von Obstsäften aus Streuobstwiesen ist die Grundlage einer dauerhaften Bewirtschaftung von Streuobstwiesen und motiviert auch neue Hochstammobstgärten anzupflanzen. 
Heute gibt es in Luxemburg nur noch 245 000 Hochstammobstbäume, das sind gerade mal 20 % des Bestandes von 1902 ( 1,2 Mill Obstbäume).
Apfelernte
Sind Trockenrasen und ‚Obstbongerten' durch mangelnde Pflege und fehlende Nutzung gefährdet, so werden andere Lebensräume wie z.B. Feuchtwiesen durch Drainagen zerstört. Unsere Landschaft droht eintöniger zu werden und verliert ihre kulturelle Wertigkeit.
 
Nicht nur der Mensch profitiert von der Vielseitigkeit einer naturverträglichen Landschaftsgestaltung, auch viele Tierarten lassen sich auf Streuobstwiesen beobachten, z.B. Grünspecht, Steinkauz, Siebenschläfer, Baumfledermäuse, verschiedene Schmetterlinge, Käfer und andere Insekten.

Die Landschaft ist nicht stabil, sie wird tagtäglich neu gestaltet und jeder hat die Möglichkeit
durch den Kauf von Produkten aus bäuerlicher Landwirtschaft mitzuentscheiden, wie seine Landschaft künftig aussehen wird.

Hiermit trägt man auch entscheidend dazu bei, den Landwirten, welche diese Landschaft pflegen, das Überleben und ein faires Einkommen zu sichern.

3. Ohne Bauern keine Kulturlandschaft!
Naturschutz durch Nutzung ist notwendig, wollen wir der Artenvielfalt eine Chance geben. Doch das ist nicht so einfach. Die meisten Landwirte stehen unter einem enormen Kostendruck. Mit weniger Arbeitskräften und größeren Maschinen bewirtschaften sie immer größere Flächen.

Daher können u.a. Kleinparzellen, schräge Hanglagen, Grenzertragsflächen, Heckenbestände und Feldgehölze zum Problem werden.

Vogelarten wie Kiebitz, Feldlerche, Goldammer, Grauammer, Rebhuhn oder Braunkehlchen haben kaum eine Chance, wenn überall intensiv gewirtschaftet wird.
 
Schafherde
Die Lebensräume von etwa einem Drittel aller Vogelarten in unserem Lande sind von der Landwirtschaft betroffen. Ihre Bestandeszahlen sind rückläufig.

Ebenso ist die Agrarlandschaft Lebensraum für viele Pflanzenarten, die zu verschwinden drohen.

Will die Allgemeinheit dieses Naturerbe gesichert haben, so muss sie sich auch dafür einsetzen. Erste Hilfe gibt es durch staatliche und europäische Förderprogramme für Landwirte, die spezielle Anstrengungen im Naturschutz unternehmen.

Der Mensch, der sich vom Alltag erholen will, ist dankbar für eine artenreiche Feldflur, wo auch Klatschmohn, Kornblume und der Feldhase eine Überlebenschance haben.
 
Durch den Kauf regionaler Produkte wird die heimische Landwirtschaft gestärkt.
Mit dem Kauf biologischer Produkte fördert jeder Käufer zudem die natürliche Vielfalt in seiner Umgebung.

4. Kein Weg zu weit?
Was heute auf unserem Speiseplan steht hat oft schon eine halbe Weltreise hinter sich. Obst und Gemüse kommen schon lange nicht mehr auf dem kürzesten Wege zu uns auf den Tisch. Der innere Qualitätsverlust eines Lebensmittels wird durch unseren abgestumpften Geschmack kaum noch wahrgenommen. Vielmehr steht das äußere Erscheinungsbild im Mittelpunkt unserer Kaufentscheidung. Es muß gut aussehen, was wir kaufen; woher es kommt, wie es produziert wurde, sein Gesundheitswert ist dagegen zweitrangig.
Unsere Lebensmittellager befinden sich hauptsächlich auf den Straßen. Für viele Produkte gilt: für die Verarbeitung und den Transport wurde sehr viel mehr Energie verbraucht, als zu seiner Erzeugung.
Die Preise verschweigen die ökologische Wahrheit!
Wer regional und biologisch erzeugte Lebensmittel einkauft, vermeidet in der Regel lange Transportwege, spart Energie und trägt so zum Klimaschutz bei.
Kuh
Beispiele für zurückgelegte km:
Steak aus Argentinien: 15 000 km Steak aus Luxemburg:
(einheimische Futtermittel verfüttert)
max.120 km
Lamm aus Australien: 20 000 km Lamm aus Luxemburg: max.120 km
Kartoffeln aus Marokko: 4 000 km Kartoffeln aus Luxemburg: max.120 km
Mehlprodukte aus amerikanischem Weizen: 12 000 km Mehlprodukte aus luxemburgischen Weizen: max.120 km
5. Die Macht des Konsumenten
Der Verbraucher hat es in der Hand, durch sein Verhalten mitzubestimmen, wie morgen produziert und wie die Landschaft in der er lebt aussehen wird.

