Luxemburger Wort 12.1.2006
Die Forstverwaltung gegen den Rest der Welt?
Landwirtschaftsminister Boden und Umweltminister Lux versuchen, die Wogen zu glätten
Von DANI SCHUMACHER
Es ist ein offenes Geheimnis. Seit Monaten spitzt sich der Konflikt zwischen der Forstverwaltung einerseits und dem Office national du remembrement (ONR) andererseits zu. Grund des Zwists zwischen Naturschutz und Landwirtschaft ist eine sehr rigorose Auslegung des Naturschutzgesetzes.
Beim ONR sind derzeit eine ganze Reihe von Flurneuordnungsprojekten in der Schwebe,. weil die Forstverwaltung immer wieder ihr Veto einlegt.
Anlässlich der Weinsegnung in Greiveldingen hatten die Winzer ihrem Ärger Luft gemacht weil das Remembrement-Projekt nach vier Jahren Vorlaufzeit kurz vor der Realisierung doch noch vom Umweltministerium gestoppt worden war. Bei anderen Vorhaben wie etwa in Mompach oder in Schwebsingen sieht es ebenfalls nicht rosig aus. Die betroffenen Winzer werden ungeduldig, da sie die Weinbergzusammenlegung in erster Linie als ein Instrument betrachten, das ihnen die Arbeit erleichtert und somit zur Wirtschaftlichkeit der Betriebe beiträgt.
Durch die rigorose Auslegung des Naturschutzgesetzes wird die Arbeit des Flurneuordnungsamts langfristig untergraben, befürchtet man beim ONR. Dabei ist es diese Behörde, die laut dem abgeänderten Gesetz von 1964 für die Durchführung der Remembrement-Projekte zuständig ist.
Nicht ganz so dramatisch ist die Situation hei der Ackerbauverwaltung. Hier wird zumindest kein Dossier vollständig durch die Vorgaben der Forstvorwallung blockiert. Allerdings gab es bei der Umsetzung der Agrarreform einiges Konfliktpotenzial. Vor allem bei der Cross Compliance lagen die beiden Behörden am Anfang sehr weit auseinander.
Für die Asta war die rigorose Interpretation der Abteilung Naturschutz der Forstverwaltung unannehmbar. In diversen Arbeitsgruppen wird jetzt eine Annäherung gesucht. Ein erster Zwischenbericht soll Ende März, Anfang April vorliegen. Bis Mitte des Jahres soll dann ein Modus vivendi gefunden sein.

Lösung in Greiveldingen eventuell bis Ende Januar
Nach dem Eklat von Greiveldingen, kam es gestern zu einem Treffen zwischen I,andwirtschaftsminister Boden und Umweltminister Lux. Übereinstimmend sprechen die beiden Minister von einem konstruktiven Gespräch. Was Greiveldingen anbelangt, so hofft Fernand Boden. dass bis Ende Januar eine für beide Parteien akzeptable Lösung gefunden wird.

Doch im Lauf der Unterredung kam auch Grundsätzliches auf den Tisch. In Zukunft soll auf Ebene der Ministerien stärker zusammengearbeitet werden, so die einhellige Meinung der beiden Minister. Vor allem will man sich bei Remembrement-Projekten künftig in Vorfeld beraten, um so die ständigen Querelen im Nachhinein zu unterbinden. Landwirtschaftsminister Boden erhofft sich davon, dass die Prozeduren im Interesse der Winzer zügiger durchgezogen werden können.

Wie es aussieht, scheinen die beiden Ressortchefs das Remembrement demnach vorerst zur Chefsache erklärt zu haben : „Es gibt nur ein Umweltministerium", so Lucien Lux. Umweltpolitik werde ausschließlich im
Umweltministerium gemacht, nicht bei der Forstverwaltung und auch nicht wo anders, so der Umweltminister weiter.
Doch dar Ärger über die Naturschutzabteilung beschränkt sich nicht allein auf die landwirtschaftlichen Behörden. Für erheblichen Wirbel hatte bereits Anfang letzten Jahres ein 133 Seiten starkes Dokument gesorgt, das die Naturschutzabteilung der Forstverwaltung zum Artikel 17 des Naturschutzgesetzes verfasst hatte. In einem einmaligen Schulterschluss hatten sich Bauernverbände und Naturschutzvereinigungen damals gegen das Papier ausgesprochen. In einer gemeinsamen Stellungnahme hatten die Lëtzebuerger Natur- a Vulleschutzliga, Mouvement écologique, Centrale paysanne, Fräie Lëtzebuerger Bauereverband, Jongbaueren a Jongwënzer und die Baueren-Allianz den Entwurf als „völlig kontraproduktiv" abgelehnt, weil die strikte Auslegung des Gesetzes „unweigerlich zu einer Polarisierung zwischen Naturschutz und Landwirtschaft“ führe, „die einer konstruktiven Zusammenarbeit letztlich schade".

Unbeliebt auch bei den Naturschützern
Auch davor war der Mouvement écologique bereits mit dem Naturschutzdienst der Forstverwaltung aneinander geraten. Im Sommer 2004 hatte der Méco dem Chef der Naturschutzabteilung, Jean-Claude Kirpach, in Bezug auf das extensive Beweidungsprojekt, das als Ausgleichsmaßnahme für den Bau der Saarautobahn in Frisingen initiiert worden war, fachliche Inkompetenz und Willkür vorgeworfen.
Und auch in Sachen Renaturierung stößt das Naturschutzverständnis der Forstverwaltung oft auf wenig Gegenliebe. Im Roeserbann liefen die Bauern gegen das „größenwahnsinnige" Projekt Sturm, dem etwa 70 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche zum Opfer fallen werden. Vergebens.
In Mamer wurde ebenfalls über die Köpfe der Bürger hinweg renaturiert. Was das Projekt Brill anbelangt, so spricht die Gemeindeverwaltung mittlerweile von einer fehlgeschlagenen Initiative. Nach zahlreichen Beschwerden seitens der Bevölkerung hat man reagiert und die Renaturierung des Faulbachs teilweise wieder rückgängig gemacht.
Dies ist ein Novum. Zum ersten Ma1 widersetzt sich eine Gemeinde der Forstverwaltung und somit dem Umweltministerium. Das Beispiel könnte Folgen haben.




Naturschutz gegen den Willen der Bevölkerung macht wenig Sinn. Im Roeserbann wehrten sich die Bauern vergeblich gegen das Renaturierungsprojekt.
(Foto Serge Waldbillig)