Luxemburger Wort 13.3.2006

Pflegestation für wilde Tiere in Düdelingen

Quarantäne für Tiere - Sicherheitszone für Menschen
Vorkehrungen wegen Vogelgrippegefahr müssen strengstens eingehalten werden
von Mil Biver, Fotos Pierre Matgé © 2006 Luxemburger Wort

Besonders achtsam geht man zurzeit auf der Pflegestation für wilde Tiere der „Lëtzebuerger Natur- a Vulleschutzliga“ (LNVL) in Düdelingen mit der drohenden Vogelgrippegefahr um. Tiere - sowohl Säugetiere als auch Gefieder - werden bei ihrer Einliefe­rung zuerst in Quarantäne gesetzt bevor sie in den Pflegebereich überwiesen werden. Für Menschen, außer dem Pflegepersonal, ist in einer speziellen Empfangshalle am Eingang zur Station bereits Schluss.

Vogelgrippe ist zurzeit auch auf der LNVL-Pflegestation für Wildtiere in Düdelingen Thema Nummer 1. Entgegen früheren Gewohnheiten wer­den die eingelieferten Tiere - Säugetiere und Gefieder - nicht mehr direkt in den Pflegebereich gebracht. Nach einer ers­ten Untersuchung werden sie für einige Tage in der Quarantänestation gepflegt. Danach werden sie dann definitiv als „normale“ Tiere behandelt.

Veterinärin Dr. Laurence Reiners erklärte gegenüber dem „Wort“: „In einer ersten Phase gelten diese Vorschriften bis zum kommenden l. April. Danach muss die Lage in Bezug auf die Vogelgrippe neu abgewogen werden, ehe dann an­dere Maßnahmen getroffen werden können. Mit der Vogelgrippe ist nicht zu spaßen“.

Keine Besucher zugelassen
Zurzeit ist sowieso keiner zum Spaßen auf der Pflegestation in Düdelingen aufgelegt. Men­schen, die Vögel oder andere Tiere, die in freier Wildbahn leben, anliefern, werden ledig­lich bis in eine improvisierte Empfangshalle, direkt am Haupteingang vorgelassen. Hier ist dann aber Schluss. Die Tiere werden wie zuvor regis­triert. Spezielle Vorkommnisse und Einzelheiten zum Fundort sowie der Zustand, wie das Tier gefunden wurde, notiert. Da­nach kommt nur noch das fünfköpfige Pflegeteam in Spezialausrüstung mit den Tieren in Kontakt.

Verständlich, dass wegen der drohenden Vogelgrippegefahr auch keine Besuche von Schul­klassen auf der Station erlaubt sind. Bis auf weiteres müssen die Kinder und Jugendlichen auf die sonst sehr beliebten Be­suche verzichten.

80 Prozent Gefieder
Zurzeit besteht der Patienten­bestand zu 80 Prozent aus ge­fiederten Tieren, hauptsächlich Bussarde, Eulen, Uhus, Raben, Elstern, Reiher und kleinere einheimische Vogelarten. Der Rest setzt sich zusammen aus unter anderem zwei Fleder­mäusen und etwa 70 Igeln.

Zum Bestand gehören aller­dings auch mehrere Hausen­ten, zwei Schwäne, ein Schwarzstorch, die genau wie ein blinder Fuchs aber fast alle­samt zum beständigen in der Station lebenden Inventar ge­hören. Da die Wasservögel zu den am meisten von der Vogelgrippe betroffenen Tiere gehö­ren, wird versucht, Neuaufnahmen nur eingeschränkt vorzu­nehmen.

Dr. Laurence Reiners zum Verdacht auf Vogelgrippe: „Bei der Aufnahme wird zuerst un­tersucht, ob die gefiederten Tiere keines der Hauptsymp­tome - Durchfall oder urologi­sche Probleme - aufweisen. Ab­gemagert sein ist von Vorteil für das Gefieder, dass es nicht an Vogelgrippe, die innerhalb we­niger Stunden tödlich wirkt, er­krankt ist. Besteht der geringste Zweifel, muss das eingelieferte Tier leider eingeschläfert und anschließend zur Analyse ins nationale Labor gebracht wer­den. Ist dies der Fall, rufen wir den Zivilschutz an, der sich um den Rest kümmert. Unter die­selben Vorschriften fallen ebenfalls Tiere, die Während der Behandlung sterben. Auch sie müssen zwecks Analyse ins Labor."

Andere Sicherheitsmaßnahmen
Damit die Vogelgrippe nicht von außen in die Volieren ge­langen kann, wurden weitere Sicherheitsvorkehrungen ge­troffen. Die Außenvolieren wurden mit Plastikplanen ab­gedeckt und mit sehr engma­schigen Netzen umgeben. In dieser Hinsicht hat es laut Dr. Reiners viele Probleme wegen der Schneemassen in den ver­gangenen Wochen gegeben. Durch die Last sind Verstrebungen gebrochen, so dass die Helfer sich nicht nur mit dem Pflegen der tierischen Patien­ten, sondern auch mit dem Wegräumen der Schneemassen beschäftigen mussten.

