LNVL  -  Lëtzebuerger Natur- a Vulleschutzliga asbl
Veröffentlicht in Regulus (ISSN 1727-2122) 1927/1 S. 11-13

Naturschändung und kein Ende


nter Bezugnahme auf die Anfrage des Herrn Edmond Muller-Tesch in der Mainummer 1926 des "Bulletin de la L.L.P.O." wurde der Redaktion am 20.12.26 ein von 2 Jagdhütern verfasster und unterzeichneter Artikel eingesandt, der unter der Überschrift: "Ist der Uhu noch im Luxemburgischen?" den Lesern unsers Blattes den Aufenthaltsort von wenigstens 2 Exemplaren des Uhus mitteilen sollte. Wir waren selbstverständlich froh, unseren Mitgliedern diese frohe Botschaft zu unterbreiten, als 4 Tage später, d.h. am 24.12.26 eine Postkarte folgenden Inhaltes einlief:
ch habe heute morgen einen leibhaftigen Uhu gesehen, der gestern, am 22. Dezmber, in der Nachbarschaft von Ettelbrück geschossen wurde. Ein Prachtexemplar im wahren Sinn des Wortes. Ich kann zwar nicht behaupten, dass der "Uhu jetzt noch in freier Wildbahn" vorkommt; er war aber gestern noch vorhanden. Man hat gesagt, das Exemplar habe 1,5 m. Flügelspannweite.
N. Hentgen
ach näheren Erkundigungen, die wir sofort einzogen, erfuhren wir, dass "der glückliche Schütze" (sic!), ein Herr Z. aus E., das seltene Tier beim Cruchtener Tunnel erlegt habe, "weil er den Vogel nicht kannte". Unter diesen Umständen können wir höchstens sprechen: "Herr, verzeihe ihm, denn er wusste nicht, was er tat." Auffallend aber ist immerhin die Erscheinung, dass, wenn "was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht", der Jäger in der Regel umgekehrt handelt, nämlich, gerade das herunterknallt, was er nicht kennt.

Der luxemburgische Gesetzgeber stellt jedes Jahr ungezählte Summen zur Verfügung zur Erhaltung der historischen und der natürlichen Schönheiten des Landes, und er ist dafür aufrichtigst zu beglückwünschen. Denn die Opfer, die ein Volk zu diesem Zwecke bringt, sind der Massstab, an dem des Stand seiner Zivilisation bemessen werden kann. Die seltensten Formen der vollkommensten Naturschönheiten, die auf dem Aussterbeetat stehenden Vogelarten, dürfen indes ruhig hingemordet werden, ohne dass die Übeltäter zur Rechenschaft gezogen werden können.

"Sie kannten ja den Vogel nicht." Es ist einfach skandalös und unerhört, dass diejenigen, denen der Wildbestand des Landes zur rationellen Ausbeute überlassen wurde, ungestraft vernichten dürfen, "was sie nicht kennen". Neben den Uhu kommt der Reiher, der Schwarzspecht, der Eisvogel zu liegen. In andern Ländern verlangt man, dass derjenige, der einen Jagderlaubnisschein haben will, sich zuerst einer Prüfung unterziehen müsse. Hierzulande aber tun Jagdhüter den Mund auf und sprechen: "Unser Jagdgesetz sagt nichts vom Vogelschutz, also darf der Jagdberechtigte alle Vögel schiessen!!" (Namen stehen zur Verfügung.) Und bei solch krasser Unwissenheit sollen Natur- und Vogelschutzbestrebungen praktische Erfolge haben können? Unterdessen aber warten wir auf ein Vogelschutzgesetz, warten - warten.

- Nachträglich geht uns die Meldung zu, dass der Uhu auch wieder an der Sauer resp. der Our festgestellt wurde. Wir wären somit sicher, dass mindestens noch 3 Exemplare im Lande sich aufhalten. Unter den oben angegebenen Umständen werden wir uns allerdings hüten, den Standort dieser "Naturdenkmäler" zu verraten.
Fortsetzung zum Thema ...

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