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«Op der Fonderie»
Adios Nachhaltigkeit
In Rodange beweist
das Innenministerium erneut, dass es Raumplanung hauptsächlich in
den Dienst der Wirtschaft stellt.
TEXT:
MARYSE LANNERS
Sie
fühlen sich regelrecht verschaukelt. Ihr Konzept zur Aufwertung der
Industriebrache «Op der Fonderie» sei äußerst realistisch
und gemäßigt gewesen und hätte zugleich den Beweis geliefert,
dass die Koexistenz von Gewerbe, Natur und Kultur auch im «Minette»
möglich ist. Nach etlichen Diskussionsrunden mit der Entwicklungsgesellschaft
Agora war Zuversicht angesagt. Doch Innenminister Michel Wolter fegte die
Vorschläge der «Lëtzebuerger Natur- a Vulleschutzliga»
(LNVL) kurzerhand vom Tisch und entschied sich für die «billigste
und Ideen ärmste Variante». Die Industriebrache wird zur Gewerbezone,
u.a. wird ein europäisches Data-Center dort seinen Sitz haben. Einige
Alibi-Bäume sorgen für den grünen Touch.
Was
an dieser desolat wirkenden Industriebrache überhaupt erhaltenswert
ist? Die Frage bringt Françoise Rollinger, Präsidentin der
lokalen LNVL-Sektion in Fahrt. Erstens handelt es sich um einen Teil unserer
Industriegeschichte, also unserer Identität. Zweitens biete sich nun
die Gelegenheit, die Korn teilweise zu renaturieren und generell von der
Industrie verursachte Umweltschäden zumindest teilweise zu beheben.
Also eine Art Wiedergutmachung zu leisten und den Standort Rodange durch
den Aufbau neuer Anziehungspunkte aufzuwerten. Außerdem sei es Zeit,
mit der allzu weit verbreiteten Meinung aufzuräumen, derzufolge der
«Minette» ohnehin verschmutzt und Naturschutz dort vergebliche
Liebesmüh sei. Im Gegenteil. «Weil wir weniger Natur haben,
ist sie umso schützenswerter», so die engagierte Dame.
ENTLANG DER KORN und
zwischen der Collectrice du Sud, der Eisenbahn und viel bebautem Gebiet
erstreckt sich das Gelände der früheren Gießerei der «Rodanger
Schmelz», die seit über 20 Jahren den Betrieb eingestellt hat.
Mit knapp 60 Hektar ist die «Fonderie» die kleinste aller Brachen
im Süden des Landes, deren Gesamtfläche sich auf 600 Hektar ausdehnt
und die von der Gesellschaft «Agora» neuen Bestimmungen
zugeführt werden sollen. Angepeilt wird eine nachhaltige Entwicklung,
«compte tenu des dimensions économique, écologique
et sociale». So steht es im offiziellen Bericht des Innenministeriums
an die Abgeordnetenkammer. An die Worte hinter dem Komma scheint sich,
außer den Naturschützern, niemand zu erinnern, argwöhnen
Letztere.

Doch
der Innenminister findet die Kritiken der Naturschützer unbegründet,
wie er dem DP-Abgeordneten Gusty Graas auf eine entsprechende parlamentarische
Anfrage versichert. Seiner Ansicht nach würden die Belange der Naturschützer
ausreichend berücksichtigt. Dem widerspricht die LNVL. Die zurückbehaltene
Variante verkleinere ein geplantes Naturschutzgebiet und vernichte geschützte
Biotope sowie erhaltenswerte Industriearchitektur.
ABGEHOLZT wurden
bereits die Birken und Pappeln, die das Gelände säumten.
Angeblich weil sie eine Gefahr für die Eisenbahn darstellten. Steht
das gleiche Schicksal nun den alten Industriegebäuden bevor? Mit ihren
eingeschlagenen Fensterscheiben und abbröckelnden Mauern wirken sie
tatsächlich abbruchreif. Françoise Rollinger hat Angst, dass
es «op eemol ganz schnell kënnt goen». Dass die
alten Gebäude einfach abgerissen würden.
Dabei
waren ausgerechnet diese Hallen das zentrale Element des LNVL-Projektes.
Im mittleren Teil sollte ein Vermarktungszentrum für Tourismus, Kultur
und Geschichte im Südwesten Luxemburgs entstehen. Eine Art Visiting-Center
im Dreiländereck, ein neues Aushängeschild für den «Minette».
All diese Hoffnungen wurden jetzt zunichte gemacht. Das im aktuellen Plan
«isoliert an die Korn gemalte Visiting Center, ohne Konzept und ohne
Bezug zur Region», kann die LNVL nicht zufrieden stellen.
Überschwemmungsfläche:
Das gesamte Areal steht auf den Auen der Korn.
Die
Naturschützer wollte sie teilweise renaturieren und das Element
Wasser pädagogisch nutzen.
Abgeholzt:
Zum Entsetzen der Naturschützer
wurden
die Birken und Pappeln entfernt.
Entsetzen:
Die frühere «Rodanger Schmelz» könnte ein attraktives
Vermarktungszentrum
für den Süden werden.
Jetzt
fürchten die Befürworter dieser Wiederaufwertung,
dass
eines Tages der Bagger anrückt.
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