Die fünf hauptamtlichen so­wie die 15 freiwilligen Helfer erhielten eine Spezialausbil­dung in Bezug auf die Hygiene vor und nach dem Umgang mit den verletzten Tieren sowie für Schutzkleidung - einteilige An­züge, Masken, Handschuhe und Brillen. Dies nicht nur zum Schutz der Tiere, sondern auch zum eigenen.

Weniger Vögel als sonst
Die Frage, ob, seitdem die Ge­fahr der Vogelgrippe bekannt ist, die Hilfsbereitschaft der Menschen gegenüber den Tie­ren nachgelassen hat, beant­wortet die Tierärztin aus der LNVL-Pflegestation mit einem klaren „Ja". Zu einem gewis­sen Moment sei die Aufnahme­station fast leer gewesen. Ver­gangenes Wochenende jedoch seien dann aber wieder im­merhin zehn verletzte Tiere eingeliefert worden. Doch auch zahlreiche Anrufe seien bei der Station eingegangen, um nachzufragen, ob man die Vögel bedenkenlos füttern könne. Nach einem kurzen Ge­spräch gelinge es aber in den meisten Fällen die Ängste der Anrufer aus der Welt zu schaffen.

Dennoch hofft man in der LNVL-Pflegestation für wilde Tiere, dass die Gefahr der Vo­gelgrippe möglichst schnell ge­bannt werden kann, damit man wieder problemlos und ohne die zahlreichen Sicherheitsvor­schriften, die oft viel Zeit in Anspruch nehmen, den verletz­ten, in freier Wildbahn leben­den Tieren wieder optimal Hilfestellung leisten kann.

Zu den verletzten Schwänen an Mosel und Sauer

Düdelinger Station viel zu klein für Pflege
Einschränkungen und Umbauten wären notwendig gewesen
Auf die Frage, ob es möglich gewesen wäre, die verletzten Schwäne von Mosel und Sau­er, über die zuletzt viel geredet wurde, in der Pflegestation in Düdelingen aufzunehmen, reagiert Dr. Laurence Reiners eher mit Skepsis. „Alles ist möglich. Dennoch hätte es größerer Einschränkungen im Pflegebereich bedurft. Hier in Düdelingen steht ebenfalls der für eine solch hohe Anzahl an verletzten Tieren benötigte Platz nicht zur Verfügung. Die LNVL hätte Notunterkünfte bauen müssen, um zu verhindern, dass die Schwäne einer zu stressigen Situation ausge­setzt worden wären“. Da die lauernde Gefahr der Vogel­grippe bei Wasservögeln am größten sei, versuche man so weit wie möglich auf die Auf­nahme solcher Tierarten in der Pflegestation in Düdelingen zu verzichten.

Normale Pflege muss weitergehen

Heilgymnastik auch in Tiermedizin
Knochenbruch im Brustkorbbereich mit moderner Medizin geheilt

Man sollte es nicht für möglich halten. Die für die Tiere ange­wandte Medizin ähnelt immer mehr der für den Menschen. Zurzeit wird in der Düdelinger LNVL-Pflegestation für in freier Wildbahn lebende Tiere auch Heilgymnastik bei einem Greifvogel angewandt.
Ein Bussard wurde mit Ver­dacht auf Flügelbruch an die Pfleger ausgehändigt. Mit mo­dernsten Techniken wurde zu­erst eine Röntgenaufnahme des gefiederten Patienten gemacht! Festgestellt wurde dabei der Bruch eines Knochens im linken Brustkorbbereich des Greif­vogels.

Um den gebrochenen Kno­chen nicht zu sehr zu belasten, wurde dem Bussard der linke Flügel mit einer elastischen Binde gestärkt. Dieser Verband wird täglich erneuert. Ehe es jedoch zu diesem Vorgang kommt, wendet Dr. Reiners Heilgymnastik an. Damit der Greifvogel nicht allzu sehr durch die Behandlung gestresst wird, stellt die Tierärztin ihn mit einem Spezialgas und Sau­erstoffgemisch unter Narkose. Binnen kürzester Zeit fällt der Bussard in einen tiefen Schlaf. Nach seiner Behandlung er­wacht er wieder genau so schnell, ohne etwas von seiner Behandlung und dem Auswech­seln des selbstklebenden Verbands um seinen Flügel ge­merkt zu haben.





Ziemlich mitgenommen sieht diese Schleiereule in den Händen von Dr. Laurence Reiners aus: Der Schein trügt. Nach einer leichten Gehirnerschütterung wird sie dieser Tage wieder in die Freiheit entlassen.























Am Ansatz von Flügel und Brustkorb ist der Knochen gebrochen: Bis Juni wird der zum Röntgenbild gehörende Bussard sich gedulden müssen, bevor es wieder heisst  in die Lüfte entschweben.


































Auch Dauergäste - Schwäne, Hausenten, Reiher und Schwarzstorch - befinden sich in einer Voliere im LNVL-Pflegezentrum













Wie beim Menschen wird an diesem Bussard Krankengymnastik von Tierärztin Dr Laurence Reiners praktiziert
 


Keine siamesischen Zwillinge, aber Uhus (Grand-Duc) warten in einer Voliere unter Plastikdach und engmaschigen Netzen

auf ihre Auswilderung.