Journal 30.7.2004
NATURA und LNVL: Neue Chancen nutzen für Naturschutz und Landwirtschaft 

nd.- Die Vereinigungen Natura und "Lëtzebuerger Natur- a Vulleschutz-Liga" (LNVL) wollen sich nicht in die rezenten Auseinandersetzungen um Sinn und Unsinn von gezielten Pilotprojekten im Rahmen des Naturschutzes einmischen, die im Kontext der extensiven Beweidung von ca. 30 ha Grünflächen am Rande der Saarautobahn zwischen Mouvement Ecologique und Forstverwaltung geführt werden. 

Zeit zum Handeln 

Beide Naturschutzorganisationen sehen dagegen mit dem Inkrafttreten des neuen Naturschutzgesetzes im Januar 2004 und dem bevorstehenden Amtsantritt einer neuen Regierung den Augenblick gekommen, endlich "Neel mat Käpp ze maachen", wie es gestern Vormittag im Rahmen einer Pressekonferenz im "Haus vun der Natur" auf Kockelscheuer hiess. 

NATURA-Präsident Frantz-Charles Muller verlangte, dass endlich der erstmals schon 1983 in Aussicht gestellte nationale Naturschutzplan aufgestellt werden soll, um endlich die Vielzahl an Ideen und die lange Liste der als schützenswert angesehenen Gebiete übersichtlich zusammen gestellt werden sollten. Für die neue Regierung gehe es darum, im Rahmen des als Basis für die Landesplanung dienenden IVL die verschiedenen ökonomischen, sozialen und ökologischen Komponenten richtig zusammen zu kriegen. Als Beispiel für Sinn und Notwendigkeit einer solchen Vorgehensweise zitierte er die so genannte "ceinture verte" rundum die Hauptstadt, von der bei weiterem Warten am Ende wohl nicht mehr viel übrig bleibe. 

Positive Ansätze 

Für Patrick Lorgé von der "Centrale Ornithologique" stellt die extensive Beweidung größerer zusammenhängender Grünflächen eine sinnvolle Maßnahme dar, um an geeigneten Standorten die Artenvielfalt von Lebewesen und Pflanzen zu erhalten. Das Beispiel Roeserbann, wo heute kaum noch Vielfalt fest zu stellen sei, zeige deutlich, dass eine intensive Wiesenbewirtschaftung mit mehrfacher Nutzung im Jahr den Vögeln kaum Möglichkeiten lasse für die notwendige Pflege und Aufzucht ihrer Brut. Dieses Phänomen sei im übrigen europaweit fest zu stellen. 

Bei den Bemühungen, bedrohte Habitate zu schützen und zu erhalten, die in einer EU-Direktive vorgeschrieben wurden, habe die Regierung in den letzten Jahren eine Reihe von Projekten über Renaturierung und Wiederherstellung von Grünflächen in natürlichem Zustand gestartet, die sich als positiv für den Erhalt der Biodiversität heraus stellten. Die Forderung der Naturschutzorganisationen geht deshalb klar in die Richtung, dass in den kommenden Jahren weitere solcher Projekte auf den Weg gebracht werden müssen. 

Unbedingt erforderlich sei dabei auch eine wissenschaftliche Begleitung. Ein Projekt wie das der Forstverwaltung zur extensiven Beweidung größerer zusammen hän- gender Flächen sei an sich begrüßenswert, doch müsse darüber hinaus auch an die ökologisch wichtige Funktion von Hecken und Mähwiesen gedacht werden. 

Gemeinsames Interesse 

Naturschützer und Landwirtschaft hätten ein gemeinsames Interesse, den Schutz der Kulturlandschaft zu garantieren, so Tom Conzemius von der LNVL, der verlangte, dass schnellstmöglich die im neuen Naturschutzgesetz vorgesehene "Table Ronde" mit allen interessierten Kreisen - Natur- und Umweltschutzvereinigungen, Verwaltungen und Landwirtschaft - zusammen gerufen werden soll. Darüber hinaus sei es notwendig, die Zusammenarbeit zwischen staatlichen Verwaltungen und interkommunalen Naturschutzsyndikaten, wie sie leider erst in verschiedenen Regionen funktionieren, zu verstärken und die wissenschaftliche Begleitung zu sichern. 

Wertegleichheit anstreben 

Die Handlungsfähigkeit der staatlichen Naturschutzverwaltung, die strukturell und personell unterbesetzt sei, müsse an die tatsächlichen Bedürfnisse angepasst werden, um die notwendige Professionalität und Wissenschaftlichkeit zu garantieren. 

Die neue Regierung, darin waren sich die Vertreter der verschiedenen Organisationen einig, müsse auf der Basis des am 1. Januar in Kraft getretenen neuen Naturschutzgesetzes zeigen, welche Bedeutung sie diesem Sachgebiet beimisst. Der Naturschutz gehöre generell stärker thematisiert. 

Die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Komponenten müssten im Rahmen der weiteren IVL-Diskussionen wertemäßig auf die gleiche Ebene gestellt und gefördert werden, so die abschließende Forderung gestern. 

Dabei gelte es, im spezifischen Bereich des gesellschaftlichen Umfeldes die sich bietenden Chancen für die Landwirtschaft und den Naturschutz gleichermaßen zu nutzen, weil beide letztendlich kein Selbstzweck seien, sondern wesentliche Elemente der Lebensqualität für die menschliche Gesellschaft.