Waldabholzung zwischen Dippach und Mamer
Schneise durchs Schutzgebiet
Vogelschutzliga und “Mouvement écologique”
werfen der Forstverwaltung “Inkompetenz in Sachen Naturschutz” vor
Bis
zu 130 Jahre alt sind die Eichen und Buchen im “Didenuecht”, einem Wald
zwischen Dippach und Mamer, der der Gemeinde Dippach gehört. In diesem
Gebiet leben seltene Pflanzen und Tiere, zum Beispiel Molcharten und Habichte,
die hier ihre Brutstätte haben. Wegen seiner Vielfalt wurde das Waldstück
in die sogenannte “Habitat-Liste” der Regierung aufgenommen. Die Liste
geht zurück auf die “Habitat-Direktive” der Europäischen Union,
die alle Mitgliedstaaten verpflichtete, bis Juni 1996 eine Liste ökologisch
schützenswerter Gebiete auf ihrem Territorium aufzustellen. Im November
dieses Jahres, also mit über zweijähriger Verspätung, hat
auch Luxemburg diese Liste in Brüssel eingereicht. “Wir haben gedacht,
wenigstens diesen ausgewiesenen Gebieten könne nun nichts mehr passieren”,
so Pit Mischo, Vorsitzender der “Lëtzebuerger Natur- a Vulleschutzliga”
(LNVL). Doch die Naturschützer hatten sich zu früh gefreut. Denn
vor wenigen Wochen rückten im “Diden-uecht” Sägen und Bagger
an – und schlugen eine 1200 Meter lange und 25 Meter breite Schneise durch
den Wald. Auftraggeber: die staatliche Forstverwaltung, die hier mit dem
Einverständnis der Gemeinde Dippach einen Weg anlegen will, um den
Wald besser wirtschaftlich zu nutzen, das heißt: leichter Holz schlagen
und abtransportieren zu können. Für die Vogelschutzliga und den
“Mouvement écologique” ist das unverständlich: Denn erstens
beständen schon zahlreiche, zum Teil sogar parallele Wege in diesem
Waldstück. “Vor allem aber müßte der Eintrag auf der Schutzliste
theoretisch zu einem pfleglicheren Umgang mit diesem Lebensraum führen”,
so Pit Mischo. Die Zerschneidung dagegen hat seiner Meinung nach einen
klaren “Zerstörungseffekt”: durch den Lärm von Arbeitsmaschinen
und Wanderern auf dem neuen Weg zögen sich die Tiere zurück,
Lebens- und Ruheraum gehe verloren. Der Eingriff in Dippach, so die Naturschützer
in einer schriftlichen Erklärung, stehe mithin “symbolhaft für
die Inkompetenz der Forstverwaltung in Sachen Naturschutz”.
Bedenken ignoriert
Besonders ärgert sie, daß die Forstverwaltung nicht nur
die Proteste von LNVL und “Mouvement écologique”, sondern auch Bedenken
aus den eigenen Reihen ignorierte. So blieb ein Brief, in dem der Leiter
des staatlichen Naturschutzdienstes - einer der Forstverwaltung unterstellten
Abteilung - an die Verantwortlichen appelliert hatte, das Vorhaben zu stoppen
und zunächst die Auswirkungen des geplanten Eingriffs zu untersuchen,
ohne Reaktion. “Dabei kannte jeder der Akteure die Habitat-Liste, und es
hätte nicht geschadet, ein paar Monate zu warten”, heißt es
beim Naturschutzdienst.
Die Habitat-Direktive verbietet zwar weder das Anlegen von Wegen
noch die wirtschaftliche Nutzung geschützter (Wald-)Gebiete. Sie schreibt
jedoch vor jedem Eingriff eine Impaktstudie vor und rät, die Schaffung
neuer Wege einzuschränken. Die Naturschützer sind sicher, daß
die Schneise nicht geschlagen worden wäre, wenn diese Genehmigungsprozedur
eingehalten worden wäre.
Die Forstverwaltung selbst wollte auf Anfrage dazu keine Stellung
nehmen. Die fehlende Impaktstudie soll offenbar im Frühjahr durchgeführt
werden – weil ja noch kein befestigter Weg angelegt, sondern bisher nur
eine Schneise geschlagen worden sei. “Die Bäume sind aber abgeholzt,
die Fakten sind geschaffen”, wettert Pit Mischo. Vogelschutzliga und “Mouvement
écologique” fordern nun, den Naturschutzdienst aus der staatlichen
Forstverwaltung herauszulösen und eine eigenständige Natur- und
Umweltschutzverwaltung mit zusätzlichem, qualifiziertem Personal und
eigenen Kompetenzen zu schaffen.
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