Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek 30.7.2004:

Alle Chancen des neuen Naturschutzgesetzes nutzen

”Lëtzebuerger Natur a Vulleschutzliga“ und Natura

Auf keines der derzeit laufenden Projekte soll verzichtet werden, alle sollen weitergeführt werden, aber es muß noch viel mehr beim Naturschutz geschehen, das war der Tenor bei einer gemeinsamen Pressekonferenz von LNVL (”Lëtzebuerger Natur a Vulleschutzliga“) und Natura.

Die beiden Organisationen, die sich in einem ständigen Dialog mit den Verwaltungen befinden, wobei sie immer wieder ganz klare Forderungen auf den Tisch legen, geben dem Mouvement Ecologique (MECO) nicht recht bei seiner Kritik am extensiven Beweidungsprojekt zwischen Frisingen und Hellingen, haben aber auch nicht die Absicht, sich schützend vor die Forstverwaltung zu stellen. Aber ein Kompensationsprojekt zur Saarautobahn müsse zwangsweise neben dieser liegen.

Feuchtes Grün wiederherstellen

Die Landwirtschaft wurde in den letzten Jahrzehnten in Luxemburg ”immens intensiviert“, sagte Patric Lorgé, der dieses Thema bearbeitet. Am Beispiel der Feuchtwiesen im Roeserbann wird das offensichtlich: sie wurden trockengelegt, werden stark gedüngt und oft gemäht, was zur Folge hat, daß die vorher dort lebenden Bodenbrüter keine Chance mehr haben.
Alle Projekte zur Bachrenaturierung, wie zum Beispiel längs der Alzette, auch in Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz, wo neue (alte) Überflutungsräume geschaffen werden, sind daher ebenso zu begrüßen wie die Projekte der Forstverwaltung in Frisingen oder zur Erhaltung der Feuchtwiesen bei Mensdorf im Syrtal. Zahlreiche Studien haben in letzter Zeit beweisen können, daß solche Projekte sich positiv auf Erhalt und Förderung der Biodiversität auswirken.
Allerdings reichen sie allein nicht aus, um bedrohte Vogelarten zu retten. Dazu braucht es den Erhalt der Hecken und der extensiv genutzten Mähwiesen, wie dies auch die EU-Habitat-Direktive verlangt. Hier trifft man sich also wieder mit dem MECO und fordert wie dieser weitere Projekte mit wisschenschaftlicher Begleitung und einen runden Tisch mit allen Akteuren von Landwirtschaft und Naturschutz, denn das kann nur unter Einbeziehung der Landwirtschaft und mit deren Einverständnis möglich gemacht werden.
Dabei ist nicht zu vergessen, betonte LNVL-Präsident Tom Conzemius, daß Naturschutz in Luxemburg bedeutet, daß die von der Landwirtschaft geschaffene Kulturlandschaft geschützt wird. Die vielen Chancen des neuen Naturschutzgesetzes müssen genutzt werden, wobei zwar bedauert wird, daß es fast 25 Jahre gedauert hat, bis die Schutzgebiete entsprechend der EU-Vogelschutzrichtlinie in Luxemburg ausgewiesen wurden, aber jetzt, wo sie da sind, gilt es nach vorne zu blicken.
Für die Natura-2000-Gebiete fordern LNVL und Natura die Umsetzung von Schutzplänen und besondere Schutzprogramme für bedrohte Arten wie Wachtelkönig oder Heidelerche.

Mehr Personal und mehr Wissenschaftlichkeit

Zur Umsetzung des Naturschutzgesetzes braucht es eine neue Verwaltungsstruktur mit einer personellen Aufstockung des Naturschutzdienstes, der Schaffung regionaler Strukturen mit einer überregionalen Koordination in den Bereichen Forstwirtschaft, staatlicher Naturschutz und Gemeindenaturschutzsyndikate. Das von der vorherigen Regierung auf den Instanzenweg gebrachte Gesetz zur ”Promotion du partenariat entre l'Etat et les syndicats de communes ainsi que le renforcement de la démarche scientifique en matière de la protection de la nature“, das u.a. die Schaffung eines ”Observatoire de l'Environnement“ für die Koordination unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Daten vorsieht, soll schnell verabschiedet werden.
Denn wissenschaftliche Begleitung ist das, woran es am meisten fehlt. Dies beginnt bei der Erhebung des Ist-Zustands, geht weiter mit der Erstellung von Zielvorgaben, wo wir hin sollen und muß dann entsprechend einer klar fixierten Prioritätenliste schauen, wo die vorhandenen Mittel am besten eingesetzt sind.
Dabei können sich LNVL und Natura auch eine wesentlich bessere Ressortaufteilung vorstellen, als jene, die es bislang gab, wo Biodiversität und Wald beim Landwirtschaftsministerium ressortierten und die Forstverwaltung zur Hälfte diesem und zur anderen Hälfte dem Umweltministerium unterstand. Beides gehöre unzweifelhaft zusammen, Landwirtschaft und Naturschutz müssen zusammenarbeiten, denn das sei ”die“ Chance für beide. Wie die Wünsche der beiden Organisationen nach den Koalitionsverhandlungen umgesetzt sind, wird zu sehen sein: den Verhandlern waren sie jedenfalls bekannt gemacht worden.
Klar ist, so Natura-Präsident Frantz Charles Muller, daß das Wissen im Land da ist, das Problem ist also nur finanzieller Natur, aber auch ein solches der Kompetenzen, die klarer gefaßt werden müssen für Ministerien, Verwaltungen, Gemeinden und biologische Stationen.

jmj

(Freitag, den 30.Juli 2004)