Viele Lebensmittelskandale haben in der letzten Zeit dafür gesorgt, daß der Verbraucher verunsichert ist und kritischer einkauft. Er möchte informiert sein über die Art der Produktion, die Herkunft und die eventuellen Zusatzstoffe der Lebensmittel.

Transparenz gibt es nur da, wo man den Weg des Rohstoffes bis zum Fertigprodukt nachvollziehen kann. Dies versucht auch die EU bei ihrer neuen Direktive über die Etikettierung von Fleisch zu berücksichtigen.

Was der Verbraucher nachfragt, wird auch angeboten. Wie eine neue Landwirtschaftspolitik aussehen kann, bestimmt der Verbraucher an der Ladentheke.

Produkte
Kleine Auswahl regional 
erzeugter Produkte
Drei Grundregeln für den Landschaftsschutz an der Ladentheke:
  • Ökologisch einkaufen: Der biologische Landbau entspricht am ehesten einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion. Wer ökologisch einkauft, spart Energie, trägt zur Trinkwasserqualität bei und kauft Gesundheit für Mensch und Natur.
  • Regional einkaufen: Der Einkauf regionaler Produkte unterstützt die Bauern aus der Region, spart Transportkosten und erhält die Naturräume vor der Tür. 
  • Saisonal einkaufen: Wer heimische Produkte der Saison kauft, schont nicht nur sein Portemonnaie, sondern reduziert den Energieeinsatz und damit die Luftverschmutzung und den Treibhauseffekt.
  • Was für den einzelnen Verbraucher gilt, muss im besonderen für Großküchen, Kantinen, Restaurants, Catering, Krankenhäuser, Altersheime, Schulen etc. gelten.
    Biog
    Biologisch erzeugte Lebensmittel aus Luxemburg
    6. Großküchen und Großvermarkter müssen umdenken!
    Durch unsere „modernen“ Lebensbedingungen sind mehr und mehr Menschen gezwungen außer Hause zu essen. Dabei steht zwar eine gewisse Auswahl zur Verfügung jedoch sind die Inhaltsstoffe der jeweiligen Speisen nicht durchschaubar. Oft bestimmen Billigangebote die Zusammensetzung des Speiseplans. Am Endpreis eines Menüs sind die verwendeten Lebensmittel nur noch zu einem geringen Prozentsatz beteiligt.
    Hier ist ein Umdenken erforderlich!
     
  • Kinder in Schulkantinen, Foyers, Versorgungsstätten u.a. sollten das bestmögliche Warenangebot genießen. Dafür müssen unsere Gemeinden sorgen.
  • In Krankenhäusern müsste es eine Selbstverständlichkeit sein, qualitativ hochwertiges Essen anzubieten.
  • In Alters- und Pflegeheimen können ältere Leute oft nicht mehr selbstkritisch ihr Essen hinterfragen. Für sie muss die Hausverwaltung die Verantwortung für ein gesundes Essen übernehmen.
  • In Restaurants, Betriebskantinen, auf Zug- oder Flugreisen müssen alle bereit sein einen Mehrpreis für hochwertige Speisen auszugeben.
  • Weg von der Massenküche hin zur Qualität!
    Großküchen sind zu einem immer größeren Anteil an der Nahrungsmittelverarbeitung beteiligt. Deshalb wird ihre Verantwortung für die Sicherung der natürlichen Lebensräume immer größer.

    Die Großküchen müssen Anstrengungen unternehmen, um qualitativ hochwertige Produkte zu verarbeiten und dadurch jene Landwirte zu unterstützen, die unsere Landschaft und die damit verbundene Vielfalt pflegen. Auf biologische und regionale Produkte sollte hier zurückgegriffen werden.

    Gemuese
    Großvermarkter sollten umstellen

    Oft werden hochwertige Produkte vom Verbraucher gefordert, können aber nicht zur richtigen Zeit, in genügender Menge am richtigen Ort sein.
    Deshalb braucht der Markt eine neue Logistik, um vor allem Großküchen mit regionalen und biologischen Produkten zu versorgen. Hier besteht noch ein riesiger Nachholbedarf.

    7. Welthandel unter fairen Gesichtspunkten
    Zum Beispiel Bananen

    Als Musa paradisica hat die goldgelbe Frucht sich in der botanischen Fachsprache einen Namen gemacht. Der Ruf des Paradiesischen haftet dem heute drittwichtigsten Handelsgut im Obstbereich aber schon weitaus länger an.

    In Zentralamerika erzählt eine Legende von der Erschaffung dieser "perfekten" Frucht (nahrhaft, leicht zu schälen und zu kauen, nicht zu hart, nicht zu weich, gut eingepackt von Mutter Natur) im paradiesischen Garten.
     
