Revue Nr. 15 - 16.4.2005, S. 33
 
Interview: Tom Conzemius über die neue Rote Liste der bedrohten Vögel Luxemburgs
  
   
Im Vogelschutz ist eine Trendwende zu beobachten: Bedrohte Arten kommen wieder, häufige Arten gehen zurück. Warum erklärt Tom Conzemius.
 

REVUE: Seit März dieses Jahres gibt es die neue Rote Liste der Vögel Luxemburgs. Welche Veränderungen sind darin zu finden?
TOM CONZEMIUS: Sie zeigt zum einen positive Entwicklungen im Vogelschutz auf: Zum Beispiel feiern viele Großvögel, wie der Uhu oder der Graureiher, die im vorigen Jahrhundert am Rand des Aussterbens waren, eine spektakuläre Rückkehr. Bei den Wasservögeln haben Haubentaucher und Zwergdommel im Naturschutzgebiet Remerschen eine neue Heimat gefunden.

REVUE: Das klingt vielversprechend. Was ist der Haken dabei?
TOM CONZEMIUS: Auf der anderen Seite gibt es eine neue Gruppe von Vögeln, die ihren Weg auf die Rote Liste gefunden haben: Wachtelkönig, Steinkauz, Schafstelze, Braunkehlchen und Grauammer sind vom Aussterben bedroht; Rebhuhn, Kiebitz, Raubwürger und Wiesenpieper zumindest gefährdet. Aber auch „Allerweltsarten“ wie Turteltaube, Neuntöter, Feldlerche, Rauch- und Mehlschwalbe haben in den letzten Jahrzehnten mehr als 20 Prozent ihrer Populationen eingebüßt und stehen in der Vorwarnliste.

REVUE: Was ist die Ursache für diese Entwicklung?
TOM CONZEMIUS: Die internationale Vogelschutzorganisation Birdlife hat einen Index der häufigen Brutvögel Europas entwickelt, der klar zeigt, dass vor allem die intensive Landwirtschaft für die Biodiversitätskrise in Europa verantwortlich ist. Deshalb müssen wir heute die Chance nutzen, die die Ausrichtung der gemeinsamen Agrarpolitik bietet, um diese Tendenz umzukehren. Allerdings ist das Monitoring häufiger Arten schwieriger als etwa die Überwachung unserer Wanderfalkenpopulation. Bei 12 Brutpaaren fällt jede Veränderung sofort auf. Man kann aber tausende Paare Feldlerchen verlieren, ohne dass es offensichtlich ist. Deshalb wird es höchste Zeit, dass auch Luxemburg bei der «Europäischen Erfassung für häufige Vögel» mitmacht.