    Heute steht diese idyllische Geschichte im Kontrast zur bitteren Wirklichkeit. Nicht paradiesische Zustände charakterisieren die Bananenwelt, sondern das erbarmungslose Dschungelgesetz einer globalisierten Weltwirtschaft. 

    Die Befriedigung der menschlichen Nahrungsbedürfnisse ist dem Wirrwarr von wirtschaftspolitischen und rein profitorientierten Interessen von multinationalen Konzernen gewichen. Der fruchtbare Paradiesgarten wird durch den grossflächigen Einsatz von Pestiziden zerstört. Die in der lateinamerikanischen Geschichte beschriebene Einigkeit zwischen den Menschen ist längst dahin: Ausbeutung und Unterdrückung der Bananenpflücker stehen auf der Tagesordnung.

    Bananen
    Die über ein Jahrhundert gewachsenen ungerechten Strukturen im Bananenbusiness lassen sich nicht von heute auf morgen umkrempeln. Damit "Landschaft" wieder "schmecken" kann, müssen neue Wege eingeschlagen werden. Dass es auch ohne Chemie in der Bananenproduktion gehen kann, wird mit der fairen Banane aus biologischem Anbau deutlich. 
    Im Unterschied zu ihren älteren Geschwistern, dem Kaffee, Tee, der Schokolade und den Bonbons steht mit der Banane erstmals ein Frischprodukt auf dem Programm. Der Faire Handel hilft mit, dass die Produzenten ihre Zukunft mittelfristig wieder eigenverantwortlich gestalten können. Bei vielen Konsumenten gilt das TransFair Garantiezeichen ohnehin nicht nur als Garantie für ein Plus an Gerechtigkeit, sondern auch an Qualität. Wie könnte es sich sonst erklären, dass bereits im ersten Halbjahr der Einführung der fairen Banane bereits 74 Tonnen der goldgelben Frucht hierzulande verkauft werden? Dieser Starterfolg entspricht einem Marktanteil von etwa 4 Prozent! transfair
    TransFair 
    13 rue de la Gare, 
    L-5353 Oetrange, 
    Tel.: 35 07 62

    8. Landwirte und Politiker für eine naturnahe Landwirtschaft
    Landwirte für den Landschafts- und Naturschutz
    Landwirte müssen den Trend der Zeit wahrnehmen. Der Verbraucher fragt nach naturnahen Produkten und ist gewillt, etwas für den Erhalt der Landschaften in unserem Land zu tun.
    Es werden dringend Bauern und Verarbeiter gebraucht, die ihre BetriebeDerzeit ist die Nachfrage nach biologischen Produkten in Luxemburg höher als das Angebot, deshalb müssen naturnahe Produktionsmethoden wieder stärker in den landwirtschaftlichen Betriebsablauf integriert werden.
    Es stehen heute schon viele Naturschutz- und Pflegeprogramme zur Verfügung, an denen sich der Landwirt beteiligen kann. Dadurch trägt die Allgemeinheit über den Weg der Steuerzahlung zum Erhalt der Vielfalt in unseren Landschaften bei und entschädigt den Landwirt für finanzielle Einbußen.

    Politiker sind gefordert
    Die Politik hat mit ihrer Forderung 5% Ökoanbau in 10 Jahren Rahmenbedingungen gesetzt, die Ökologisierung der landwirtschaftlichen Produktion zu fördern. Hier müssen konkrete Projekte z.B. die Förderung von Vermarktungsinitiativen u.a. folgen.
     
    Speziell sind zu nennen:
     
    • eine transparente Verbraucherpolitik
      • Oberstes Ziel ist die bestmögliche Information des Verbrauchers. Qualitätskriterien für regionale Produkte müssen ausgearbeitet werden.
    • Erhalt der Biodiversität 
      • Gewässerschutz, Klimaschutz, Arten- und Biotopschutz sollen intensiver als bisher gefördert werden. Biodiversitätsprogramme müssen aktiv an die Landwirte herangetragen werden.
    • eine neue Bioethik
      • Durch gezielte Maßnahmen sind vom Aussterben bedrohte sowie lokale Tierrassen und Pflanzenarten zu erhalten. Grundregeln des Tierschutzes sind bei der Haltung und beim Transport der Tiere zu berücksichtigen.
    • eine Ablehnung der Gentechnik in der Landwirtschaft
      • Auf Grund der vielfältigen Gefahren und Risiken, welche die Gentechnologie beinhaltet, muss die Landwirtschaft gentechnikfrei bleiben. 
    • Reelle Preispolitik
      • Preise müssen die ökologische und soziale Wahrheit sagen. Die europäische Agrarpolitik muss auf der Grundlage ökologischer und sozialer Mindeststandards geprägt werden.
    Tomaten


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